rheinische ART
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rheinische ART 12/2024

HYPERREALISMUS
Longos Bildgewalten


Seine Werke, allesamt Kohlezeichnungen, sind monumental, kraftvoll, eindringlich. Man muss hinschauen. Und: Sie verfehlen ihre Wirkung in der Regel nicht!

 

Robert Longo Untitled (Phantom Vessel), 2008, 270 × 480 cm, Kohle auf Papier, Hall Collection © Bildrecht, Wien 2024 Foto: Robert Longo

 

Der US-Künstler Robert Longo (*1953) ist für seine gewaltigen, schwarz-weißen Monumentalbilder berühmt. Wo auch immer sie gezeigt werden ziehen sie die Betrachter in den Bann. Manchem mögen sie auch den Atem rauben.

 

Robert Longo Untitled (White Tiger), 2011, 240 × 177,8 cm, Kohle auf aufgezogenem Papier, Privatsammlung, Basel | © Robert Longo / Bildrecht, Wien 2024 Foto: Robert Longo Studio

  

Robert Longo Untitled (Herzeleide, Barbara's Eyes), 2012 243,8 × 177,8 cm, Kohle auf aufgezogenem Papier, Privatsammlung aus Deutschland | © Robert Longo / Bildrecht, Wien 2024, Foto: Robert Longo Studio

 

Das Interessante an dieser Form von Kunst: Longo wählt als Vorlagen stets Fotografien, die dramatische Ereignisse mit großen Spannungsmomenten zeigen und die den Lauf der Geschichte mehr oder weniger beeinflusst haben.

     Zu sehen sind diese großformatigen Kohlezeichnungen mit ihren dramatischen Licht- und Schatteneffekten derzeit in einer großen Werkschau in der Wiener Albertina.

     Dabei geht es dem Künstler Longo um das Aufzeigen von Macht – in Natur, Politik, Geschichte, heißt es in Wien. Longo verwendet tausendfach publiziertes Bildmaterial, das längst Teil der Populärkultur, unseres kollektiven visuellen Gedächtnisses, ist. Er isoliert und reduziert die Motive mit dem Ziel, die Bildwirkung zu potenzieren.


Durch die Vergrößerung der Sujets und die Steigerung der Lichtregie zu einem dramatischen Hell-Dunkel stehen die Besucher vor riesigen, so meist noch nie gesehenen theatralischen Images.

     Weil Robert Longo auf bestehende Bilder zurückgreift und somit die Wirklichkeit sozusagen aus zweiter Hand bezieht, schafft er damit monumentale „Kopien“ der originalen Schwarz-Weiß-Fotos, die wiederum durch die Transformierung in riesige Kohlezeichnungen das ursprüngliche Bild verblassen lassen.


Ob ein Hai mit weit aufgerissenem Maul, das Antlitz eines Tigers, der Blick in die Mündung einer Uzi-Maschinenpistole („Bodyhammer“-Serie), eine brechende Monsterwelle, die auch den japanischen Großmeister des Ukiyo-e-Genres, Katsushika Hokusai (mehr) begeistert hätte, oder die eindringlichen Augen einer verschleierten Frau wie auch der Atompilz von Nagasaki – alle Motive zeugen von dem großen handwerklichen Können des Künstlers.

     Erst beim Herantreten an die überdimensionalen Werke erkennt der Betrachter, dass es sich hier um Kohle auf Papier handelt. Die spannenden Licht- und Schatteneffekte betonen dabei die Plastizität der Dinge und die Tiefe des Raumes. Sie lassen das Motiv ebenso real wie unwirklich erscheinen. Das satte Schwarz der in das Papier eingeriebenen Kohle verschlingt jegliches Licht.

 

Robert Longo Untitled (Face), 2001, 180,3 × 304,8 cm, Kohle auf aufgezogenem Papier, Sammlung Siegfried und Jutta Weishaupt | © Robert Longo / Bildrecht, Wien 2024, Foto: Robert Longo Studio

 

Robert Longo Untitled (Eric), 1981, 244 × 152,5 cm, Kohle und Graphit auf Papier. Collection Thaddaeus Ropac, Salzburg · Paris | © Robert Longo / Bildrecht, Wien 2024, Foto: Robert Longo Studio

 

Robert Longo Untitled (Nagasaki, B), 2003, 243,8 × 182,9 cm, Kohle auf aufgezogenem Papier, Sammlung Siegfried und Jutta Weishaupt | © Robert Longo / Bildrecht, Wien 2024, Foto: Robert Longo Studio

 

Das übergroße Format, die Materialien Kohlestift, Kohlenstaub, die Motivwahl, von der er sagt, es sei eine „Reflexion der Welt, in der wir leben“ sind die stilistischen Merkmale des Künstlers.

     In der Albertina werden fast 50 Werke ausgestellt. Darunter die frühe ikonische Serie „Men in the Cities“ (1979–1983) die ihn schlagartig berühmt machte.

     Es handelt sich um die Darstellung von eleganten Stadtbewohnern im Business-Dress (siehe Bild links), mit dramatisch verdrehten Körpern in dynamischen, teils beunruhigenden Posen vor leeren Hintergründen. Ein Spiegelbild der emotionalen Intensität und der Komplexitäten des modernen urbanen Lebens jener Zeit.

     Es waren die Jahre unter den US-Präsidenten Jimmy Carter und Ronald Reagan. Jahre, in denen finanzieller Aufschwung und Immobilienboom herrschten, die Yuppie-Kultur entstand aber auch steigende Kriminalität, Drogenhandel und soziale Ungleichheit die amerikanische Gesellschaft belastete.

 

Der im New Yorker Stadtteil Brooklyn geborene Künstler setzte sich schon als junger Mann Mitte der Siebzigerjahre kritisch mit den Massenmedien seiner Zeit auseinander. Seine Ansicht: „Als Künstler fühle ich mich moralisch verpflichtet, die Bilder unserer gemeinsamen dystopischen Gegenwart zu bewahren – in der Hoffnung, dass sich eines Tages etwas ändern wird.“

     Er wird deshalb auch der sogenannten „Pictures Generation“ zugerechnet. Damit sind jene Kreativen gemeint, die Fotografien in Massenmedien aufgriffen und sie zum künstlerischen Kern ihrer Arbeit machten.
rART/cpw

 

 Zitat: „Ich bin im Zeitalter von Schwarz und Weiß aufgewachsen. Das Schwarz-Weiß-Fernsehen war für mich ein visuelles Vokabular. Und als legasthenisches Kind, das nicht lesen konnte, habe ich durch das Fernsehen gelernt, Bilder zu lesen. Schwarz-Weiß ist für mich eine Möglichkeit, die Wahrheit auszudrücken.“

 

Die Ausstellung Robert Longo kann noch bis zum 26. Januar 2025 besucht werden.
Albertina
Albertinaplatz 1
1010 Wien
Öffnungszeiten
Täglich 10 – 18 Uhr
Mittwoch und Freitag 10 – 21 Uhr

 

 

 

 

 

 

 

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