Archiv 2011: aus "Besuchenswert"
Christopher Williams in Leverkusen
Viel Raum, wenig Bild
Red Socks, Christopher Williams
Mustafa, Christopher Wiiliams
Äpfel, Christopher Williams |
In einer nun sechs Jahre andauernden Ausstellungstour präsentiert der US-amerikanische Konzeptkünstler und Fotograf Christopher Williams 22 seiner Fotoarbeiten in neuem Arrangement, der 15. Revision, wie er es selbst nennt, im Museum Morsbroich Leverkusen. Fast pro Raum nur ein Bild, und dies jeweils eher kleinformatig. Auf den ersten Blick kaum spektakulär – und trotzdem seit Jahren ein sehenswertes Programm!
Williams, 1956 in Los Angeles geboren und seit 2008 Lehrstuhlinhaber für Fotografie an der Kunstakademie Düsseldorf, ist kein Mann der großen und vordergründigen Effekte. Seine Arbeiten wirken zunächst sachlich und unaufregend, fast akademisch kühl und minimalistisch, geschmückt mit ausgiebigen Werktiteln. Professoral, möchte man sagen.
Es ist nachvollziehbar, dass ein Akteur mit einer derart fotografisch-theoretischen Ausrichtung dem Düsseldorfer Künstlerpaar Becher (mehr) im Geiste nahe steht - und als Professor für Fotografie deren ehemalige Fotoklasse heute leitet. Zwar unterscheiden sich seine Bilder deutlich von Bernd und Hilla Bechers genialen Industriegebäude-Typologien. Gleichwohl verbindet sie der sezierende Blick auf die Gegenstände, ihre Klassifikation und Repräsentation.
Christopher Williams zeigt im Leverkusener Wasserschloss neue und zum Teil erstmals in Deutschland zu sehende Arbeiten. Sie sind mit älteren, aus einem feststehenden, sich gleichwohl ständig erweiternden Repertoire kombiniert und im Hinblick auf die Besonderheit des Ausstellungsortes Morsbroich speziell inszeniert.
Es ist eine wiederkehrende Prozedur: Aus dem Bilderfundus werden einzelne Fotos ausgewählt und neu arrangiert – die 15. Revision eben derzeit. Die Rhetorik der Installation, die in 18 Sequenzen eine sehr minimale Sprache spricht, lenkt die Wahrnehmung des Betrachters gezielt auf das einzelne Bild. In der Abfolge der Räume mit den einzelnen Bildern erschließt sich dann der gewollte Kontext.
Konzeptuelle Prinzipien
Das nun dauernde Ausstellungsprojekt trägt den Titel „For Example: Dix-Huit Leçons Sur La Société Industrielle (Revision 15)“ und ist eine Anspielung auf das 1962 in Frankreich erschienene, gleichnamige Buch (dt. Titel: Achtzehn Lektionen über die Industriegesellschaft) des Philosophen und Soziologen Raymond Aron, in dem dieser soziale Strukturen von Kapitalismus und sowjetisch-geprägter Zentralverwaltungswirtschaft untersucht. Williams Fotoarbeiten stehen in Beziehung zu dieser Literatur und zu den Veränderungen, die von der Industriegesellschaft und ihrer Mobilität auf die Wahrnehmung der Menschen ausgehen.
Damit sind seine Arbeiten weit mehr als schöne Bilder, tief- und hintergründiger erst auf den zweiten Blick. Der Künstler zeigt die Bedingungen von Präsentation und Repräsentation, von Manipulation, Täuschung und visuellen Schlüsseln und setzt sich mit den Apparaten der fotografischen Produktion, mit Aufnahmestandpunkten und Bildmotiv-Inszenierungen auseinander.
► Die konzeptuellen Prinzipien, die den künstlerischen Ansatz bei Christopher Williams bestimmen, lassen die Verwurzelung mit der amerikanischen konzeptuellen Tradition erkennen. Impulsgeber sind ohne Zweifel seine drei Lehrmeister aus der 1970er-Studienzeit am CalArts (California Institute of the Arts) in Valencia – alle Pioniere des Genres. So der Konzeptkünstler und zweifache documenta-Teilnehmer Douglas Huebler (1924-1997) und der Konzept- und Medienkünstler John Baldessari (*1931), der für seine Untersuchungen der Mechanismen der Repräsentation bekannt ist. Und schließlich Michael Asher (*1943), der als einer der ersten US-Konzeptkünstler gilt und vorzugsweise durch sein System der Neupositionierungen von Elementen - nicht jedoch mit der Schaffung originär neuer Kunst- von sich Rede machte.
K2M
Die Ausstellung “Christopher Williams - For Example: Dix-Huit Leçons Sur La Société Industrielle (Revision 15)” ist bis zum 12.Februar 2012 zu sehen.
Museum Morsbroich
Gustav-Heinemann-Str. 80
51377 Leverkusen
Tel. 0214 / 85556-0
Öffnungszeiten:
DI - SO 11-17 Uhr
DO 11-21 Uhr
► Die Stadt Düsseldorf hat jetzt den Fotografen Juergen Staack (* 1978) mit dem Förderpreis für bildende Kunst ausgezeichnet. Staack studierte an der Kunstakademie Düsseldorf und machte seinen Meisterschüler bei Christopher Williams. Seine Arbeiten hinterfragen das Medium Fotografie. Die Fotoarbeiten und Installationen durchlaufen verschiedene Stadien der Bearbeitung, sie werden häufig ergänzt, durch andere Medien erweitert, in den Raum integriert oder fast gänzlich aufgelöst. Der mit 4000 Euro dotierte Förderpreis wird seit 1972 jährlich an Düsseldorfer Nachwuchskünstler für außergewöhnliche künstlerische Leistungen vergeben. Staack ist derzeit mit einer Arbeit zum Thema Sprache im Museum Folkwang Essen (ars viva 11/12) vertreten.
©Fotos Museum Morsbroich / C. Wiliams