Archiv 2014
KUNST UND POLITIK
„Europa“
Die vom Neusser Künstler Dieter Patt geschaffene Skulptur „Europa“ hat im polnischen Mikolow einen würdigen Platz erhalten. In einer Grünanlage vor der dortigen Kreisverwaltung wurde das drei Meter hohe und tonnenschwere Kunstwerk aus Stahl jetzt spektakulär enthüllt. Mit Pechfackeln angezündet machte sie erst einmal als Feuersäule auf sich aufmerksam.
Noch ist sie verborgen: Mit Pechfackeln wird das um die "Europa" gewickelte Papier in Flammen gesetzt. Foto: Zdzislaw Wiktor Kucharczyk |
Die „Europa“-Skulptur von Dieter Patt im polnischen Mikolow ist enthüllt (von links): Dieter Patt, Henryk Jaroszek und Hans-Jürgen Petrauschke.
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Dass ein Kunstwerk im öffentlichen Raum aufgestellt wird, ist ungewöhnlich nicht. Dass aber der Künstler langjähriger Landrat war und als solcher sich um die deutsch-polnischen Beziehungen auf Kreisebene intensiv bemühte, schon. „Ein Kunstwerk kann manchmal mehr herüberbringen als Bücher oder Urkunden“, so Patt. Und so stehe seine Skulptur „für das neue Europa, das Antwort auf unsere kriegerische Vergangenheit ist, aber auch Antwort auf unser Verlangen nach einer Gegenwart und Zukunft in Frieden“. Damit dies gelinge, müsse eine Partnerschaft aber stets auch durch konkrete Projekte mit Leben erfüllt werden, sagt er weiter.
Deshalb wird der Künstler im Juli zu einem Kongress nach Mikolow reisen, bei dem es um den örtlichen Biopark geht, der Bestandteil des Europäischen Gartennetzwerks EGHN mit Sitz auf dem niederrheinischen Schloss Dyck werden könnte. „Bei dem Gelände handelt es sich um eine ehemalige russische Raketenstation. Die Parallelen zu unserer Raketenstation Hombroich sind also unübersehbar“, so Patt.
Weitblick Er muss es wissen, denn in seiner Zeit als Landrat im Rhein Kreis Neuss hatte er einen erheblichen Anteil daran, dass es das berühmte Museum Insel Hombroich gibt. Der Sammler und Mäzen Karl-Herbert Müller suchte damals einen geeigneten Ort für seine Sammlung und als Visionär Menschen, die sich auch Erstaunliches vorstellen können. Nun war es keinesfalls so, dass Karl-Heinrich Müller in den Kommunen offene Türen erwarteten. Aus heutiger Sicht, wo das Museum Insel Hombroich weltweit einen extraordinären Status genießt, unvorstellbar. Doch Dieter Patt, auch als Landrat bereits Künstler, weiß um den nachhaltigen Wert von Kunst, ihre Bedeutung als Standortfaktor und machte sie möglich, die Insel Hombroich in der Erftaue, zu der auch die Raketenstation (mehr) zählt. Hier ruhten sie unter der Erde, die amerikanischen Raketen während des Kalten Krieges zwischen Ost und West, jederzeit einsatzbereit. Und heute? Das Areal präsentiert sich als Plattform für realisierte architektonische Denkmodelle wie der Siza-Pavillon (mehr) oder das Musikerhaus von Raimund Abraham (mehr), ist Ausstellungsort (Langen Foundation mehr), Arbeitsstätte und Heimat für Künstler.
Partnerschaften Dieter Patt und sein Amtsnachfolger Hans-Jürgen Petrauschke reisten gleich aus drei Gründen nach Mikolow. Gefeiert wurde die 20-jährige Partnerschaft zwischen den Städten Mikolow, Laziska Gorne und Orzesze sowie den Gemeinden Ornontowice und Wyry, also dem heutigen Kreis Mikolow, die Partnerschaft mit dem Rhein-Kreis Neuss sowie das 15-jährige Bestehen des Kreises Mikolow und der Beitritt Polens zur Europäischen Union vor zehn Jahren.
Dem Beginn der Partnerschaft war der deutsch-polnische Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit von 1991 vorausgegangen. Das Bundesinnenministerium suchte damals fünf deutsche Kreise für die Aufgabe, in Polen ausgesuchte Städte und Gemeinden beim Aufbau demokratischer Verwaltungsstrukturen zu beraten und bei der Bildung von Kreisen zu unterstützen. Der Rhein-Kreis Neuss griff die Idee gern auf.
Irmgard Ruhs-Woitschützke