rheinische ART 01/2011
Archiv 2011: aus "Übrigens"
Landschaftsmalerei: Ein kostbarer Neuzugang im Wallraf-Richartz Museum
Monet in Vétheuil
Manchmal passiert es eben doch. Ein unbekanntes Gemälde eines großen Malers erblickt das Licht der Welt erneut. So geschehen mit „Frühlingsstimmung bei Vétheuil“ von 1880, einem Bild des französischen Impressionisten Claude Monet, das als Schenkung nun die Sammlung des Wallraf-Richartz Museum bereichert.
Solch spektakulären Vorgängen wohnt eine gewisse Dramatik inne und dahinter verbirgt sich eine meist erzählenswerte Geschichte. Bereits seit 1992 ist das Museum Eigentümer des Gemäldes, das dem Kölner Haus aus deutschem Privatbesitz unter Auflagen geschenkt wurde. Diese sahen vor, dass erst nach dem Tod der Schenkerin und ohne Namensnennung ihrer Person das Bild öffentlich gezeigt werden darf. Ein Akt wahren Mäzenatentums.
Mit der erfolgten Präsentation des Werkes gelang dem Museum ein fulminanter Beginn seines Jubiläumsjahres. Denn das Haus feiert 2011 den 150. Jahrestag seiner Eröffnung. ruwoi
Claude Monet, Frühlingsstimmung bei Vétheuil, Öl auf Leinwand, 60 x 100 cm
Inv. Nr. WRM 3620, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud
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Für alle, die mehr wissen möchten ...
Bildbesprechung
Monet in Vétheuil
von Götz Czymmek
Das Gemälde entstand im Frühjahr 1880 und gibt eine Ansicht auf das Seinetal, gesehen von einer Anhöhe oberhalb des Dorfes Vétheuil. Im Hintergrund ist das Dorf La Roche-Guyon sichtbar.
Der Aufbau des Gemäldes wird bestimmt durch das unvermittelte und räumlich gleichwertige Nebeneinander von Nah- und Fernsicht. Die rechte Bildhälfte zeigt in filigraner Malerei einen blühenden Pflaumenbaum, der frei auf einer sich im Vordergrund erstreckenden Wiese steht. Die Krone des Baumes ist formatfüllend ins Bild gesetzt. Die linke Bildhälfte zeigt den in einer Biegung gegebenen Flusslauf der Seine mit einer von Pappeln bestandenen, langgezogenen Insel, die durch einen Nebenarm des Flusses ihre uferseitige Begrenzung findet.
Im Vordergrund des Bildes herrschen kräftige blau-violette Töne vor, die in schneller Pinselschrift auf die teilweise unbearbeitet stehen gelassene beige-grundierte Leinwand gesetzt sind. Im Hintergrund macht sich eine rosafarbene Tönung bemerkbar, die mit dem Blau des fernen Höhenzuges zu einem hellen, leichten Violett vermischt ist. Auch im Himmel herrscht dieser Ton vor, hier unterbrochen von einigen wenigen blauen und weißen Farbstreifen. Hierzu in Kontrast gesetzt ist das helle bis weißliche Grün der jungen Blätter und Blüten des Obstbaums.
Kontrapunkt von Monets Malerei ist immer das Bemühen um die Darstellung des Atmosphärischen gewesen. Schon früh hat sich der Maler der Lösung dieses Problems zu nähern gesucht durch die mehrfache Darstellung eines Landschaftsausschnitts vom selben Standpunkt aus. Auch zu dem Kölner Bild hat sich im Musée des Beaux-Arts in Lyon ein Gegenstück erhalten, das zwar ein etwas anderes Format aufweist und den linken Teil der Landschaft verkürzt wiedergibt, sonst aber genau denselben Standort und Blickwinkel festhält. Wenn sich aber in den Realia Unterschiede nicht feststellen lassen, so doch und sehr entschieden in der farblichen Anlage. Die Lyoneser Fassung zeigt den Obstbaum im Sonnenlicht und daher ist das ganze Bild in stärkerem Maß gelb getönt und wirkt insgesamt leuchtender. Der Himmel erscheint blau, durchsetzt mit einzelnen weiß-gelben Wolken. Es fehlt also der die Kölner Fassung überziehende rosa-violett-graue Farbschleier, der zusammenschließend wirkt und dieser Fassung einen zurückhaltend-gedämpften Ton verleiht. (...)
In diesem Jahr 1880 wurde also der Grund gelegt für seinen späteren Ruhm und damit für den außergewöhnlichen Einfluss, den Monet auf die Entwicklung nicht nur der Landschaftsmalerei bis weit in das 20. Jahrhundert hinein ausgeübt hat. Und gerade deshalb hat das nun in die Galerie-Hängung eingefügte Bild für die Sammlung des Hauses auch eine außerordentliche Bedeutung. Zudem ist es nun möglich, die wesentlichen Stationen dieses Malerlebens im Spiegel seiner Landschaftsmalerei zu dokumentieren, beginnend mit der durchaus noch topographische Interessen bezeugenden Ansicht von Asnières der Fondation Corboud von 1873 und endend mit dem in Giverny entstandenen großformatigen Seerosenbild von 1915/17.
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