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rheinische ART 04/2024

Archiv 2024

MEISTERINNEN
Maestras – malende Meisterinnen aus acht Jahrhunderten

 

Sie alle agierten beruflich unabhängig, waren über die Grenzen in ganz Europa aktiv und wurden von vielen umworben. Die Gesellschaften ihrer Zeit kreisten durchaus um ihre großen kreativen Malerinnen. Das Arp-Museum Bahnhof Rolandseck widmet sich diesen Maestras in einer großartigen Schau und stellt so manche in ein verdientes Rampenlicht.

 

Giovanna Garzoni Stillleben mit Kirschen auf einem Teller, Bohnenschoten und einer Holzbiene, 1642-51 © Gallerie degli Uffizi, Gabinetto Fotografico, Florenz

 

Starke Frauen haben sich schon immer durchgesetzt und die Schau „Maestras“ liefert den absoluten Beweis hierfür. Sie ist mehr als ein Überblick über die Schaffenskraft einzelner Künstlerinnen, sie ist ein Statement - vielfältig, überraschend und qualitativ von erster Güte.
     Das verwundert kaum, denn das Arp-Museum ist für diese umfassende Ausstellung eine Kooperation mit dem renommierten Museo Nacional Thyssen-Bornemisza in Madrid eingegangen und zeigt Werke von nicht weniger als 51 Malerinnen aus bedeutenden europäischen Museen und Privatsammlungen.

 

Hildegard von Bingen Rupertsberger Codex – Liber Scivias, ca. 1175, Fol 14r: Miniatur „Das Weltall“, Original verschollen seit 1945, Handkopie auf Pergament, um 1930 © Abtei St. Hildegard, Rüdesheim-Eibingen, Foto: Mick Vincenz

 

Die Künstlerinnen werden den Besuchern auf besondere Weise vergegenwärtigt. Viele von ihnen bekommen ein Gesicht, indem die Organisatoren Schauwände mit den Konterfeis der Künstlerinnen, sofern vorhanden, präsentieren. Meist sind es Selbstportraits – und in der jüngeren Zeit ab dem 19. Jahrhundert auch Fotografien.

     Insgesamt reicht das Spektrum von den mittelalterlichen Buchmalerinnen der Nonnenklöster (wie Hildegard von Bingen) über Künstlerinnen der Renaissance und des Barocks (wie Judith Leyster, Michaelina Wautier oder Mary Beale) bis hin zu den Wegbereiterinnen der Moderne (wie Sonia Delaunay, Marianne Werefkin, Paula Modersohn-Becker oder Sophie Taeuber-Arp).

 

Die Ausstellung gliedert sich in fünf Bereiche. Hier ein Überblick:


Zwischen Licht und Schatten, 1200–1800 Bereits in den Nonnenklöstern des Mittelalters arbeiteten hochspezialisierte Buchmalerinnen und Autorinnen wie Gisela von Kerssenbrock oder Hildegard von Bingen, die visionäre Bildwelten schufen, die ihresgleichen suchen. In der klassischen Kunstgeschichtsforschung wurde die Vielzahl der Nonnenmalerinnen gerne despektierlich der Volkskunst zugeordnet.
       Nach Aussage des ausstellenden Hauses lässt sich diese Kategorisierung nicht qualitativ begründen. Selbstbewusst signierten die Künstlerinnen ihre Werke…

 

Elisabeth Louise Vigèe le Brun Lady Hamilton als Bacchantin, ca. 1790-92 © National Museums Liverpool, Lady Lever Art Gallery, Foto: Mick Vincenz

 

Fede Galizia Judith und Holofernes, ca. 1601-10 © Palacio Real de La Granja de San Ildefonso, Segovia, Patrimonio Nacional, Madrid, Foto: Mick Vincenz

 

Vive l’Esprit – Ein Hauch von Freiheit, 1700-1800 Die Ideen- und Karriereschmiede der Aufklärung des 18. Jahrhunderts waren die Salons, regiert von einflussreichen, meist adeligen Mäzenatinnen an ihrer Spitze. In ihrem Dunstkreis machte sich eine Kultur der Freiheit breit. Angelika Kaufmann, Élisabeth Vigée Le Brun oder deren Schülerin Marie-Victoire Lemoine agierten beruflich unabhängig und familiär ungebunden auf der internationalen Bühne. Sie entwickelten sich zu umworbenen Kunstschaffenden ihrer Zeit, denen im Fall von Vigée Le Brun sogar ein Platz in der begehrten Kunstakademie sicher war.


Naturforscherinnen, 1600-1800 Die Feinmalerei der Stillleben stellte im 17. und frühen 18. Jahrhundert ein spezielles Aufgabengebiet für jene Künstlerinnen dar, die sich naturwissenschaftlich für Flora und Fauna begeisterten wie die mittelalterlichen Nonnenmalerinnen vor ihnen. Maria Sibylla Merian erlangte durch ihre Forschungen und eindrucksvollen Naturstudien Berühmtheit und Rachel Ruysch erzielte mit ihren Blumendarstellungen höchste Preise auf dem internationalen Markt. Als erste Frau wurde sie 1701 in die Malergilde von Den Haag aufgenommen.

 

Mary (Stevenson) Cassat Louise, ihr Kind stillend, 1898-99 © Arp Museum Bahnhof Rolandseck / Slg. Rau für UNICEF, Foto: Mick Vincenz

 

Von Rollen und Klischees 1800-1900 In Romantik, Biedermeier und Historismus sind die Freiheiten der Aufklärung vergessen, findet weibliche Kreativität lediglich enge Spielräume innerhalb traditioneller Rollenklischees. Von den Akademien verbannt, entwickeln sich junge Künstlerinnen nurmehr in privaten Kunstschulen, die ihrem Schaffen Grenzen setzen. Es sind die klassischen Aufgabenfelder meist bürgerlicher Frauen, die im Fokus von Berthe Morisot, Mary Cassatt und anderen stehen: Mutterliebe und Hausarbeit bestimmen großflächig die Leinwand.

 

Sonia Delaunay Simultane Kleider (Drei Frauen, Formen, Farben), 1925, Museo Nacional Thyssen-Bornemisza, Madrid © VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: H´Léne Desplechin, Humberto Durán, José Loren

 

Moderne und Avantgarde, 1900-1940 Erst das frühe 20. Jahrhundert führt zu einer endgültigen Befreiung der Kunst aus ihren engen geschlechtsspezifischen Grenzen. Von nun an rückt die künstlerische Innovationsleistung in den Vordergrund, die weniger geschlechtlich gebunden ist, sich zugleich auch von Form, Gegenstand und Genregrenzen löst. Mit der Geschichte der Abstraktion im 20. Jahrhundert beginnt eine Neuordnung der Kunstgeschichte.


„Maestras" ist eine der ersten europäischen Schauen, die einen epochenübergreifenden Überblick über den vielfältigen Beitrag der Frauen zur Geschichte der Malerei liefert. Die Ausstellung ist vom Museo Nacional ThyssenBornemisza konzipiert worden und wird von einem Forschungsprojekt der Universitätsprofessorin Rocio de la Villa begleitet. Für das Arp Museum (Kuratorin Susanne Blöcker) wurde die Ausstellung erweitert und adaptiert. Frühe Werke von Malerinnen wurden ergänzt und zugleich der Dialog mit der Sammlung Rau für Unicef intensiviert, da diese auffallend viele Malerinnen würdigt.
rART/Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

Die Ausstellung „Maestras“ ist bis zum 16.06.2024 zu sehen.
Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Hans-Arp-Allee 1
53424 Remagen
Tel. 02228 / 9425
Öffnungszeiten
DI – SO 11 – 18 Uhr


 

 

 

 

 

 

 

 

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