Archiv 2024
SCHWEIZER BERGE
Kühl bis kalt – der andere Dix
Noch bis 1925 arbeitete Otto Dix in Düsseldorf in der Künstlervereinigung Junges Rheinland um Mutter Ey. Sein engagierter Realismus machte ihn berühmt. Dann wurde alles anders!
Otto Dix San Gian im Winter, 1938. Foto © 2024, Pro Litteris Zürich. Bildquelle © Bündner Kunstmuseum Chur Schweiz |
Nach seinen Düsseldorfer Jahren (mehr) und mit dem aufkommenden Nationalsozialismus geriet der Thüringer Künstler Otto Dix (1891–1969) ins Abseits, wurde verfemt und verlor schließlich 1933 seine Professur an der Kunstakademie Dresden.
Portrait des deutschen Malers Otto Dix um 1933. Fotografie von Hugo Erfurth. Bildquelle © Wikipedia, gemeinfrei
Otto Dix Gletscher im Engadin (Bernina Gletscher), 1938, Foto © 2024, Pro Litteris Zürich. Bildquelle © Bündner Kunstmuseum Chur Schweiz
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Seine Werke galten als „Entartete Kunst“. Einen Namen hatte er sich im Stil der neuen Sachlichkeit vor allem mit drastischen Bildern aus der Kriegszeit gemacht, wie etwa mit der Radierung Sturmtruppe geht unter Gas vor, 1924 (aus der Folge: „Der Krieg“, Radierwerk VI, Blatt 12, Mappe 2.II).
Oder mit Werken aus der Zwischenkriegszeit, mit kriegsversehrten Bettlern, feisten Kapitalisten, verhärmten Arbeitern und Tagelöhnern, Prostituierten und Freiern.
Otto Dix zog sich an den Bodensee in die Nähe der Schweizer Grenze zurück und schuf während der NS-Herrschaft von 1933 bis 1945 nur noch formal unpolitische Landschaftsbilder.
Das Besondere an diesen Werken: Sie zeigen in fast altmeisterlichem Stil kühle bis kalte, rohe, schroffe Bergszenerien. Ein völliger Gegensatz zu seinem vorherigen expressionistischen Schaffen – der Meister war in der inneren Emigration angekommen.
Genau genommen waren es zwölf große Landschaftsbilder, die Dix 1938 im Engadin fertigte. Eines, so heißt es heute, sei verschollen, andere sind derzeit im Bündner Kunstmuseum in Chur zu sehen. Die Ausstellung titelt „Otto Dix und die Schweiz“. Sie zeigt den Rückzug des Künstlers in die Landschaftsmalerei, die geradezu unheimlich die Leere und das Unbehagen jener Zeit spiegelt, wie es im Churer Museum heißt.
Otto Dix Tal im Engadin (Blick auf Samaden), 1938. Foto © 2024, Pro Litteris Zürich. Bildquelle © Bündner Kunstmuseum Chur Schweiz
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Die Schweiz war in den 1930er-Jahren ein wichtiger Referenzpunkt in Otto Dix' malerischem wie zeichnerischem Werk. Seine künstlerischen und biografischen Verbindungen in die Eidgenossenschaft wurden bisher aber kaum beachtet.
Das Bündner Kunstmuseum geht dem in seiner spezifischen Ausstellung sowie einer ausführlichen Publikation nach. Im Zentrum der Schau stehen die Dix-Werke, die Ende der 1930er-Jahre entstanden sind, als sich der Künstler längere Zeit zur Kur im Engadin aufhielt und die bisher noch nie zusammen gezeigt wurden.
Das Gemälde San Gian im Winter (siehe oben) aus der Sammlung des Bündner Kunstmuseums kann so erstmals in einem größeren Kontext von weiteren Ölbildern und einer Reihe überaus feiner Zeichnungen gezeigt werden.
rART/K2M
► Wie stark die Ablehnung des Künstlers Otto Dix in Deutschland war, belegt ein Vorgang aus Köln. 1923 erwarb das Wallraf-Richartz-Museum die Dix-Arbeit Schützengraben und löste damit einen Skandal aus. Die bürgerlich-liberale Kölnische Zeitung betrieb die Entfernung aus dem Museum. Der damalige Berliner „Kunstpapst“ Julius Meier-Graefe ätzte über die Präsentation: „..dieser Dix ist - verzeihen Sie das Wort - zum Kotzen.“ Das Gemälde gilt seit 1940 als verschollen.
Die Ausstellung Otto Dix und die Schweiz ist bis zum 27. Oktober 2024 anberaumt.
Bündner Kunstmuseum
Bahnhofstraße 35
CH 7000 Chur
Tel +41 81 257 2870
Öffnungszeiten
DI – SO 10 – 17 Uhr
DO bis 20 Uhr
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