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rheinische ART 09/2024

FOTOGRAFIE
Tausendsassa(s)


Die Hollywood-Ikone Yul Brynner hat es getan, Italiens Kino-Sexsymbol Gina Lollobrigida ebenfalls: Sie fotografierten quasi nebenberuflich oder später auf dem Altenteil.

 

Lars Eidinger Peking, 2013, C-Print Spiegelreflexkamera-Aufnahme,136,5 x 91 cm © Lars Eidinger. Bildquelle © Kunstsammlung NRW 2024

 

Silvester Stallone hingegen bevorzugte die Öl-Malerei (mehr). Was Filmgrößen neben ihrer Schauspielerei noch sonst in Sachen Kreativität halt so tun. Der deutsche Schauspieler Lars Eidinger (*1976) offenbart neben Bühnenarbeit und Filmproduktion ebenfalls eine bemerkenswerte Zusatzqualifikation in der Fotografie.

 

Lars Eidinger New York, 2019, C-Print Filmstill Smartphone-Aufnahme, © Lars Eidinger. Bildquelle © Kunstsammlung NRW 2024


Lars Eidinger Salzburg, 2021, C-Print 44 x 33 cm (40 x 30) Smartphone-Aufnahme © Lars Eidinger. Bildquelle © Kunstsammlung NRW 2024

 

Mit einer gewissen Regelmäßigkeit präsentiert er, unter voller Nutzung der Marketing-Klaviatur, Fotoarbeiten, die er da und dort en passant mit Handykamera oder Spiegelreflex-Apparaten geschaffen hat.

     Dazu gibt es Fotobuch-Publikationen. Der zweite Bildband ist jüngst beim renommierten Verlag Hatje Cantz erschienen und titelt „O Mensch“. Derzeit ist im Düsseldorfer K21 eine Schau mit demselben Titel zu sehen. Lars Eidinger also: Ein Mann mit mindestens zwei Talenten? Das kann man so sehen!


Der Berliner gilt zu Recht als einer der profiliertesten Schauspieler Deutschlands. Gefeiert, so betont sein Verlag, werde er „für seine expressiven Auftritte von großer performativer Kraft als langjähriges Ensemblemitglied der Berliner Schaubühne, sowie für seine abgründigen und zugleich von einer geradezu zärtlichen Sensibilität geprägten Darstellungen im Film.“ Es sei da an seine große Rolle als genussheischender reicher Bonviveur Jedermann in Salzburg 2022 erinnert.


Die Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen zeigt nun im K21 die „erste monografische Museumsausstellung des Schauspielers und Künstlers“. Es handelt sich bei der Fotoschau „O Mensch“ um eine opulente Auswahl von Fotografien und Videos, die – bis auf wenige Ausnahmen – zwischen 2018 und 2024 entstanden sind. Die zumeist unterwegs aufgenommenen Fotos vermitteln den Blick des vielreisenden Schauspielers auf die Welt.

     Ob an Gastspiel- oder Drehorten wie Kyoto, London, Paris, Peking, Tokio, Sydney, Seoul, New York, in seiner Heimatstadt Berlin oder im westfälisch-ländlichen Gronau – Eidinger lenke den Blick auf abseitige, unscheinbare Details und vergrößert sie. Vermeintlich nebensächliche Situationen werden so zärtlich wie schonungslos in all ihren Widersprüchen festgehalten, betont das ausstellende Haus.

 

Lars Eidinger O Mensch, Installationsansicht, SW-Abzüge 90 x 60 cm, Spiegelreflexkamera-Aufnahmen. © Kunstsammlung NRW, 2024. Foto: Achim Kukulies


Der Berliner Tagespiegel stellte am 8. Dezember 2023 anlässlich der Präsentation von „O Mensch“ als Buch fest: „Eidingers geniales künstlerisches Ich lässt sich am allerbesten auf der Bühne beobachten. Als Fotograf lernt man in ihm den Menschen kennen. Den flanierenden Kameraträger, der im Banalen das Universelle der menschlichen Verfasstheit aufscheinen sieht.“

     Lars Eidinger ist ohne Zweifel einer der bedeutendsten deutschen Schauspieler seiner Generation. Seit Beendigung des Schauspielstudiums an der HfS Ernst Busch 1999 ist er Mitglied im Ensemble der Berliner Schaubühne. Neben zahlreichen nationalen und internationalen Film- und Fernsehproduktionen ist er auch als DJ und bildender Künstler tätig. Ausstellungen zeigte er unter anderen im Neuen Aachener Kunstverein bereits 2019, in der Hamburger Kunsthalle (2021) und in der Stadtgalerie Klagenfurt (2023).

 

Lars Eidinger O Mensch, Installationsansicht © Kunstsammlung NRW 2024. Foto: Achim Kukulies

 

Lars Eidinger Paris, 2021, C-Print 44 x 33 cm (40 x 30) Smartphone-Aufnahme © Lars Eidinger. Bildquelle © Kunstsammlung NRW 2024

 

Die Ausstellung im K21 bietet etwa 100 Fotografien, 12 Videos und einen frühen Super8Film. Hinzu kommen einige skulpturale Fundstücke (objets trouvés). Ein roter so genannter Skydancer, ein Werbe-Objekt für den Außenraum mit von Luft gefüllten, röhrenartigen Gliedmaßen, karikiert die menschliche Bewegung slapstickhaft.

     In den Ausstellungsräumen der Bel Etage ergänzt eine eigens für die Exposition realisierte Textebene die ausgestellten Arbeiten. Es sind kurze Gedichte in der Form japanischer Haiku der vielfach ausgezeichneten, in Berlin lebenden japanischen Dichterin Yoko Tawada (*1960).


Aus der Menge der Fotos kristallisiert sich thematisch der Alltag in den weltweit von Glücksversprechen und Tristesse geprägten Innenstädten heraus, heißt es im Museum.

     Diese urbanen Bilder spiegeln skurrile Bausünden, absurde Wegeführungen und oft sinnlose, menschenfeindlich gestaltete Stadtmöblierungen. Bäume und Büsche sind von Zäunen, Geländern und Bordsteinen eingezwängt. „O Mensch“ - Der Ausstellungstitel ruft mit einem berühmten Gedicht von Friedrich Nietzsche die existentielle Dimension der Fotografien und Videos auf.
rART/K2M


Die Ausstellung Lars Eidinger. O Mensch wird bis zum 26. Januar 2025 gezeigt.
Kunstsammlung NRW
K21 STÄNDEHAUS

Ständehausstraße 1
40217 Düsseldorf
Tel. 0211 / 83 81-204
Öffnungszeiten
DI – FR 10 – 18 Uhr
SA + SO 11 – 18 Uhr

 

Publikationshinweise:
♦ Lars Eidinger, Autistic Disco. Berlin 2019 (Hatje Cantz Verlag). Mit einem Essay von Simon Strauß (dt./engl) ISBN 978-3-7757-4781-3
♦ Lars Eidinger, O Mensch. Berlin 2023 (Hatje Cantz Verlag). Mit Gedichten von Yoko Tawada (dt./engl) ISBN 978-3-7757-5311-1

 

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