rheinische ART
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rheinische ART 03/2017

Archiv 2017

SCHLOSS BENRATH
Sie

 

Es geht um „sie“, um die Frau, vielmehr – um den heutigen Blick auf sie. In der Schau „Sie – Evas Erbinnen“ fokussieren fünf Künstler in zeitgenössischen Positionen die heutige Frau.

 

Ivonne Thein O.T. (32 Kg), 2008, 14, Fotografie (Ausschnitt) Foto © rheinische ART 2017

 

Die Darstellung der Frau, insbesondere des weiblichen Körpers, ist so alt wie die Kunst selbst, schreibt die Kuratorin Meike Lotz dazu, und meint: „In ihr zeigt sich die Suche nach der absoluten Schönheit.“ In „Sie“ beschäftigen sich die Künstler jedoch nicht allein mit der Schönheitsfrage, sondern thematisieren den exzessiven Körperkult, gesellschaftliches Rollenverständnis und letztendlich auch die Suche nach der eigenen Identität.

 

Sandra Ackermann Taub in der Stille, 2014, Öl auf Leinwand Foto © Benrather Kulturkreis e.V. 2017 

 

Die Malerin Sandra Ackermann (*1974) (mehr) nutzt Frauengestalten als Leitmotiv ihrer künstlerischen Arbeit. Ihre Protagonistinnen inszeniert die Künstlerin hier mit aggressiven oder schmerzzufügenden Attributen, die somit zum dynamischen Gegenpol der schönen Frauen werden. Durch die Verbindung scheinbar wesensfremder Elemente werden im Betrachter Assoziationsketten ausgelöst, die jedoch aufgrund der rätselhaften Konstellation der Bilder mehr Fragen aufwerfen als Antworten liefern.

     Das poetische Erzählmoment und das inszenierte Wechselspiel zwischen Bildvordergrund und Hintergrund löst beim Betrachter unvermittelt Gefühle aus, bevor der Verstand das Gesehene langsam zu begreifen scheint.

 

Erwin Nöthen Holz-Skulpturen, rechts: Gärtnerin (Linde), Mitte: Tochter (Doussie). Foto © rheinische ART 2017

 

Die Holz-Skulpturen von Erwin Nöthen (*1935) lassen sich zunächst eindeutig stereotypischen Frauenbildern zuordnen – Gärtnerin, Schreitende, Nachbarin… Doch so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheint, ist es nicht. Erwin Nöthen spielt mit unseren Denkmustern und unseren Versuchen, die Welt und die Menschen in Kategorien einzuteilen. Jule, Luise, Gitta heißen seine Protagonistinnen. Es sind Frauen mit persönlichen Geschichten, die sich nicht kategorisieren lassen und sich dem Schönheitsideal nicht beugen wollen.

     Eine entscheidende Rolle nimmt dabei das Material in seinem Werk ein. Nöthen nutzt die Holzstruktur für Aussehen und Körperhaltungen von Frauen aus seiner Erinnerung und Beobachtung und gesteht ihnen – und zwar jeder Einzelnen – ihren Individualismus zu.

 

Louisa Clement Mark 1, 2015, Kunstfaser + Inkjetprint gerahmt Foto © rheinische ART 2017

 

Louisa Clement (*1987) fotografierte mit künstlerisch-konzeptuellen Ansatz monatelang Schaufensterpuppen in etlichen europäischen Großstädten. Entstanden ist die Werkserie „Heads“ (2015). Es sind Porträts ohne Gesichtszüge, mit glatten Oberflächen, ohne Nasen, Münder und Augen. Geschlechtslos, identitätslos und stilisiert scheinen die Köpfe das menschliche Haupt an sich darzustellen. Clement gelingt es durch Kontraste und Farbigkeit, jedem Kopf eine eigene individuelle Prägung zu verleihen, so dass die „Heads“ bei längerer Betrachtung ihre Neutralität verlieren und eine Beziehung zum Betrachter entstehen kann.

 

 

 

Christoph Pöggeler Die Sehnsucht der Männer (Ophelia) 2007, Temperafarbe auf Klappliege Foto © rheinische ART 2017

 

Christoph Pöggeler (*1958), der Maler, der für seine „Säulenheiligen“ auf den Düsseldorfer Litfaßsäulen bekannt ist, sensibilisiert in der Schau den Betrachter für die Ästhetik von ausrangierten Alltagsgegenständen. Strandliegen, Baustellen- oder Kistenbretter dienen ihm als Malgrund für seine figurative Malerei. Er nutzt Form und Struktur eines solchen Fundstücks, um eine ganz andere, neue Geschichte zu erzählen. Seine Frauengestalten zeigen sich mal selbstbewusst und erhaben, mal verletzt und schutzsuchend oder auch - als Objekt der Begierde. Malerische Virtuosität und stofflicher Realismus gehen hier Hand in Hand. Die Identitäten der Frauen bleiben jedoch im Material verborgen.

 

„Unvollkommen“ nennt Ivonne Thein ihre Werkserie und zeigt Frauen, die nicht den idealen Vorstellungen entsprechen und bestätigt damit, dass es ihn gibt, das Schönheitsdiktat der Gesellschaft, dem wir uns alle - auch die Männer - unterwerfen (müssen). Wie selbstzerstörerisch die wahnhafte Verfolgung eines Ideals sein kann, zeigt die Berliner Künstlerin in ihrer Werkserie „Zweiunddreißig Kilo“ (2008). Hier lässt Thein ihre Protagonistin digital auf 32 Kilo Lebendgewicht abhungern. Ihr Model bleibt gesichtslos. Vielleicht, um von einem individuellen Problem auf ein gesellschaftliches Phänomen hinzuweisen?
rART/ruwoi

 

Die Ausstellung „Sie – Evas Erbinnen“ ist bis zum 26. März 2017 zu sehen.
Benrather Kulturkreis e.V. in der
Orangerie Schloss Benrath
Urdenbacher Allee 6
40593 Düsseldorf
Öffnungszeiten
täglich 11 – 17 Uhr

 


 

 

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