rheinische ART
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rheinische ART 06/2012

ARCHIV 2012

Skulpturen-Hallen Ulrich Rückriem

 

 

Ulrich Rückriem, o.T., 2007

 

 

Stille

 

 

 

 

Es war im Sommer 1995, als zwei Ausstellungshallen in dem kleinen Ort Sinsteden bei Rommerskirchen errichtet wurden. Die Hallen beherbergen seit dieser Zeit eine große Zahl der Werke des Künstlers und werden als Skulpturen-Hallen Ulrich Rückriem bezeichnet. Der Bildhauer hat die Anzahl ausgestellter Arbeiten nun temporär um ausgesuchte grafische Arbeiten erweitert.

 

Rückriems steinerne Arbeiten zeichnen sich durch eine überzeugende Masslichkeit, eine zwingende Platzierung und natürlich durch ihre Materialität aus. Jede Skulptur oder Skulpturengruppe besitzt eine unverrückbare, selbstverständliche Präsenz.
   Die Platzierung ist dem Künstler als unabdingbarer Teil des Kunstwerkes wichtig, denn Umgebung und Skulptur korrespondieren und bilden das Ganze. Die Ordnung der Steine zum Umfeld und zueinander bilden ein geschlossenes System. Der natürliche Eindruck einer selbstverständlichen Gegebenheit, die Rückriems Skulpturen in der Natur erwecken, wo sie ähnlich Findlingen wie ein Stück der Natur selbst erscheinen, ist ebenso in den „künstlichen“ Hallen gegeben. Dies unabhängig von den skulpturalen Themen „Sockel“, „Stele“, „Säule“, „Standbild“, „Bodenskulptur“ oder „Wandstück“. Es ist die Wirkung des Selbstverständnisses, der Ruhe, der Kraft des Materials Stein, die so sehr fasziniert.

 

Ulrich Rückriem: Zehnteilige Skulptur aus irischem Kalkstein, Installation nach dem Damenproblem im Schach. Die gleichgroßen Stelen hatte der Künstler 1989 im Palacio de Cristal in Madrid erstmals aufgebaut


Der Künstler sucht seine Steine in den verschiedensten Steinbrüchen, wo sie auch bearbeitet werden. Die sparsamen Arbeitsprozesse sollen für den Betrachter ablesbar und nachvollziehbar sein. Das Spalten, das Schneiden, das Polieren, das wieder Zusammensetzen oder auch das Weglassen von Teilen des Monolithen bestimmen das jeweilige Werk. Anklänge an die Minimal Art sind unverkennbar.
    Architektonisch wurden die Ausstellungshallen von Rückriem selbst entworfen und als klar strukturierte Körper sind sie für die Besucher schon die ersten Botschafter der dem Künstler eigenen rationalen Klarheit. Die Außenwände bestehen aus weiß getünchtem, einfachen Mauerwerk, das im Inneren den Bedürfnissen der einzelnen Plastiken und Werkgruppen folgend die Hallen in „Räume“ aufteilt. Licht, ein ganz wesentlicher Faktor bei der Wahrnehmung der Skulpturen, fällt nur durch etwa auf ein Fünftel der Seitenwände reduzierte Lichtstreifen am oberen Wandrand ein. Die jeweiligen Kopfseiten der Hallen weisen keine Lichteinlässe auf, ebenso nicht das Dach. Der Boden besteht aus einfachem Zement. Vielleicht ist man versucht von Kargheit zu sprechen, doch die lichte Weite, die Großzügigkeit und die mentale Wucht der Steine in ihrer skulpturalen Einfachheit schaffen eine Stimmung, die nicht nach Getöse fragt.

 

Figurationen: Ulrich Rückriem stellt verschiedene Themen dar, darunter das Damenproblem, die gebundene Figuration, die Diagonale und den Kreis


In den letzten Jahren beschäftigte sich der Künstler verstärkt mit Zeichnungen, die als grafische Arbeiten auf Pergamentpapier begannen. Das ihnen zugrunde liegende, konzeptionelle Wesen wurde bereits als Figurationen in Wandmalereien platziert oder setzt als Hinterglasarbeiten spezielle Noten (mehr). Ideelle Basis der Zeichnungen ist das Konzept des Damenproblems beim Schach, wo auf einem gedachten Raster auf jeder Längs- und Querachse nur ein Punkt liegt. Rückriem machte daraus ein verbindendes System mit einer Kunst, die sich wie bei seinen steinernen Skulpturen mit dem Teilen, Aufteilen, Vervielfältigen, Weglassen beschäftigt. Eine dieser Konstellationen hat der Künstler in der Halle A verewigt und auf die Wand der Kopfseite aufgebracht.

 

Die farbigen Hinterglasarbeiten (Beispiel links) nennt

Ulrich Rückriem "Nebeneinander, Aufeinander,

Auseinander"

 

   Rückriems Werke tragen keine Titel, wollen nichts erzählen oder illustrieren. Worte zu und über seine Kunst finden eher andere als er, was auch wohl damit zu tun hat, dass jede Beschreibung gleich eine subjektive Interpretation beinhaltet. Wenn er redet, spricht er über Prozesse und Methoden, in die sich schon mal Gedanken mischen – und spätestens dann zieht er die Zuhörer in seinen Bann.

   Über die Kunst des international nachgefragten Bildhauers, der in Köln und London lebt, sind zahlreiche Publikationen erschienen. Im dem 2007 erschienenen Buch „50 Jahre – Förderpreis des Landes Nordrhein-Westfalen für junge Künstlerinnen und Künstler“, wird Ulrich Rückriem als einer der ausgewählten Preisträger (er erhielt diesen 1973) vorgestellt. Sein Name findet sich in einer Liste mit Gerhard Hoehme, Konrad Klapheck, Günther Uecker, Klaus Rinke, Katharina Sieverding, Gregor Schneider, Thomas Ruff und Andreas Gursky. Darin steht über ihn zu lesen „... Er selbst sieht ... einen puren Minimalismus auch als notwendige Reaktion auf das Konsumchaos unserer Tage. So etwas wie die Pop Art interessiere ihn nicht ... Denn sie reflektiere bloß die Mechanismen der Ex- und hopp- Gesellschaft. Er selbst suche in seiner Kunst das genaue Gegenteil: 'Die Stille. Denn die brauchen wir von Zeit zu Zeit.'“
Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

Die grafischen Arbeiten „Ulrich Rückriem – Nebeneinander, Aufeinander, Auseinander“ sind bis Ende September 2012 zu sehen.

Skulpturenhallen Ulrich Rückriem
Kulturzentrum Rhein-Kreis Neuss

Grevenbroicher Straße 29
41569 Rommerskirchen
Tel. 02183 / 7045
Öffnungszeiten
DI – SO 12 – 17 Uhr

 

 

©Fotos (4) rheinische-art.de

 

 

 

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