rheinische ART
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rheinische ART 03/2022

Archiv 2022

ARCHÄOLOGIE
Und ewig rufen die Steine


Was rankt sich nicht alles an Spekulation und Folklore um das berühmte Stonehenge, den wohl beeindruckendsten alten Steinkreis in der Kreide-Hochebene von Salisbury Plain in Südengland.

 

Stonehenge in Wiltshire wurde um rund 4500 Jahren v.Chr. errichtet, in etwa zur selben Zeit wie die Sphinx und die Große Pyramide von Gizeh in Ägypten. Foto © English Heritage British Museum London 2022

 

Nach zehn Jahren Vorbereitung zeigt jetzt das ehrwürdige The British Museum in London die fantastische Schau „Die Welt von Stonehenge“.

     Die Ausstellung versucht, das Mysterium rund um die Steine zu durchleuchten und bietet dafür die neuesten Erkenntnisse und Entdeckungen der Forschung auf. Gleichzeitig wird die Stonehenge-Story in den Kontext von vier Jahrtausenden Leben auf den Britischen Inseln, Irland und Kontinentaleuropa gestellt. Die Kuratoren blättern eine Zeitspanne auf, die von dramatischen kulturellen Veränderungen und erstaunlichen Handelsverbindungen über große Distanzen gekennzeichnet war und die Gesellschaft für immer veränderte.

 

Zahlreiche Artefakte aus dem rastlosen und erstaunlich stark vernetzten Zeitalter der neolithischen Revolution und dem Beginn der Bronzezeit sind in London zum ersten Mal zu sehen. Foto © The British Museum London 2022

 

Axtkopf aus Jade Das Material wurde vor 6500 bis 5500 Jahren in den italienischen Hochalpen abgebaut und auch von Siedlern in England genutzt. Foto © The Trustees of The British Museum Bildquelle © The British Museum London 2022


Verzierter Keulenkopf aus Feuerstein, Knowth, Irland, etwa 3500 – 3000 v.Chr., Foto © Nationalmuseum Irland. Bildquelle © British Museum London 2022

 

Die Himmelsscheibe von Nebra, verarbeitet mit Gold aus Cornwall und Bronze aus Kontinentaleuropa. Es ist eine der frühesten bekannten Darstellungen des weiteren Kosmos. Foto © Ausschnitt, The British Museum London 2022

 

Die Ausstellung soll unter anderem Aufschluss darüber geben, wer das Denkmal Stonehenge errichtete, wer es besuchte und was sein wahrer Zweck war. Schließlich hat es bekanntlich die abenteuerlichsten und ausgefallensten Mutmaßungen gegeben.

     Einige glaubten (oder glauben noch immer), es sei ein Landeplatz von Außerirdischen und ihren Raumfahrzeugen, andere vermuteten hinter dem mystischen Steinring einen astronomischen Kalkulator oder ein Observatorium.

     Auch als Druiden-Hotspot und Pilgerort zur Heilung körperlicher Gebrechen, quasi als prähistorisches Lourdes, war die Anlage im Gespräch. Und ein kanadischer Gynäkologe namens Anthony M. Perks setzte im Februar 2003 im namhaften Journal oft he Royal Society of Medicine die „Vulva-Hypothese“ in die Welt, wonach Stonehenge symbolisch die Öffnung der Mutter Erde darstelle, aus der alles Lebende geboren werde.

 

Also an Rätselhaftem, Magischem und Mystischem hat es nie gefehlt. In jüngerer Vergangenheit, wie etwa in den Siebzigerjahren, war das prähistorische Denkmal gerne gewählter Meeting-Point für Hippies und andere Gruppen, im besten Falle noch Ort von Open-Air-Festivals.

     Aktuell ist es immer wieder Ziel von Tausenden New-Age-Fans oder Sonnenanbetern, die die Sommersonnenwende und den längsten Tag des Jahres zwischen den Monolithen feiern.

 

So viel ist heute klar: „Stongehenge war ein wichtiger Ort…um als Gemeinschaft zusammen zu sein“ wie Kurator Neil Wilkin erklärte. Die Ausstellungsmacher definieren das Denkmal mit der unverwechselbaren Silhouette als eine Mischung aus Rathaus und Kathedrale, als Ort religiösen und sozialen Lebens, der in der keltisch-heidnischen Religion als Wallfahrtsort aufgesucht wurde.

     Die Schau, so heißt es, biete die einmalige Gelegenheit, prähistorische Exponate aus regionalen Museen des Landes, aber auch aus ganz Europa zu sehen. „Die hier gesammelten Objekte wurden noch nie zusammen gezeigt und dürften auch nicht noch einmal zusammen gezeigt werden“, so der Kurator.

 

Mit 430 Artefakten von 35 Leihgebern ist die große Ausstellung außerordentlich gut und hochrangig bestückt. Darunter als Highlight die rund 3500 Jahre alte Himmelsscheibe von Nebra aus dem Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle (Saale).

     Der archäologische Sensationsfund ist ein „Memory of the World“ und wurde von der UNESCO zum Dokumentenerbe der Menschheit erklärt. Die kostbare Himmelsscheibe, die 1999 in Sachsen-Anhalt von Raubgräbern gefunden und nach einer spektakulären Rettungsaktion in die Obhut des ärcheologischen Landesmuseums kam, wird erstmals seit 15 Jahren wieder in einem ausländischen Museum gezeigt.

 

Überreste des Holzmonuments "Seahenge" aus dem Jahr 2049 v.Chr., gebaut aus Eichenholz und 1998 in der Nähe von Norfolk wiederentdeckt. Foto © The British Museum London 2022

 

Neben der ältesten erhaltenen „Sternenkarte“ aus Nebra präsentiert das British Museum ferner als Höhepunkt eine 4000 Jahre alte Holzkonstruktion mit dem Namen „Seahenge“ (offizielle archäologische Bezeichnung Holme I). Ein mehr oder weniger rundes Erdwerk mit Wall und Graben aus der frühen Bronzezeit, das aus 55 kreisförmig geordneten Eichenstämmen (timber circle) besteht. Dieser Henge wurde 1998 nach Winterstürmen in der Bucht von The Wash, einem Ästuar an der englischen Ostküste, gefunden. Da der Pfostenring an das Monument von Stonehenge erinnert, wurde er plakativ „Seahenge“ getauft.
rART/K2M

 

Die Ausstellung "The world of Stonehenge (Die Welt von Stonehenge)" wird bis zum 17. Juli 2022 gezeigt.
British Museum
Great Russell Street
London WC1B 3DG,
Vereinigtes Königreich
Tel +44 20 7323 8299
Öffnungszeiten
Täglich 10 – 17 Uhr
Eintritt frei

 

The secrets of the Stonehenge bei YouTube hier