Archiv 2018
FASZINATION SPIELPLATZ
Homo ludens
Ja, er ist ein glücklicher Mensch, der Homo ludens. Gewinnt er doch über das Spiel Einblicke in sich selbst und entwickelt sein Ich mittels des kulturbildenden Faktors Spiel, nebenbei schöpft er auch noch Weltkenntnisse. So die Philosophie.
Thomas Schütte Gartenzwerge 2015/16 Glasierte Keramik; Courtesy the artist and Konrad Fischer Galerie; Foto: Laurin Schmid © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH VG Bild-Kunst, Bonn 2018
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Bei Kindern passiert dies unter anderem auf dem Spielplatz. Früher waren dies nicht immer abgezirkelte Areale sondern abenteuerlich anmutende, rustikale Bolzplätze, Baumbuden, Sandkästen oder einfach die Straße, die dann manchmal auch in der Tat zur „Spielstraße“ wurde.
Jeppe Hein Circular Appearing Rooms 2018 Wasser, Edelstahl, Düsen, elektrische Pumpen, Computer-Kontrolleinheit, hölzerne Rampe. Courtesy KÖNIG GALERIE, Berlin, und 303 Gallery, New York, und Galleri Nicolai Wallner, Copenhagen Foto: Laurin Schmid © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH Ólafur Elíasson The collectivity project 2015/2018 Weiße Lego®-Steine, Unterkonstruktion, Tische Courtesy the artist; neugerriemschneider, Berlin; Tanya Bonakdar Gallery New York Foto: Laurin Schmid © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH Rirkrit Tiravanija Ohne Titel 2018 Hochglanzpolierter Edelstahltisch, Tennisplatte, Glas 2 Teile, gesamt ca. 76 × 152,5 × 274 cm © Rirkrit Tiravanija, courtesy the artist and neugerriemschneider, Berlin; Foto: Laurin Schmid © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH |
Der Spielplatz, so heißt es in einer jetzt in der Bonner Bundeskunsthalle realisierten ungewöhnlichen Ausstellung, ist ein Nebenprodukt der industrialisierten Stadt des 20. Jahrhunderts. In ihm kondensieren sich wie kaum anderswo Vorstellungen zu Erziehung und Kindheit, zu Stadtplanung und öffentlichem Raum, zu Architektur und Kunst und zu Kreativität und Kontrolle.
Apropos Kunst und Spielplatz! Wie sehen Künstler das Thema? Das war die Ausgangsfrage für die Bundeskunsthalle. Um das festzustellen, installierte das Haus auf seinem Dach und dem Vorplatz einen riesigen Kunst-Spielplatz und versammelt dort greif- und nutzbar themenadäquate Werke zahlreicher Kreativer.
„The Playground Project – Outdoor“ nennt sich diese Aktion, die sich zu einer Art großer Vergnügungswiese oder zu einem Spaßplatz ausgeweitet hat. Die vertretenen Künstler und Künstlerinnen sind zeitgenössisch, namhaft und fantasievoll: Von Nevin Aldadag über Ólafur Elíasson, Jeppe Hein, Andreas Schmitten, Thomas Schütte bis Alvaro Urbano und Ina Weber nutzen 14 Aktive die Flächen für ihre künstlerischen Entwürfe von Spielangeboten, -formen und - utensilien wie auch interaktive Installationen.
Carsten Höller etwa hat speziell für die Bundeskunsthalle die Bonner Rutschbahn entwickelt, die vom Dach auf den Vorplatz führt. Die 40 Meter lange Halfpipe-Skulptur von Michel Majerus lässt den prominenten Museumsplatz über den Sommer zu einem wahren Skater-Mekka werden.
„Den Besuchern wird damit die Möglichkeit gegeben, Kunst ‚spielend‘, partizipativ und performativ zu erleben“, betont die Bundeskunsthalle, der damit ein bemerkenswerter künstlerischer Sommerhit gelungen ist.
Und innen geht’s mehr oder weniger theoretisch weiter. „The Playground Project – Indoor“ illustriert die wichtigsten Momente in der Geschichte des Spielplatzes. Die Projekte der Künstlerinnen, Gestalter, Aktivistinnen und Architekten werden in zahlreichen Bildern, Filmen, Plänen und Modellen gezeigt. Das gesamte Playground Project wurde von Gabriela Burkhalter als reisende Ausstellung kuratiert.
Ausstellungsansicht Dachgarten Foto: Laurin Schmid © Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
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„Mit dem Spiel beginnen wir die Welt zu entdecken, zu begreifen und uns in ihr zurechtzufinden. Das Spiel ist das Erproben sozialer Praxis und - wie auch die Kunst - Feld der freien schöpferischen Tätigkeit, ohne an Zwecke oder Nutzen gebunden zu sein“, so Rein Wolfs, Intendant der Bundeskunsthalle.
Der „spielende Mensch“, der Homo ludens, benötigt das Spiel als elementare Form, da er im Gegensatz zum Homo faber seine Fähigkeiten also vor allem über das Spiel entwickelt: Spiel in allen Facetten ist somit eine konstante, grundlegende, prägende und auch notwendige, menschliche Aktivität, die gesellschaftlich notwendiges ‚Lernen‘ ermöglicht, verfestigte Strukturen durchdenken lässt und innovative Ansätze und Lösungen hervorbringen kann.
Man kann es auch weniger fachwissenschaftlich und philosophisch ausdrücken: Spielen mach einfach Spaß! Auch auf dem Bonner Dach!
rART
Die Ausstellung „The Playground Projekt – Indoor, Outdoor“ kann den ganzen Sommer über bis zum 28. Oktober 2018 genutzt werden.
Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
Museumsmeile Bonn
Friedrich-Ebert-Allee 4
53113 Bonn
Tel. 0228 - 9171200
Öffnungszeiten
DI, MI 10 – 21 Uhr
DO–SO 10 – 19 Uhr