Archiv 2017
100 JAHRE NIKON
Eine Kamera wurde Legende
Es gibt Fotografien, die sich regelrecht in die Erinnerung einbrennen, die unvergesslich sind. Das afghanische Flüchtlingsmädchen mit den auffallend klaren, grünen Augen etwa oder der einsame, unbekannte Mann mit der Einkaufstüte vor einem Panzerkonvoi auf Pekings Tian’anmen-Platz.
Charlie Cole Tank Man, 1989 © Charlie Cole, Fotoquelle NRW-Forum Düsseldorf 2017 |
Diese Fotodokumente wurden mit Kameras des Herstellers Nikon aufgenommen, der sein hundertjähriges Bestehen feiert. Es ist gute Tradition, auch in der Fotobranche, runde Geburtstage gebührend zu feiern.
Harald Schmitt Arafat © Harald Schmitt. Fotoquelle NRW-Forum Düsseldorf 2017
Jodi Bieber Bibi Aisha © Jodi Bieber, Fotoquelle NRW-Forum Düsseldorf 2017
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Ausstellung Dass sich dabei eine Ausstellung anbietet, ist schon fast selbstverständlich. So verfuhr vor drei Jahren bereits Leica aus Wetzlar mit einer Wanderausstellung (mehr), nun zelebriert der japanische Konzern Nikon eine Fotoschau im NRW-Forum am Ehrenplatz in Düsseldorf.
„leben 24/7 – 100 Jahre Nikon“ präsentiert eine Auswahl an Nikon-Fotografien aus den letzten Jahrzehnten und zeigt, wie eine Kamera dabei selbst zur Legende wurde.
Es war eine Nikon, mit der Steve McCurry, der berühmte US-amerikanische Fotojournalist, 1984 das junge „Afghan Girl“ mit den grünen Augen, Sharbat Gula, fotografierte. Auch der unerschütterliche „Tank Man“ des Fotografen Charlie Cole oder zahlreiche Weltraum-Aufnahmen entstanden mit Kameras und Objektiven von Nikon.
Es gehört zum Berufsbild der Fotografen und Fotojournalisten, dass sie dabei sind, wenn Weltgeschichte geschrieben wird. Und manchmal gelingt ihnen, was hernach als Ikone in die Fotogeschichte eingeht – jener Moment, mit der Kamera festgehalten, der die auch brutalen Facetten des Lebens so eindrücklich dokumentiert. Das World Press Foto 2010, das Portrait der 18-jährigen Bibi Aisha, der Nase und Ohren abgeschnitten worden waren, fotografiert von der Südafrikanerin Jodi Bieber, ist so ein Fall.
Seit hundert Jahren, so heißt es bei Nikon, begleite das Unternehmen die Fotografen in ihrem Alltag und gebe ihnen ein Werkzeug an die Hand für ihre Arbeit, jeden Tag und zu jeder Zeit.
Volker Hinz 1989, Nikon auf Tablett © Volker Hinz, Fotoquelle NRW-Forum Düsseldorf 2017 |
Licht und Schatten Aber ob das so bleibt? Die Fotografien dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich heute beim Kamerabau um einen Wirtschaftszweig im Umbruch handelt, mit extremen Licht- und Schattenseiten. Und auch Nikon, nach Canon der Zweitgrößte im japanischen und globalen Kamerageschäft, hat zu kämpfen.
Nikon Logo Foto © Nikon Corporation 2017
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Über die Hälfte seines Umsatzes erwirtschaftet der Traditionskonzern aus Tokio aktuell mit klassischen Fotoapparaten, kompakten Digitalkameras und Objektiven, und da ist die Nachfrage dramatisch eingebrochen.
Der Markt ist, wie es im Wirtschaftsdeutsch heißt, „satt“ und das Smartphone, das heute fast jeder junge Mensch mit sich herumträgt, macht Millionen - gewollt oder ungewollt - zu Fotoeinsteigern, Hobbyfotografen und Schnellknipsern. Eine Kundengruppe, die auf teure Spiegelreflexkameras nicht erpicht ist. Bereits andere der Branche haben ihre Existenz eingebüßt, weil sie die Zeichen der Zeit nicht richtig deuteten, ein Beispiel ist der US-Konzern Kodak (mehr).
Die Nikon-Story Wie viele andere japanische Unternehmen blickt auch Nikon in diesem Jahr auf 100 Jahre Firmengeschichte. Sie alle wurden 1917 im Zuge eines Wirtschaftsbooms gegründet. Das Besondere an Nikon: Seine Historie ist eng mit Deutschland verbunden. Die Gesellschaft wurde am 25. Juli 1917 nach der Fusion von drei kleineren optischen Unternehmen gegründet und trug den Namen Nippon Kogaku Kogyo K.K. (Japanische Optische Gesellschaft). 1921 warb die Aktiengesellschaft acht deutsche Optiktechniker und Ingenieure an, die - bedingt durch die Wirtschaftskrise im Nachkriegsdeutschland der Zwanzigerjahre - in Japan ein Auskommen suchten und dort jahrelang ihr Fachwissen in das Unternehmen einbrachten.
Produziert wurden zunächst optische Glaselemente für die Industrie, Teleskope, Ferngläser und diverse Messgeräte unter anderem für das Militär. Die ersten Kameraobjektive unter dem Namen Nikkor wurden 1932 hergestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann die Produktion von Kameras für den zivilen Bereich. Die Sucherkamera Modell I, nach den Vorbildern der deutschen Leica und der Contex von Zeiss Ikon gefertigt, kam 1947 auf den Markt. Gleichzeitig nutzte das Unternehmen von da an, abgeleitet von seiner Firmenbezeichnung, den eingängigen neuen Markennamen Nikon für seine Erzeugnisse.
Nikon F aus dem Jahre 1959 Foto © Nikon Corporation 2017 |
Der Durchbruch zu einem der führenden Kamera-Hersteller mit Serienfertigung wird in der Firmenchronik mit der Markteinführung der Kleinbild-Spiegelreflex-Kamera Nikon F aus dem Jahre 1959 verbunden. Das Modell hatte erstmals den bis heute nahezu unveränderten Bajonettanschluss. Das Kürzel F soll an den maßgeblichen Entwickler und späteren Vizepräsidenten Masahiko Fuketa erinnern, so die Sage.
Aber bereits Jahre zuvor war es der legendäre Kriegsfotograf David Douglas Duncan (DDD *1916), der im Koreakrieg Nikon-Objektive verwendete. Er war, wie es Kurator Damian Zimmermann im NRW-Forum treffend formulierte, der erste westliche Nikon-Fotograf und der wahre Botschafter des Kameraproduzenten.
Die endgültige Umbenennung der Firma in Nikon Corporation (K.K. Nikon) erfolgte erst 1988. Imagebildend waren ab den 1960er Jahren die Einsätze von Nikon-Kameras und -Objektiven durch die US-Weltraumbehörde NASA. Mehr als 700.000 Fotos wurden seither im All mit Nikon-Produkten aufgenommen. Allein auf der ISS befinden sich aktuell neun digitale Spiegelreflexkameras, 36 Objektive und sieben Blitzgeräte des renommierten Herstellers.
Jubiläumslogo (Auszug) zu Nikon 100th Anniversary. Das Unternehmen ist weltweit für seine Optoelektronik und Präzisionstechnologie bekannt. Foto © Nikon Corporation 2017 |
Im NRW-Forum werden beeindruckende Reportagen und Dokumentationen - so etwa die Ukraine-Serie des Franzosen Jérôme Sessini - Bildikonen und Konzeptserien ausgestellt. Die Schau ergründet die Geschichte und den Mythos der Nikon und ihrer Fotografen, die die unterschiedlichen Aspekte des menschlichen Lebens reflektieren: Krieg und Frieden, Liebe und Schmerz, Familie und Freundschaft, Natur und Starkult, Glamour und Tristesse.
Mit Arbeiten unter anderem von Jodi Bieber, Charlie Cole, David Douglas Duncan, Thekla Ehling, Volker Hinz, Heidi & Hans-Jürgen Koch, Peter Lindbergh (mehr), Joel Marklund, Steve McCurry, Duane Michals, Ed Ruscha, Moises Saman, Harald Schmitt, Jérôme Sessini, Michael Wesely und Ami Vitale.
rART/Claus P. Woitschützke
► Nikons Deutschlandsitz befindet sich in Düsseldorf. Dort sind im Jubiläumsjahr neben der Schau im NRW-Forum mehrere ergänzende Aktionen geplant. Seit Oktober 2015 wird die Geschichte des Unternehmens im eigenen Nikon Museum in Tokio präsentiert.
Die Ausstellung leben 24/7 – 100 Jahre Nikon wird bis zum 5. November 2017 gezeigt.
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