ARCHIV 2012
Pop Art
THE SIXTIES
Claes Oldenburg, Shoestring Potatoes, Spilling from a Bag, 1966, (Leinen gefüllt mit Kapok, Leim, bemalt mit Acryl) 274.3 x 132.1 x 101.6 cm
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Claes Oldenburg hat Humor. Er, einer der Hauptvertreter der amerikanischen Pop Art, bezeichnet sich schon mal als Großpapa der Pop-Kultur. Doch die Rolle des gütigen Alten gibt er nicht. Der agile Künstler ist mit seinen 82 Lebensjahren vielleicht ein Pop-Veteran, aber ein überaus gefragter. Seine Kunst befindet sich derzeit auf einer Art Welttournee. Konzipiert für das mumok in Wien ist seine Ausstellung jetzt im Museum Ludwig in Köln zu sehen. Danach wird sein künstlerisches Œuvre das Guggenheim Museum in Bilbao bereichern; anschließend wird es im MoMA in New York präsentiert.
MEHR MUSEALE Aufmerksamkeit geht kaum. Oldenburgs Zeit waren die Sixties, die mittlerweile auch schon 50 Jahre her sind, aber mit ihrer überschäumenden Begeisterung für die Freiheit in der Kunst die gesellschaftlichen Mief-Grenzen sprengten. Er gehört zu einer Generation von Künstlern, die sich auf die Fahne geschrieben hatte, die Kunst aus ihren elitären Kreisen zu befreien, sie auf radikale Weise populär und lebensnah zu machen. Damit läutete sie das Ende der sogenannten Nachkriegskunst ein, die mit dem Abstrakten Expressionismus immer noch die Leitlinie vorgab. Oldenburg wollte wie Warhol, Lichtenstein und andere etwas Neues – und fand das Neue erst einmal im Alten und Gebrauchten auf der Straße.
Heute gelten seine frühen Installationen als historisch: „The Street“, ein Figurenensemble aus Pappkarton, Sackleinen, Zeitungspapier und anderen gebrauchten Materialien, das mit von Graffiti inspirierten Darstellungen die Schattenseiten Manhattens aufgreift oder „The Store“, eine Installation von 1961 in seinem New Yorker Laden-Atelier, in dem er nachgebildete Gebrauchsgegenstände, überwiegend Kleidungsstücke und Esswaren wie „White Shirt“, „Brown Jacket“ oder „Pastry Case“ präsentierte.
Einen Höhepunkt der retrospektiv angelegten Ausstellung, die den schöpferischen Elan des Künstlers von den späten 1950er bis in die Mitte der 1970er Jahre aufzeigt, bildet das „Mouse Museum“. Ursprünglich für die documenta 5 (1972) geschaffen, zeigt es 385 kuriose Gegenstände und Ateliermodelle, die Oldenburg über Jahre gesammelt hat: Einen Kugelschreiber in Form eines Frauenbeins, eine überdimensionierte Zahnbürste, ein Tortenstück aus Plastik ...
Claes Oldenburg, Floor Cone (1962) vor der Dwan Gallery, Los Angeles, 1963
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Sein künstlerisches Vokabular ist breit und scheut vernehmlich Profanes nicht. Damals entdeckte Oldenburg Vinyl als Werkstoff. Er entwarf Gegenstände mit makellosen Oberflächen, denen allerdings die Spannkraft fehlt. Ironisch könnte man vermelden, dass seiner Kunst „die Luft“ ausging, denn in der Tat wirken so manche dieser übergroß dimensionierten Arbeiten wie schlaff. Ein Ventilator, dessen Flügel schlapp herunter hängen, eine Toilette, die in sich zusammen sinkt, ein riesiger Mixer, dem man keine Drehung zutrauen mag, eine laffe Eistüte und Lichtschalter, bei denen nicht klar ist, welche Position für die Funktion eingenommen werden muss. Die Gegenstände des Alltags, durch ihre Vergrößerung diesem entzogen und ohne Aufgabe erlauben einen völlig neuen Blick auf sie. Die Sixties – Oldenburg propagierte eine Kunst, die „trieft, die schwer ist und stumpf und plump und süß und blöd wie das Leben selbst.“
Irmgard Ruhs-Woitschützke
Die Ausstellung „Claes Oldenburg. The Sixties“ ist bis zum 30. September 2012 zu sehen.
Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz
50667 Köln
Telefon 0221 / 221-26165
Öffnungszeiten:
DI – SO 10 – 18 Uhr
jeden ersten DO 10 – 22 Uhr
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