Archiv 2011: aus "Kunst erleben"
Taddeo Zuccaro (1529-66), Satyr
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Kunst auf Papier aus der Sammlung Klüser in Wuppertal
Die aktuelle Ausstellung „Zettels Traum“ im Wuppertaler Von der Heydt-Museum bietet einen gelungenen Überblick über die Emanzipation der Zeichnung seit dem 16. Jahrhundert und verfolgt ihre Entwicklung bis in die Gegenwart. Für die Schau wurden repräsentative Exemplare einzelner Stile und Epochen ausgewählt.
Zeichenkunst
DEN graphischen Künsten haftet der Ruf an, ein Fachgebiet für Kenner und Liebhaber zu sein. In der Malerei wirken die Arbeiten sicherlich schon durch ihre technischen Mittel und Größe präsenter. Handzeichnungen und Druckgrafiken sind zumeist kleinformatig, einfarbig und zudem: helles Sonnenlicht schadet ihnen. Die Ausstellung kostbarer, älterer Werke erfolgt deshalb zu ihrem Schutz in abgedunkelten Räumen, in denen der Besucher sehr nah an die Arbeiten auf Papier treten muss. So ist es auch in Wuppertal.
Studie eines jungen Mannes von Salvator Rosa (1615-73), Feder und Kreide, laviert, 145 x 92 mm |
Jedoch: Wer sich auf die grafischen Werke einlässt, erhält schon mal den Eindruck, den Künstlern bei der Arbeit unmittelbar zuzuschauen. Gerade die Handzeichnungen sind es, die den ersten Gedanken des Künstlers zu einer Idee oder einem Sujet in sich tragen, die den ersten Strich festhalten, das Ausprobieren noch zulassen und manchmal noch gar nicht fertig sein wollen.
Mehr als in der Malerei eröffnen die grafischen Künste auch dem technisch interessierten Kunstfreund überraschende Einblicke, wenn es darum geht, die Wirkung eines Blattes verstehen zu wollen. Lavierungen, einzelne Federstriche und Weißhöhungen, die sich erst im Zusammenspiel ergänzen und das Motiv bilden, lassen sich im unmittelbaren Kontakt mit den Kunstwerken studieren und eröffnen Einblicke in die Mechanik der Bilder.
Zeichnungssammlung Bernd und Verena Klüser
Die mehr als 200 ausgestellten Blätter aus der Zeichnungssammlung Bernd und Verena Klüser, die hier erstmalig der Öffentlichkeit gezeigt wird, vereint Werke aus fünf Jahrhunderten. Darunter befinden sich einzigartige Blätter von van Dyck, Tiepolo, Delacroix, Cézanne, Matisse, Kirchner und Picabia.
Zwar lässt die Auswahl kein konkretes Sammlungsthema oder einen Schwerpunkt erkennen, doch gerade die Vielfalt führt die Geschichte der Zeichenkunst lebhaft vor Augen.
Jannis Kounellis Ohne Titel, 1959/60 |
In den Werken spiegelt sich das Charakteristische jeder Kunstepoche. Nichts könnte sich scheinbar mehr voneinander unterscheiden als J.A.D. Ingres' hauchzarte Studie einer Fußpartie und der das Bild erstürmende Satyr des Manieristen Taddeo Zuccaro – dennoch verbindet sie die Sparsamkeit der eingesetzten Mittel und die Reduziertheit ihrer Darstellung.
Einigen Künstlern wie Giacometti, Beuys, Palermo, Kounellis, Cucchi, Scully oder Warhol sind ganze Räume oder Werkgruppen gewidmet. Gerade in der Altmeister-Abteilung finden sich Blätter von hoher Qualität.
Robert Woitschützke
► Der Titel der Ausstellung „Zettels Traum“ entstand analog zu Arno Schmidts literarischem Monumentalwerk.
Aufgrund der Lichtempfindlichkeit der Blätter ist die Ausstellungsdauer auf wenige Monate beschränkt. Die Ausstellung ist noch bis zum 19. Juni 2011 zu sehen.
Von der Heydt-Museum
Turmhof 8
42103 Wuppertal
Öffnungszeiten
DI - SO 11 - 18 Uhr
DO 11 - 20 Uhr
©Fotos (3) Von der Heydt-Museum