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rheinische ART 04/2023

Archiv 2023

LANDSCHAFTSMALEREI
Mehr Licht


Goethe war vor ihnen da und beschrieb das Leben und Licht des Südens sehnsuchtsvoll. Wie sehr seine Worte die Maler des nördlichen Europas beeinflussten, ist nicht zu sagen. Aber sie machten sich im 19. Jahrhundert auf und besuchten das Sehnsuchtsland Italien. Was sie mitbrachten, sind Malstudien von einer ganz besonderen Güte. Diesen Ölstudien widmet sich der Düsseldorfer Kunstpalast in der Ausstellung „Mehr Licht. Die Befreiung der Natur“.

 

Carl Maria Nicolaus Hummel (1821–1907) Studie eines Baumes im Park der Villa Carlotta, 1855, Öl auf Leinwand, 13,8 x 16,9 cm, Privatsammlung © Foto: Juan Cruz Ibañez Gangutia


Die Schau hat das Potential zur Entstaubung, lässt sie doch die Landschaftsmalerei dieser Zeit, die akademisch geprägt war, im wahrsten Sinne des Wortes in einem neuen „Licht“ erscheinen.
     Nicht allein das objektive Auge des Künstlers findet in den oft nur für den privaten Gebrauch bestimmten Studien seine bildhafte Manifestation – das besondere Lebensgefühl des Südens, das andere Wege und ungeahnte Freiheiten kennt und dem sich die Künstler nicht entziehen wollten oder konnten, fließt mit seiner Lust und Spontanität mit ein in ihre Suche nach einem neuen malerischen Ausdruck.

 

Lord Frederic Leighton (1830–1896) Terrasse auf der Insel Capri, 1859, Öl auf Papier, auf Leinwand, 32,7 × 30,8 cm, Fondation Custodia, Collection Frits Lugt, Paris © Fondation Custodia, Collection Frits Lugt, Paris / Foto: Pascal Faligot

 

So sind ihre Entwürfe mehr als das idealisierte Abbild südlicher Orte und Landschaften. Sie sind bildgewordene Eindrücke des Landes Italien auf die Maler. Einzigartigkeit haftet ihnen an.


Die große Zeit der Ölstudie, schreibt das ausstellende Haus, liegt in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zwischen 1800 und 1860 wird in diesem Medium das Alltägliche und Beiläufige bildwürdig und der Reiz des Momentanen entdeckt – lange vor der Schule von Barbizon und dem Impressionismus. „Außergewöhnlich ist, dass die Ölstudien von den Künstlern nur für den privaten Gebrauch gemalt wurden – deshalb sind sie fast nie signiert und wurden zu Lebzeiten nicht ausgestellt. Erst heute, rund 200 Jahre später, werden sie wegen der veränderten Sehgewohnheiten gerade wegen ihrer Intimität und Spontanität als eigenständige Kunstwerke geschätzt – und zwar oftmals weit mehr als die fertigen Ateliergemälde, auf denen einst das Renommee der Maler gründete“, hebt Kurator Florian Illies hervor.

 

Johann Jakob Frey (1813–1865) Wolkenstudie (bei Rom?), um 1835/1839, Öl auf Papier, auf Leinwand, 30 x 46,8 cm, Privatsammlung © Foto: OLRAC OTRO


Befreit von der Bedeutungsschwere von Auftragsarbeiten wird das gesteigerte Interesse der Malenden an „realistischen“ Landschaften, frei von jeder formalen Idealisierung, deutlich. Das Licht spielt dabei eine große Rolle, gleich ob an der Elbe oder am Tiber, denn besonders Ölstudien eignen sich dazu, das Licht zu erforschen und einzufangen. Das Licht bestimmt Stimmung und Atmosphäre eines Gemäldes und ist ein entscheidendes Moment bei der Darstellung von Tiefe und Raum.

     Dass das Anfertigen von Ölstudien außerhalb des Ateliers, also „Draußen“, praktikabel wurde, verdanken die Künstler der Erfindung der Farbtube. Damit wurde Ölfarbe transportabel und stand überall zur Verfügung. Die Tube revolutionierte somit die Möglichkeiten in der Malerei, denn viele Künstler machten von ihr Gebrauch und zogen mit ihren Malkoffern hinaus, gleich ob in den heimischen Wald oder eben auf Reisen.

 

Johann Wilhelm Schirmer (1807–1863) Bachschleuse, um 1827/28, Öl auf Papier, auf Pappe, 32 x 40,2 cm, Kunstpalast, Düsseldorf, Sammlung der Kunstakademie Düsseldorf (NRW) © Kunstpalast - Horst Kolberg – ARTOTHEK


Im Gegensatz zur schnellen Skizze oder Zeichnung erfordert die Herstellung einer Ölstudie natürlich mehr Zeit und Mühe. Die Bildformate sind in der Regel klein, mussten die Arbeiten doch meist in einen Malkoffer passen. Zudem wurden die Studien nicht als fertige Werke angesehen. Manchmal wurde ein Sujet nur fragmentartig festgehalten, malerisch experimentiert oder sich an einem Detail konzentriert versucht.

 

Heinrich Reinhold (1788–1825) Welle an der Küste Sorrentos, 1823, Öl auf Papier, auf Leinwand, 17,4 x 26,1 cm, Privatsammlung © Courtesy Daxer & Marschall, München / Foto: Philipp Mansmann

 

Als inspirierende Vorlagen dienten sie zu späteren Auftragsarbeiten, wurden im Freundeskreis oder den Malstudenten der Akademie gezeigt. In der Regel tragen sie keine Signatur oder ein Datum.
Die Kuratoren präsentieren 170 Exponate von 75 Künstlern aus musealen und privaten europäischen Sammlungen. Sie stammen von Künstlern wie beispielsweise Andreas und Oswald Achenbach, Camille Corot, Maximilian Hauschild, Wilhelm Leibel, Johann Wilhelm Schirmer oder Casper David Friedrich.
Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

Die Ausstellung „Mehr Licht. Die Befreiung der Natur“ ist bis zum 07.05.2023 zu sehen.
Kunstpalast
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
Tel. 0211 / 566 42 160
Öffnungszeiten
DI – SO 11 – 18 Uhr
DO 11 – 21 Uhr

 

 

 

 

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