rheinische ART
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rheinische ART 12/2018

Archiv 2018

FOTOKUNST
Auf dem Limes durch die Neunziger

 

Der niedergermanische Limes von Remagen bis zur Nordsee war eine nasse Grenze. Schließlich wurde diese markante, fast 400 Kilometer lange natürliche Barriere ausschließlich vom Rhein gebildet.

 

Köln-Langel  Alte Römerstraße, Foto © Volker Döhne, LIMES, Greven Verlag Köln 2018

 

Wir wissen heute: Der römische Limes war sowohl militärische Demarkations- als auch Wohlstandslinie. Er trennte das Land mit der römischen Ordnung, links, von den germanischen Lebensbereichen, rechts, des Stromes. Linksrheinisch verlief ein oftmals schnurgerader Überlandweg, Limesstraße genannt.

 

Bonn Adenauerallee, Tor des Rokoko-Schlosses, heute Universität. Foto © Volker Döhne, LIMES, Greven Verlag Köln 2018

 

Köln Severinskirchplatz, Foto © Volker Döhne, LIMES, Greven Verlag Köln 2018

 

In einem neuen Fotobuch aus dem Greven Verlag ist diese Verkehrsachse durch das antike Niedergermanien, die heute einen Teil des längsten europäischen Bodendenkmals Limes repräsentiert, einmal künstlerisch-dokumentarisch betrachtet worden – und zwar mit Fotoserien aus den frühen Neunziger Jahren.

     Geschaffen wurde damit ein höchst interessantes Bilder-Dokument mit dem Titel LIMES, das die antike Strecke zwischen Bonn und Xanten als eine Abfolge von schwarz-weißen Bildern der Neuzeit erlebbar macht.

     Manches Motiv könnte auch schon vor 50 Jahren abgelichtet worden sein, wären da nicht die relativ modernen Autos im Bild. Es ist wie ein Blick in ein altes Schaufenster, dabei Fotokunst mit stilistisch unverkennbarer Handschrift der berühmten Düsseldorfer Fotoschule.


Das Bildwerk stammt von dem Fotografen Volker Döhne (*1953), einst Schüler in der legendären ersten Klasse von Bernd Becher (mehr) an der Düsseldorfer Kunstakademie. Döhne hat den Limes-Abschnitt vom einstmaligen Bundeskanzleramt bis fast zur niederländischen Grenze in den Jahren 1993 und 1994 fotografiert.

 

Köln-Worringen Hafenanlagen Neusser Landstraße, Foto © Volker Döhne, LIMES, Greven Verlag Köln 2018


Die Fotoserien entstanden im Wesentlichen entlang der heutigen Bundesstraße 9 (B 9), die in längeren Abschnitten der römischen Limesstraße folgt. Diese über 2000 Jahre alte Trasse war eine der wichtigsten Fernrouten am Niederrhein. Der Limesstrecke folgten im Zuge technischer Verbesserungen moderne Straßenbauten im 17. und 18. Jahrhundert.

     Aus der „Basel-Nimwegener Straße“ wurde 1811 unter Napoleon die „Route impérial Nr. 86“, danach die „Cöln-Nymwegener Staatsstraße“. 1932 hieß sie Fernverkehrsstraße 9 (FVS 9) und zwei Jahre später während des NS-Regimes wurde aus ihr die Reichsstraße 9 (R 9).

 

Duisburg-Rumeln-Kaldenhausen Düsseldorfer Straße, Foto © Volker Döhne, LIMES, Greven Verlag Köln 2018

 

Krefeld-Gellep-Stratum Abstecher zum Castell Gelduba, Foto © Volker Döhne, LIMES, Greven Verlag Köln 2018

 

Wer den Fotoband durchsieht, begibt sich auf eine Zeitreise in einen Teil des alten Westdeutschlands, das sich gerade anschickte, in eine neue Zeit zu wechseln: in eine Bundesrepublik Deutschland mit sechszehn Ländern.

     Die Fotografien konfrontieren den Betrachter mit Denkmälern, urbaner Infrastruktur, Straßenbrücken, Wohn- und Kaufhäusern, Parks, Industrie- und Hafenarealen, Baumärkten und allerlei anderen solitären Baukörpern mit mehr oder weniger architektonischem Zeugniswert. Alle entlang der antiken Limesstraße gelegen.

     Es sind teils realistisch harte Momentaufnahmen, fast durchweg menschenleer, tiefenscharf und kontrastreich. Sie zeugen von schnellem Wiederaufbau, kriegsbedingten Baulücken, planlosen Modernisierungsversuchen und landschluckenden Industrieflächen – fünf Jahrzehnte nach Kriegsende und mitten im beginnenden West-Ost-Einigungsprozesses.

     Es sind Dokumente von einer Welt, die bereits heute nicht mehr so existiert.

 

Bonn  Adenauerallee, Adenauer-Büste Foto © Volker Döhne, LIMES, Greven Verlag Köln 2018

 

Keines der Döhne-Fotos dürfte, gewollt oder ungewollt, diese Prozessphase vor einem Vierteljahrhundert eindrucksvoller und nachdenklicher unterstreichen, als das Auftaktbild. Es zeigt das überdimensionale Bronzeportrait des Rheinländers und ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer. Der rund 2,50 Meter hohe Portraitkopf auf dem Bundeskanzlerplatz ist der Bundesstraße 9 zugewandt, die nördlich der Plastik Adenauerallee und südlich davon Willy-Brandt-Allee heißt.

     Es ist ein politisches Ehrenstandbild am Ende der früher „Diplomatenrennbahn“ getauften Teilstrecke und ein Zeugnis der Bundesrepublik Deutschland mit der Hauptstadt Bonn. Treffend wirft in dem Begleittext der Mitautor und Kunsthistoriker Steffen Siegel angesichts der beeindruckenden Fotografien und der Adenauer-Büste die Frage auf: „Ist die Bonner Republik heute nicht längst unsere eigene Antike geworden?“
cpw


Der Publikation liegt ein ebenso stringentes wie bemerkenswertes Gestaltungskonzept zugrunde. Während rechts, wie der Greven Verlag hervorhebt, „der stete Blick geradeaus den Weg bestimmt, lassen die linken Buchseiten das Suchen, Orientieren und Mäandern“ des reisenden Foto-Chronisten erleben. Und dies mit durchaus manchen Erkenntnissen. Bei der Esso-Tankstelle in Xanten (S. 190) kostete der Diesel aufgerundet 1,04 D-Mark und das ehemals „größte Fotohaus der Welt“, die Foto Porst AG, unterhielt noch eine Ladenkette (Neuss, Niederstraße S. 123).


Literaturhinweis
LIMES. Grenzgänge eines Fotografen von Bonn bis Xanten
Volker Döhne (Fotografien)/ Steffen Siegel, Marcus Trier (Text)
Greven Verlag Köln
192 Seiten mit 420 Abbildungen
Gebunden, 28 x 21 cm
ISBN 978-3-7743-0699-8

28 Euro

 

 

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