Der fabelhafte Monsieur Ernst
Wer als avantgardistischer Künstler in die Geschichte eingeht, muss dies nicht zwingend auch als Fotoobjekt tun. Der Surrealist Max Ernst gehört zu jenen genialen Selbstvermarktern, denen es gelang, sich unvergesslich in Fotoszene zu setzen oder setzen zu lassen.
John Kasnetsis Dorothea Tanning und Max Ernst vor der Zementplastik 'Capricorne' von Max Ernst, Sedona, Arizona, 1948, Fotografie, Max Ernst Museum Brühl des LVR, Stiftung Max Ernst, © VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Man Ray Max Ernst, 1934, Fotografie/ Rayografie-Technik, Max Ernst Museum Brühl des LVR, Stiftung Max Ernst, © Man Ray 2015 Trust / VG Bild-Kunst, Bonn 2023
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Der im rheinischen Brühl geborene Künstler Max Ernst (1891–1976) gehört, soviel steht längst fest, zu den meistfotografierten Künstlerpersönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, neben Pablo Picasso (mehr) und Andy Warhol.
Und die, die ihn vor der Kamera inszenierten, arrangierten und positionierten, gehörten zur Elite der Lichtbildner, zu den Virtuosen der Fotokunst. An dem attraktiven Künstler arbeiteten sich Foto-Größen ab wie Berenice Abbott, Henri Cartier-Bresson (mehr), Lee Miller (mehr), Irvin Penn und Man Ray.
Das Max Ernst Museum in Brühl präsentiert aktuell rund 150 ausgewählte Fotografien aus dem Leben seines Namensgebers. Diese Fotografien, teils private Schnappschüsse, klassische Portraits wie auch elegante, traumhafte Foto-Arrangements in Studios oder Ateliers, erlauben einen interessanten Blick auf Max Ernsts Leben und sein kreatives Schaffen.
Die Ausstellung unter dem Titel „Image. Max Ernst im Foto“ speist sich aus den umfangreichen eigenen fotografischen Sammlungsbeständen des Brühler Museums, darunter erstmals auch eine Schenkung der Künstlerin Dorothea Tanning, der vierten Ehefrau von Max Ernst, mit der er bis zu seinem Tode zusammen war.
Bekanntlich war der Maler und Bildhauer eine facettenreiche Persönlichkeit. Und er war, wie könnte es anders sein als Dadaist, neuen Trends und Experimenten aufgeschlossen. In seinen Pariser Jahren stand er Man Ray Model, dem das Brühler Museum 2013 eine große Ausstellung widmete (mehr), und der ihn in der Rayografie-Technik fotografierte.
Der Amerikaner Ray sah in der Fotografie ein künstlerisches Ausdrucksmittel mit gewaltigem Potential, das für ihn die Malerei vollständig ersetzen konnte. Es darf vermutet werden, dass Max Ernst spätestens von da an die durchschlagende Wirkung des Foto-Marketings für sich entdeckt hatte.
Unbekannt Max Ernst als Maler, 1909, Fotografie, © Max Ernst Museum Brühl des LVR, Stiftung Max Ernst
Man Ray Marie-Berthe Aurenche, Max Ernst, Lee Miller und Man Ray, 1929, Fotografie, Max Ernst Museum Brühl des LVR, Stiftung Max Ernst, © Man Ray 2015 Trust / VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Unbekannt Max Ernst mit Schaukelpferd, 1938, Fotografie, © Max Ernst Museum Brühl des LVR, Stiftung Max Ernst
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Seine bewegte Biografie sucht ihresgleichen, wie ein kurzer Rückblick zeigt und sie wurde in Hunderten von Lichtbildern dokumentiert.
1891 wurde Ernst im rheinischen Brühl geboren. 18 Jahre später lichtete ihn dort ein unbekannter Fotograf, ein wenig dandyhaft, im Schlosspark als malenden Studenten vor einer Staffelei ab. Die Fotofloskel „Bitte lächeln“ hatte er wohl ignoriert.
Der 27-Jährige heiratete 1918 die Kölnerin Luise Straus, Tochter eines Textilindustriellen, die den Autodidakten aus der bürgerlichen Provinz in die Kölner Dada-Szene einführte, der sie als einzige Frau selbst angehörte. Aus der Ehe stammte der Sohn Jimmy Ernst (1920–1984).
Im Jahre 1922 zog es Ernst, bereits revoltierender Dadaist, von Köln nach Paris. In der Metropole engagierte er sich im Kreis der Surrealisten. Deren Mitbegründer André Breton betonte Jahre später, ohne den Rheinländer Max Ernst hätte es keine surrealistische Malerei gegeben. Ernst ehelichte dort die französische Malerin Marie-Berthe Aurenche.
Der Zweite Weltkrieg war allerdings eine Zäsur. Der deutsche Künstler wurde in Frankreich zwei Mal als feindlicher Ausländer interniert. Der Schriftsteller Paul Éluard, ein Freund, intervenierte, und Max Ernst kam frei. 1941 floh er in die USA. Doch mit deren Kriegseintritt galt der Emigrant auch dort als feindlicher Ausländer.
Die Ehe mit Aurenche wurde geschieden und der drohenden Abschiebung entzog sich der Künstler durch eine dritte Ehe, diesmal mit der wohlhabenden Kunstsammlerin und Mäzenin Peggy Guggenheim. Diese Ehe hielt bis 1946, wurde aufgelöst und noch im selben Jahr heiratete er die amerikanische Künstlerin Dorothea Tanning.
Während seiner Zeit in den USA gaben Max Ernst und andere Exilanten, unter ihnen André Breton und Marcel Duchamp, die Zeitschrift VVV heraus. 1953 übersiedelten die Eheleute Ernst-Tanning nach Frankreich. Sie lebten zunächst in Paris und zogen später an die Loire bei Tours. 1958 wurde Max Ernst französischer Staatsbürger. Er starb am 1. April 1976, in der Nacht vor seinem 85. Geburtstag, in Paris.
Irving Penn Max Ernst und Dorothea, 1947, Fotografie, Max Ernst Museum Brühl des LVR, Stiftung Max Ernst, © The Irving Penn Foundation
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Also, an spannenden und ungewöhnlichen Lebensphasen des fotogenen Protagonisten mangelte es nicht.
Die Ausstellung, so betonen die Kuratoren, widme sich „der Frage nach dem Bild des Künstlers, das sowohl durch seine eigene Art der Darstellung als auch und vor allem durch die Sicht anderer im direkten Blick durch das Kameraobjektiv entsteht.“
Wer diese bemerkenswerte Schau durchstreift, kann zweierlei erfahren. Zum einen führen ihn die Fotografien die künstlerischen Schaffensprozesse von Max Ernst vor Augen. Zum anderen zeigen sie, wie der bis ins hohe Alter attraktive Künstler, perfekt inszeniert und ins Licht gerückt, von den Profis hinter dem Sucher gesehen wurde. Vor allem aber wird deutlich, wie Ernst sich selbst sehen wollte.
Die Schau ist ein Blick auf den Charakter des Surrealisten, auf sein Ego und dem Selbstdarstellungs- und Selbststilisierungswillen. Oder einfach ausgedrückt: Max Ernst war einfach ein Meister der Selbstdarstellung oder in Neudeutsch: ein Super-Performer!
Robert Woitschützke
Die Ausstellung „Image. Max Ernst im Foto“ ist bis zum 23. April 2023 zu sehen.
Max Ernst Museum
des LVR in Brühl
Comesstraße 42 / Max-Ernst-Allee 1
50321 Brühl
Tel. 02232 / 5793-0
Öffnungszeiten
DI – SO 11 – 18 Uhr
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