ARCHIV 2012
Temporary Gallery, Köln
Chaotic Trajectories
Was haben Flugbahnen von Minimonden, der torkelnde Gang eines Betrunkenen, die Brownsche Molekularbewegung und der Flugweg einer hektischen Fliege gemein? Alle bewegen sich in chaotischen Raumkurven: Sie folgen komplizierten, sich verändernden Bahnen, da sie nur lose von der Erdschwerkraft gebunden sind und durch Störungen leicht abgelenkt werden können.
Ausstellungsansicht |
HATTE die klassische Vernunft die gerade Linie als Orientierungsmittel empfohlen, so sind im einundzwanzigsten Jahrhundert genau jene chaotischen Linienführungen von Interesse geworden. Denn öfter als wir es uns klarmachen, sind wir in unserem Leben von chaotischen Prozessen umgeben, die der amerikanische Literaturwissenschaftler Harold Bloom unter den Begriff des „chaotic age“ stellt. Chaos begegnet uns manchmal im Verborgenen, manchmal ist es deutlich erkennbar. Oft schlägt jedoch die gleichförmige Bewegung auch ohne erkennbaren Anlass ins Chaotische um.
Ausstellungsansicht |
Der Titel Chaotic Trajectories reflektiert in den Werkbeiträgen dieser Ausstellung das Dilemma von Künstlern, die auf einen Zeitabschnitt verweisen, der von totalitären Regierungen, Weltkriegen, der Angst vor Atomkatastrophen und Beschleunigungstechnologien und sozialen Veränderungen gekennzeichnet ist. „Modernism is our art; it is the one art that responds to the scenario of our chaos“, benennt Malcolm Bradbury diese Form künstlerischer Konfrontation.
Die Werke erforschen jene variablen, chaotischen Strukturen, die unser Leben und unsere Beziehungen zur gegenwärtigen Kultur maßgeblich beeinflussen: gemeint ist die dialektische Balance zwischen Form und Formlosigkeit, konkret zwischen der friedlichen Austarierung von anarchischen Tendenzen und dem politischen Chaos vom Freiheitsüberschuss, zwischen Ordnungsmangel und den diktatorischen Tendenzen zum politischen Diktat des Freiheitsmangels. Denn Chaotic Trajectories thematisiert zuletzt auch jene Orientierungslosigkeit, die mit fortschreitender Wirtschaftskrise um sich greift und sich anschickt, diese nahtlos in eine gesellschaftspolitische übergehen zu lassen.
► Beteiligte Künstler: Mel Chin, Mark Dion, Jochem Hendricks, Diango Hernandez, Thomas Kilpper, Astrid Klein, Christian Philipp Müller, Marcel Odenbach, Peter Piller, Martha Rosler und Christopher Williams.
► Die Ausstellung wurde zusammengestellt von Thomas Rehbein mit den Galerien: Galerie Gisela Capitain, Capitain Petzel Galerie, Galerie Christian Nagel, Sprüth Magers Galerie, Thomas Rehbein Galerie und Sammlung Schürmann.
rArt/ Regina Barunke
Die Ausstellung „Chaotic Trajectories“ ist bis zum 18. August 2012 zu sehen.
Temporary Gallery
Mauritiuswall 35
50676 Köln
Tel. 0221 / 302 344 67
Mobil 0171 / 581 6766
Öffnungszeiten
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SA 12 ‐ 14
und nach Vereinbarung
Fotos ©Temporary Gallery