Archiv 2016
ARCHITEKTUR + KUNST
Collagen aus dem MoMA
Der große Architekt aus Aachen, Ludwig Mies van der Rohe (1886 - 1969), schuf in fünf Jahrzehnten eine Vielzahl von Collagen und Fotomontagen, die auf besondere Weise die Prinzipien seiner Gestaltung in der Architektur verdeutlichen.
Ludwig Mies van der Rohe Museum for a small City, 1942-43. Copyright 2016 MoMA New York, Scala, Florence |
Seine mit Hilfe der Collage visualisierten Ideen sind im Aachener Ludwig Forum ausgestellt. Ihre Provenienz ist bemerkenswert. Kein Geringerer als das New Yorker MoMA, das Museum of Modern Art, ist Leihgeber und Bewahrer dieses einzigartigen Erbes. Das Aachener Haus zeigt diese ungewöhnlichen und großformatigen Arbeiten aus der Hand des international renommierten Baumeisters, an dessen 130. Geburtstag im März dieses Jahres erinnert wurde (mehr), in der Ausstellung „Mies van der Rohe. Die Collagen aus dem MoMA“.
Ludwig Mies van der Rohe Convention Hall. Chicago, Illinois, 1952-54. Copyright 2016 MoMA New York, Scala, Florence. |
Nun ist die Verwendung der Collage keine Domäne der Bildenden Kunst. In der Architektur wurde sie sinnvoller Weise zur Visualisierung von Ideen, die der gewünschten Optik möglichst nahe kommt, eingesetzt. Sie hörte auch nicht mit der Darstellung der Gestaltung eines Gebäudes auf, sondern besetzte auch die emotionale Seite beim Interieur. Technische Zeichnungen sind wenig geeignet, Begeisterung zu wecken, Collagen, die den gedachten Architekturtraum gefühlt in die Wirklichkeit übertrugen, schon. Heute wird die mögliche Wirklichkeit virtuell am Computer erzeugt, früher war es eben die Collage, die diese Aufgabe erfüllte. Und dass Mies van der Rohe auch hierin ein Meister war; davon zeugen die Arbeiten aus dem MoMA. Die Ideenskizzen werden heute gerne als eigenständige Arbeiten, als Kunstwerke gesehen. In der Tat hatte Mies van der Rohe in der Collage ein Medium gefunden, seine künstlerischen Ideen zum Neuen Bauen visionär sichtbar zu machen.
Wie sehr Mies van der Rohe ein Kind seiner Zeit war, ist den genutzten Motiven zu entnehmen. Der Architekt verwendete in fast allen Arbeiten Reproduktionen von Kunstwerken befreundeter oder von ihm sehr geschätzter Künstler, deren Werke er zum Teil selbst sammelte und die im Kontext seiner Ästhetik für ihn offenbar eine besondere Bedeutung hatten. Werke etwa von Paul Klee (mehr), Wilhelm Lehmbruck (mehr), Georges Braque und Aristide Maillol integrierte er bevorzugt in seine Collagen.
Die Ausstellung Abrupte Blickwechsel, die Freiheit von Perspektive, Ort und Zeit, das Montieren von vorgefundenen Elementen und eine auf verschiedene Materialien konzentrierte Ästhetik, wie sie bei Mies van der Rohe zum Einsatz kommen, stehen in einem historischen Kontext zu Künstlern wie Kurt Schwitters, der 1919 mit Collagen aus Abfällen begann (mehr), Theo van Doesburg, dem Filmkünstler Hans Richter oder dem Bauhaus-Lehrer und Fotografen Laszlo Moholy-Nagy (mehr), um nur einige Protagonisten der künstlerischen Avantgarde zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu nennen, die in der Aachener Ausstellung mit ihren Werken, wie auch einige zeitgenössische Künstler, die Collagen von Mies van der Rohe kontextualisieren.
Ludwig Mies van der Rohe Resor House, 1937-1941. Copyright 2016 MoMA New York, Scala, Florence |
Die Schau spannt einen weiten zeitlichen Bogen. Er reicht vom ersten, noch von Ludwig Mies van der Rohe und seinem Bruder Ewald Mies gemeinsam 1910 eingereichten Entwurf für das Bismarck-Denkmal am Rhein bei Bingen - einem monumental klassischen Bau in der Tradition von Karl Friedrich Schinkel - über seine visionären Entwürfe für Glashochhäuser in Berlin (1922) und seine Tätigkeit in den USA ab 1937/38 bis hin zu seinen späten Werken der Sechzigerjahre. Konkret wird dies am Entwurf für die 1968 eröffenete Neue Nationalgalerie in Berlin gezeigt.
Die Präsentation der Werke folgt dabei einerseits der Chronologie der Entwürfe und Projekte von Mies van der Rohe, andererseits beleuchtet sie den zeithistorischen und künstlerischen Kontext.
ruwoi/K2M
Die Ausstellung „Mies van der Rohe – Die Collagen aus dem MoMA“ ist bis zum 12. Februar 2017 zu sehen.
Ludwig Forum
Jülicher Straße 97-109
52070 Aachen
Tel 0241- 1807104
Öffnungszeiten
DI, MI, FR 12 - 18 Uhr
DO 12 - 20 Uhr
SA, SO 11 - 18 Uhr.