Archiv 2011: aus "Kunst erleben"
MAX LIEBERMANN
Max Liebermann, Selbstbildnis, 1910
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In der Bonner Bundeskunsthalle
Max Liebermann (1847-1935) gehört zu den vielseitigsten Künstlern der beginnenden Moderne um die Jahrhundertwende. Der Sohn einer äußerst wohlhabenden Industriellenfamilie, ein Bourgeois, dessen Frühwerk ihm den Ruf eines „Apostel der Hässlichkeit“ einbrachte, avancierte trotzdem zu einem der gefragtesten Portraitisten der Weimarer Republik. Ein Maler, der in seinem Werk sowohl die Niederländer des Goldenen Zeitalters wie Frans Hals und Rembrandt Harmensz. van Rijn als auch die Impressionisten rezipierte. Letztere sammelte er selber ausgiebig und stellte sie in seinem Berliner Stadtpalais am Pariser Platz, direkt neben dem Brandenburger Tor, zur Schau.
Max Liebermann, Näherin, 1875, Öl auf Holz |
DIE AKTUELLE Präsentation in der Bonner Bundeskunsthalle gehört zu den umfangreichsten Liebermann-Ausstellungen der letzten Jahrzehnte. Sie ist insofern ein Novum, da sie mit der Tradition bricht, in Ausstellungen dieses Künstlers lediglich einzelne Aspekte seiner Arbeit wie seine Benennung zum deutschen Impressionisten zu beleuchten und stattdessen ein umfangreiches, chronologisches Abbild seines Schaffens zeigt.
Tatsächlich lässt sich der metaphorische Titel der Ausstellung „Max Liebermann. Wegbereiter der Moderne“ beim Durchwandern der Räumlichkeiten wie Liebermanns persönlicher künstlerischer Lebensweg nachvollziehen. Die ersten Räume zeigen einige der frühen Werke des Künstlers, als dieser sich als Kunststudent an der Kunsthochschule Weimar immatrikulierte. Zu dieser Zeit übte Liebermann sich noch in der Historienmalerei und liebäugelte zeitgleich mit der Freiluftmalerei der Schule von Barbizon. Das Gemälde „Gänserupferinnen“ von 1872 markiert Liebermanns Beginn als in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommenen Künstler.
Max Liebermann, Bildnis Lovis Corinth, 1899, Öl auf Leinwand,
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Portraitist der High-Society
Die Anfänge waren jedoch nicht vielversprechend: Die professionelle und konservativ-akademische Kritik schmähte die Belanglosigkeit seiner Bauernsujets sowie die Spröde seiner Malweise. Zu einer Zeit, da die eklektische Salonkunst mit Vertretern wie Cabanel, Makart oder Lord Leighton als die höchste Form der Künste angesehen wurde, konnte sich ein Maler derartige Experimente nur Dank finanzieller Unabhängigkeit erlauben. Dennoch ließen die Erfolge nicht lange auf sich warten.
Ab 1890 ist Liebermann der Portraitist der gebildeten Berliner High-Society, die seinen nicht idealisierenden Stil zu schätzen weiß. Die Ausstellung bietet einige seiner bedeutendsten Portraits dieser Zeit. Bürgerliche Freizeitvergnügungen und abendliche Szenen mit Gartenlokalen werden nun zu Liebermanns bevorzugten Themen. Auch seine Farbpalette hellt sich auf: Die früher eher düster-gedämpften Tönungen weichen wärmeren Farben.
Lichtreflexe und Gartenhäuschen
Zu einem Markenzeichen werden die versprenkelten hellen Farbtupfer, mit denen Liebermann in impressionistischer Manier Lichtreflexe wiederzugeben versteht. Die Bilder aus der Zeit um die Jarhundertwende nehmen bereits viel vom Spätwerk Liebermanns vorweg, welches (neben sämtlichen Selbstportraits des Künstlers) einen Höhepunkt der Schau bildet. Hier sind gerade die sogenannten Gartenbilder hervorzuheben.
Max Liebermann hatte 1909 am großen Wannsee ein Grundstück erworben, ein exquisites Sommerhäuschen errichtet und den Garten mit Hilfe seines Freundes Alfred Lichtwark angelegt.
Max Liebermann, Der Rosengarten in Wannsee, 1928 |
In diesem deuschen Giverny entstanden bis zu Liebermanns Tod im Jahr 1935 über 200 Landschaftsbilder, aus denen die Form als stilbildendes Element nahezu vollkommen einem exzessiven Gebrauch von Farbe gewichen ist. Der studienhafte Charakter der Bilder, ihre Verabschiedung vom tradierten Begriff der Fertigstellung zeigt, dass Liebermann hier endgültig den Durchbruch in die Moderne vollzogen hatte.
Ein Besuch der Liebermann-Ausstellung lohnt sich vor allem bei gutem Wetter. Denn wer denkt, die Präsentation finde ausschließlich in den Räumlichkeiten der Bundeskunsthalle statt, der täuscht sich. Auf dem Dachgarten wurden Teile des berühmten Gartens am Wannsee nachgebaut. Die Bundeskunsthalle hat hierfür ein reichhaltiges Rahmenprogramm aufgestellt, das differenzierte Zugangsmöglichkeiten zur Kunst Liebermanns für Jung und Alt offeriert.
Robert Woitschützke
Die Ausstellung „Max Liebermann. Wegbereiter der Moderne“ ist bis zum 11. September 2011 zu sehen.
Kunst- und Ausstellungshalle
der Bundesrepublik Deutschland GmbH
Museumsmeile Bonn
Friedrich-Ebert-Allee 4
53113 Bonn
Tel. 0228 / 9171–0
Öffnungszeiten
DI + MI 10 – 21 Uhr
DO - SO 10 – 19 Uhr
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