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rheinische ART 12/2011

 

Archiv 2011: aus "Gelesen"


Düsseldorf – Köln. Witze, Wahrheit – oder eine ganz normale Konkurrenz

 

 

 

 

Eine gepflegte

 

Rivalität

  

Es bedarf nur eines Besuchs von Düsseldorf oder Köln, um alsbald in Witzeleien, Spöttereien und Satiren vom immerwährenden Zwist der beiden Nachbarstädte zu erfahren. Der ausgetragene Wettbewerb, sowohl im Sport, im Brauchtum und in der Wirtschaft durchschlagend, ist weithin bekannt. Für die Bürger beider Städte stellt sich erheiternd ein elementares Thema bereits am Tresen: Kölsch oder Alt ist immer noch eine Frage, an der die Geister sich scheiden.

 

 

 

ALLERDINGS sind dies nur äußere Erscheinungsformen der Rivalität. Dem dauernden Phänomen sind nun 14 renommierte Autoren aus beiden Städten auf den Grund gegangen, und zwar unter historischen, wirtschaftlichen und kulturgeschichtlichen Sichtweisen. Sie werfen einen ernsthafte Blick auf ein Thema, das sich nur vordergründig um Klüngel und Karneval dreht.
Die Experten kommen in ihren Betrachtungen, die immerhin Stoff für ein 300 Seiten starkes Buch lieferten, zu einem einhelligen Ergebnis: Gerade auf den historisch gewachsenen Unterschieden, der eigenen Stadtgeschichte, basieren die Identifikation und das Selbstbewusstsein der jeweiligen Bürger.

 

Konkurrenz kann nur auf Augenhöhe entstehen

 

Eine bemerkenswert hohe Lebensqualität können heute beide Städte für sich in Anspruch nehmen: Düsseldorf wurde zu einem großen Teil im 17. Jahrhundert durch seine Zeit als feine und prächtige Residenzstadt geprägt – Köln ist zu Recht stolz auf seine bedeutende Vergangenheit als alte europäische Handelsmetropole.
    Weil sich Düsseldorf jedoch erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts mit Köln auf Augenhöhe befand, konnte auch erst seit dieser Zeit ein wirklicher Wettbewerb entstehen. Seitdem konkurrieren die Städte im Kern um die Ansiedlung von Gewerbe und Verwaltung und finden die Witze, Vorurteile und Rivalitäten der beiden „Diven am Rhein“ kein Ende.
    Die Ursachenforschung beginnt mit einem Vergleich der beiden in ihrer historischen Entwicklung völlig unterschiedlichen Städte. Danach richtet sich der Blick zunächst auf das erste große mittelalterliche Zusammentreffen der Kölner Stadtbürger und Düsseldorfer Dorfbewohner im Jahr 1288. Dass das blutige Aufeinanderprallen, die Schlacht von Worringen, immer noch ebenso gerne wie falsch als Anfangsdatum der Rivalität interpretiert wird, gehört in den Bereich der Legenden, wie der Autor Christian Hillen kurz, knapp und faktenreich feststellt.

 

Gemeinsame Nenner

 

Andere Aufsätze widmen sich dem großen gemeinsamen „Nenner“, der Lage der Nachbarstädte an der Wasserstraße Rhein. Die Entwicklung ihrer Häfen als Handelsknotenpunkte zeigt eklatante Unterschiede. Köln hatte dabei traditionell die Nase vorn. Aber auch hier gebar das 19. Jahrhundert eine neue Ära: Unter einer gemeinsamen preußischen Herrschaft und unter den Zeichen der Industrialisierung ergaben sich vergleichbare Voraussetzungen für die Städte. In beiden gründeten sich zum Beispiel Dampfschifffahrtsgesellschaften, die nach ihrem Zusammenschluss heute mit der „KD Köln-Düsseldorfer“ ein Begriff sind.

   Die wirtschaftliche Konkurrenz – etwa im Bereich des Messewesens und der Luftfahrt – spannt den Bogen bis in unsere Tage. Unterschiede im Brauchtum oder die Frage „Wer war, ist und bleibt die größere Kulturmetropole?“ sind weitere Themen, die in Text und Bild illustriert werden, aber nur ohne Fazit abgeschlossen werden konnten. Zu groß ist die internationale Präsenz und Bedeutung beider Städte, als dass die eine die andere überschatten könnte.

 

Konkurrenz belebt das Geschäft

 

Folgende Autoren haben nach dem Ursprung der Rivalität gesucht und Antworten gegeben:

Aus Kölner Sicht:
Christian Hillen und Ulrich Soénius (beide Rheinisches Wirtschaftsarchiv, Köln), Werner Schäfke (Leiter des Historischen Museums der Stadt Köln a.D.), Marcus Leifeld (Archiv der Roten Funken, Köln), Michael Euler-Schmidt (Historisches Museum der Stadt Köln, Hiltrud Kier (Universität Bonn).
Aus Düsseldorfer Sicht:
Clemens von Looz-Corswarem (Stadtarchiv Düsseldorf), Benedikt Mauer (Stadtarchiv Düsseldorf), Susanne Hilger (Universität Düsseldorf), Horst A. Wessel (Universität Düsseldorf und Universität Nürnberg), Edmund Spohr (AGD), Rainer Schäfer (Neuss-Düsseldorfer Häfen), Annette Fimpeler (Schifffahrtsmuseum Düsseldorf).

Mit „Düsseldorf – Köln. Eine gepflegte Rivalität“ werden nicht die allseits bekannten Vorurteile präsentiert, sondern die ökonomischen, gesellschaftlichen und kulturellen Eigenarten in ihrer historischen Entwicklung analysiert. Und bei aller Ernsthaftigkeit ist zwischen den Zeilen doch immer wieder eine Liebeserklärung an die beiden Rheinmetropolen herauszulesen. Zwist und Rivalität herrschen erst einmal an der Oberfläche, der rheinische Sinn für Pragmatismus lässt nämlich die Rheinländer immer dort zusammen gehen, wo es für beide Seiten sinnvoll ist.
    Und die Autoren zeigen auf, wie produktiv und positiv sich Konkurrenz und Nähe zweier Großstädte auf Wirtschaft, Kultur und Infrastruktur auswirken können. Nicht selten genügte ein Blick hinüber zum Nachbarn, um zukunftsgerichtete Entscheidungen für eine prosperierende Entwicklung der Kommune in den Stadträten zu treffen.
    „Eine gepflegte Rivalität“ ist ein abwechslungsreiches, informatives und unterhaltsames Buch für jeden, der diesen nachbarschaftlichen Wettbewerb verstehen will und das Domprobst Norbert Feldhoff „Als Düsseldorfer in Köln“ durch seine persönlichen Beobachtungen, Bemerkungen und Bekenntnisse humorvoll abrundet. Der Rheinländer aber, soviel bleibt festzuhalten, darf dieses Buch durchaus als Heimatlektüre verstehen.

Klaus M. Martinetz

 

 

 

Düsseldorf-Köln. Eine gepflegte Rivalität
Annette Fimpeler (Hrsg.)
Veröffentlichung des Schifffahrtsmuseums der Landeshauptstadt Düsseldorf
304 Seiten, 113 Abbildungen
Greven Verlag Köln
ISBN 978-3-7743-0488-8

 

 

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