Archiv 2021
WORKSPACE IN PROGRESS
Flexibilität und Transformation
Studierende des Industrial Design1 der Universität für angewandte Kunst Wien widmen sich der Zukunft des Interieurs in Homeoffice und Büro und präsentieren ihre Vorschläge für ein neues Arbeitsumfeld im MAKK Museum für angewandte Kunst Köln.
Ein Depot an Möbeln, Leuchten, Kleidung, Video, Geräten und Systemen bildet das Zentrum der Präsentation. Foto © Daniel van Hauten |
Spätestens seit der Corona-Pandemie hat sich der Alltag unserer Gesellschaft „auf den Kopf“ gestellt. Die gelebte Tagesstruktur war Geschichte. Die Lockdowns zwangen die Menschen über Monate, den Fokus ihres Daseins auf die heimischen vier Wände zu richten.
Arbeiten, Familienleben und Freizeitgestaltung in denselben Zimmern waren eine Herausforderung sowie oft eine wiederholte Überforderung. Und etliche haben erkannt, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes nicht darauf und nicht „dafür eingerichtet“ sind. Wie bitte sollen die Räume, die für ein Privatleben eingerichtet wurden, plötzlich die Anforderungen eines Büros erfüllen? Wohl dem, der improvisieren konnte; dauerhaftes Funktionieren geht aber anders.
War der Gedanke und der Ruf nach Veränderung mit der erstrebten Work-Life-Balance zwar bereits vor der Pandemie vorhanden, so hat die kontaktarme Zeit doch den Blick für die Fragen nach räumlicher Distanz einerseits und notwendiger Intimität andererseits geschärft.
Wie kann man also der Problematik zwischen Selbstverständnis, Daseinserfüllung und Existenzsicherung begegnen? Mit dem Ausstellungsprojekt „WORKSPACE IN PROGRESS“ stellen sich die Studierenden der Frage von Bedeutungen und Herausforderungen der Arbeit aus der Perspektive ihrer Generation.
Steven Dahlinger Nesting Für all diejenigen, die einmal in einem größeren Raum Schutz suchen oder auch nur für sich sein möchten. Foto © rheinische ART. 2021 |
Über einen Zeitraum von zwei Semestern (unter der Leitung von Designer und Professor Stefan Diez und dem Team der Abteilung Industrial Design1 der Universität für angewandte Kunst Wien) entstanden visionäre Projekte. Viele ihrer Objekte sind multifunktional und mit Blick auf neue (Arbeits-)Normen einer sich verändernden Gesellschaft – und aus heutiger Sicht unabdingbar – wurde gleichzeitig eine zukünftige Kreislaufwirtschaft hinsichtlich der Produktion mitbedacht.
Camilla Ruh Identyform Eine Schürzenhose für Menschen, die in verschiedenen Situationen wie Atelier, Meeting, Workshops tätig sind. Foto © rheinische ART. 2021
Anatol Stelzhammer Denkraum Für jeden, der in beispielsweise Großraumbüros tätig ist. Foto © rheinische ART. 2021
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Ein Depot an Möbeln, Leuchten, Kleidung, Video, Geräten und Systemen bildet das Zentrum der Präsentation. Einige Beispiele:
► So ist „Moodbooster“ von Armin Muhamedagic eine immersive Arbeit in Form eines geschlossenen Silikonrings, der durch Geruch, Klang, Vibration und Dunkelheit beim Hineinpressen des Gesichts ein Gefühl von Isolation vermittelt.
► Steven Dahlinger entwickelte mit „Nesting“ ein modulares Möbel, das sich zusammengeklappt in ein Sofa und aufgeklappt in einen persönlichen Rückzugsort verwandelt. Mit dieser Arbeit entwickelte er einen Raum im Raum, der heutige Arbeitswelten – eine Kultur der ständigen Verfügbarkeit und schwindenden Grenzen zwischen Arbeit und Nicht-Arbeit – hinterfragt und als Produkt neu denkt.
► Auch Laura Dominici knüpft daran an: Arbeitsplätze verändern sich und die physische Präsenz an einem definierten Ort verliert zunehmend an Bedeutung. Arbeit findet überall dort statt, wo man sich in einen Laptop einloggt – und lässt gänzlich neue Definitionen von Räumlichkeit entstehen. Ihr Projekt „Magic Tapestry“ ist ein weicher, handgewebter Teppich, der über ein integriertes Holzpanel verfügt, welches auf den Schoß gelegt zur Tischplatte wird.
► „Talktile“ von Madeleine K. Wieser thematisiert das Verhältnis von Nähe und Distanz aus der Perspektive von Remote-Work: Menschen die getrennt voneinander im Homeoffice und in weltweit verteilten Teams arbeiten, ohne ein gemeinsames, physisches Büro. Isolation und Kommunikationsmangel können die Folgen sein. „Talktile“ ist ein organisch geformtes Produkt mit taktiler Oberfläche, integriertem Mikrofon sowie Lautsprecher, das trotz Distanz das Gefühl von Miteinander vermittelt. Das interaktive Objekt ermöglicht spontane Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen – ein gemeinsamer, greifbarer Moment der Interaktion, der Kommunikation über das Digitale hinaus möglich macht.
rART/ruwoi
Die Ausstellung „Workspace in Progress“ ist bis zum 31. Oktober 2021 zu sehen.
MAKK Museum für angewandte Kunst
An der Rechtschule
50667 Köln
Tel. 0221 / 221 23860
Öffnungszeiten
DI – SO 10 -18 Uhr