Archiv 2023
ZEITGENÖSSISCHE KUNST
Conny Maier: Schönheit und Drama
Das Zeitgenössische hat ein Zuhause in der Langen Foundation. Das Ausstellungshaus, spektakulär mit seiner Architektur von Tadao Ando und auf der Raketenstation des Kulturraums Hombroich gelegen, präsentiert mit Conny Maier eine Malerin, die mit ihren überdimensionalen, flächigen Figuren einen unverwechselbaren Beitrag zur Gegenwartskunst leistet.
Conny Maier Beautiful Disasters, Installationsansicht, Langen Foundation, 2023, Photo by: Sebastian Drüen, Courtesy: the artist |
Ihre Gemälde umfassen eine Vielzahl von Themen, wobei das Zeitkritische im Vordergrund steht. Mit ihrem ruhigen, fast sezierenden Blick auf die Gesellschaft nimmt Conny Maier Veränderungen im Miteinander wahr, die sie mit riesenhaften Figuren, eingetaucht in Farbszenarien, welche die Dramatik noch unterstreichen, ins Bild setzt. Eine Apokalypse? Nicht ausgeschlossen.
Maiers Malstil konzentriert sich nicht auf die Schaffung illusionärer Tiefe und Raum. Schattierung und Perspektive sind nicht ausgeprägt; ihre flächige Malerei betont die Zweidimensionalität der Leinwand und provoziert kein künstliches Volumen. Dieses besitzen hingegen ihre Figuren und Objekte. Riesige Körper mit kleinsten Köpfen stehen mit ihren kraftvollen Schenkeln auf kurzen pyramidenartigen Stelzen und somit auf unsicherem Grund. Sie ringen um Haltung und kämpfen mit sich selbst. Ihre Proportionen sind abnorm.
Conny Maier Beautiful Disasters, Installationsansicht, Langen Foundation, 2023, Photo by: Sebastian Drüen, Courtesy: the artist |
Gigantische Körper mit kleinsten Köpfen auf schwankendem Grund? Die Psychologie hat dazu eine Menge zu sagen. Die Deutung nach einem Ungleichgewicht von Macht drängt sich auf, oder sind es die Gefühle der Ohnmacht gegenüber übermächtigen Kräften? Und steht der kleine Kopf gar für Dummheit?
Conny Maier Gigante 1, 2023, Öl, 300 x 200 x 6 cm, in Courtesy the artist, Photo by: Trevor Good
Conny Maier Ernten 4, 2021, Öl, 60 x 80 cm, in Courtesy the artist, Photo by: Trevor Good |
Ihre Figuren sind mehr symbolisch als realistisch. Eine Deutungshoheit gibt es nicht. Die Künstlerin selbst liefert keine absolute Erklärung, lässt den Gedanken der Betrachter freien Lauf. See what you want, scheint ihr Credo zu sein, und der Besucher findet sich im Gespräch mit ihr und ohne es wirklich zu bemerken in einem Dialog wieder, wo er die aktive Rolle des Fragenden und Staunenden bis hin zum Antwortgebenden übernimmt. Kritik nimmt die Künstlerin interessiert und gelassen hin.
Es ist ihre erste institutionelle Ausstellung, die sie allein bestreitet, und zu diesem auch für sie besonderen Anlass lässt sie ihre Werke scheinbar los wie Eltern ihre Kinder, um „draußen“ erwachsen zu werden. Und sie schaut zuversichtlich, ob sie bestehen können.
Ihr Selbstvertrauen ist wohl begründet. Nicht nur, dass sie bereits in bekannten Sammmlungen vertreten ist - dem Seherlebnis kann man sich kaum entziehen.
Zu allen auf der Leinwand abgebildeten Aktionen kommt bei Conny Maier ein selten gewordenes Attribut hinzu: Schönheit. Die Ästhetik ihrer Werke ist auch angesichts weit zum Schrei geöffneter Münder oder geblendeter Augen bedeutend. Emotionalität, ein Charakteristikum ihrer Arbeiten, darf als Botschaft verstanden werden.
► Conny Maier lebt und arbeitet in Baleal, Portugal und in Berlin, wo sie geboren und aufgewachsen ist. Maier wurde mit dem renommierten Preis Artist of the Year der Deutschen Bank für das Jahr 2021 ausgezeichnet. Kurator der Schau ist Udo Kittelmann.
Irmgard Ruhs-Woitschützke
Die Ausstellung „Beautiful Desasters“ ist bis zum 07.04.2024 zu sehen.
Langen Foundation
Raketenstation Hombroich 1
41472 Neuss
Tel. 02182 / 5701 – 15
Öffnungszeiten
DI – SO 10 – 18 Uhr