Archiv 2019
LENKBARES LICHT
Leuchtende Evergreens
Bewegliche Leuchten werden seit 100 Jahren produziert. Ihre ästhetische Kraft lässt sie am Arbeitsplatz, im Büro wie in der Wohnatmosphäre stimmig erscheinen.
Scherenleuchte Curt Fischer, 1919, Sammlung Einsiedler / Midgard, Foto: © Jenner-Egberts Foto+Film; MAKK 2019 |
Im Rahmen des diesjährigen Bauhaus-Jubiläums erinnert das Kölner Museum für Angewandte Kunst (MAKK) daran, dass die gestalterische Avantgarde der 1920er Jahre in der berühmten Dessauer Kunstschule (mehr) auch die Lichtgeräte für sich entdeckte.
Midgard „113“ Curt Fischer, 1924, Sammlung Einsiedler / Midgard, Foto: © Jenner-Egberts Foto+Film; MAKK 2019
Midgard „113“ in der von Marcel Breuer eingerichteten Wohnung/Weißenhof-Siedlung Stuttgart während der Ausstellung des Deutschen Werkbundes „Die Wohnung“, 1927, Foto: © Dr. Lossen & Co., Archiv Midgard GmbH; MAKK 2019
"Tizio“ Richard Sapper für Artemide, 1970, Foto: © Jenner-Egberts Foto+Film; MAKK 2019
Kandem-Schwenkleuchte „830“ Heinrich Siegfried Bormann für Körting & Mathiesen, 1931, Sammlung Einsiedler / Midgard, Foto: © Jenner-Egberts Foto+Film; MAKK 2019
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Der zeitliche Ausgangspunkt für die beweglichen Lampen war vor allem das Jahr 1919. Die Elektrizität und die elektrische Beleuchtung drangen landesweit in Fabrik und Wohnung vor (mehr).
Der Konstrukteur und Ingenieur Curt Fischer (1890–1956) aus Thüringen präsentierte im selben Jahr seinen „verstellbaren Universalwandarm“ und ließ ihn patentieren. Es war, wie so oft bei Innovationen, eine Erfindung aus der Not heraus. Um die „Verschattung“ der Arbeitsplätze durch senkrechten Lichteinfall zu umgehen, entwickelte Fischer für seine Maschinenfabrik zunächst für den Eigenbedarf „Spezialbeleuchtungsgeräte“, Leuchten mit großer Beweglichkeit und vielseitigem Nutzen.
Das Licht sollte sozusagen von allen Seiten die Werkstätten und Planungsbüros erhellen. Fischer gilt heute als der „Erfinder des lenkbaren Lichts“ und ist damit Teil der deutschen Kulturhistorie.
Später gründete er den Leuchtenhersteller „Midgard“, dessen moderne Lichtgeräte am Bauhaus bei den Architekten, Fotografen, Typografen oder Malern zur hochgeschätzten Standardausrüstung avancierte. Speziell in den Metallwerkstätten in Dessau wurde Fischers berühmte Scherenleuchte – auch Lichtbogen oder verstellbarer Wandarm genannt – eingeführt. Einer der größten Bewunderer von Fischers Design und Technik war Bauhausgründer Walter Gropius selbst, der die beweglichen Leuchten auch in seiner Privatvilla installierte.
Die Ausstellung im MAKK zeigt ausgewählte Beispiele beweglicher Beleuchtung unterschiedlicher Hersteller und Designer bis in die aktuelle Zeit.
Darunter auch Evergreens wie die berühmte italienische Halogenleuchte „Tizio“ für Artemide, ein Chefbüro-Klassiker bis heute. Anhand von Originalleuchten, Patenten, Briefen und Zeichnungen sowie kurzen Filmen wird insbesondere die Evolution der Leuchten des Unternehmens „Midgard“ dargestellt.
Parallele und aktuelle Entwicklungen verschiedener Gestalter und Hersteller, darunter die Unternehmungen Körting & Mathiesen (Kandem), Gebr. Kaiser (Kaiser idell), Erco sowie Nimbus runden das Bild ab. Die Ausstellungsarchitektur (PLY atelier) basiert auf bis zu drei Meter aufragenden Stahlrohrelementen des Möbelherstellers Thonet – in Hommage an 100 Jahre Bauhaus.
rART
► Der Firmenname „Midgard“ ist der nordischen Mythologie entliehen und steht für Welt oder Erde. Das ursprüngliche Unternehmen bestand unter dem geschützten Namen bis zur Insolvenz 2011. Seit 2015 wird es als Midgard Licht GmbH mit Sitz in Hamburg geführt.
Die Ausstellung „100 Jahre lenkbares Licht – Ursprung und Aktualität beweglicher Beleuchtung“ wird bis zum 24. Februar 2019 gezeigt.
Museum für Angewandte Kunst Köln
MAKK
An der Rechtschule
50667 Köln
Tel. 0221 / 221 267 14
Öffnungszeiten
DI – SO 10 - 18 Uhr