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rheinische ART 08/2015

Archiv 2015

Zum Schutz von Kulturgut in Deutschland

 

Meinung In der allgemeinen Gemengelage so unterschiedlicher Meinungen und Interessen zur geplanten Novellierung des „Kulturgutschutzgesetzes“ kann der interessierte Kunstliebhaber leicht die Orientierung verlieren. Auch wir in der Redaktion registrieren mit Erstaunen, oft mit Zustimmung, so manche Äußerung, die in den Medien kursiert oder uns per Newsletter erreicht.

     Fragen stellen sich. Aber was zur Sache fragen? Es gibt noch keinen Gesetzestext, der ernsthaft von den Politikern zur Verabschiedung auf den Weg gebracht wird. Zu Entwürfen dahin müssen wir uns nicht zwingend äußern, sind sie doch Zwischenschritte, die besser unter den Experten aller beteiligten Interessengruppen diskutiert werden.
     Im Gegensatz zur allgemeinen Aufgebrachtheit ist die Stellungnahme der beiden Künstlervereinigungen Deutscher Künstlerbund und Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler hierzu bemerkenswert schlichtend und sachlich. Sie lesen diese, wenn Sie möchten, etwas weiter unter diesem Text.
     Eines allerdings stimmt uns nachdenklich. Wie ist es möglich, dass ein offensichtlich mangelhafter Gesetzentwurf, der die Entrüstung höchste Wellen schlagen lässt, in der Form, wie er an die Öffentlichkeit gelangte, überhaupt geschrieben wurde? Was denkt man in den Köpfen der Zuständigen im Kulturstaatsministerium? Wie viel Kompetenz gibt es dort? Oder Ignoranz? Vielleicht ist unsere Kulturstaatsministerin Grütters gut beraten, einmal darüber nachzudenken.
Irmgard Ruhs-Woitschützke

 


 

Gemeinsame Pressemitteilung zum Kulturgutschutzgesetz vom Deutschen Künstlerbund und Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler, beide Berlin, vom 03.08.2015

 

„Kunst und Kultur dürfen nicht ausschließlich unter merkantilen Gesichtspunkten wahrgenommen und verhandelt werden.“

 

Seit der Entwurf eines neuen Gesetzes zum Schutz von Kulturgut in Deutschland öffentlich wurde, tobt in den Medien ein Sturm der Entrüstung: Da wird ein heraufziehendes »massives Galeriesterben« beschworen, Künstlerinnen und Künstler sehen ihre »Existenz bedroht«, Befürchtungen werden laut, das Gesetz »könne zur totalen Kontrolle des Staates über den privaten Kunstbesitz führen«. Die Reaktionen sind vielfältig, oftmals eigennützig, manch berühmte Künstler lassen ihre bereits steuerbegünstigten Leihgaben aus Museen entfernen und deklarieren ihre Werke damit kurzerhand gar zu nationalem Kulturgut.

     Dass Künstlerinnen und Künstler, dass die Galerien und der Kunsthandel merkantile Interessen haben, ist absolut legitim. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer für Kunstverkäufe belastet diesen Markt ebenso wie andere Abgaben und Kosten. Es wäre wünschenswert, würden in diesem Zusammenhang die Finanzminister der Länder, welche letztlich diese Erhöhung durchgewunken haben, ihre Haltung nochmals überdenken und sich der von der Staatsministerin präferierten Lösung der Margenbesteuerung nach französischem Vorbild annehmen. Dass bei der fraglos kritischen Lage der Galeristen und des Kunstmarktes ein Gesetz zur Sicherung von Kulturgut neue Ängste aufziehen, mag auf den ersten Blick verständlich sein, doch ein differenzierter Blick auf die Gesetzesvorlage wäre für alle Beteiligten außerordentlich hilfreich.

     Von Beginn an wurde von der Kulturstaatsministerin mehrfach erklärt, dass der Entwurf überarbeitet werden würde, Änderungen wurden bereits angekündigt. Manche Aspekte des Entwurfes der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gilt es ohnehin noch auf den Prüfstand zu stellen, sofern sie den an der Schaffung und Verbreitung von Kulturgütern Beteiligten nachhaltig schaden könnten. Zu klären sind überdies die Kriterien, die schützenswertes Kulturgut definieren, und es ist sicherzustellen, dass trotz der Zuständigkeit der Länder einheitliche Verfahren mit kompetenten Sachverständigen eingeführt werden.

     Kulturstaatsministerin Monika Grütters setzt mit diesem Gesetzentwurf eine EU-Richtlinie um, welche die Rückgabe von geraubten Kunst- und Kulturgütern zu regeln hat. Dass sie im Zuge dieser Umsetzung zugleich auch den Schutz von Kulturgut, der bisher in drei verschiedenen Gesetzen geregelt ist, in einer neuen, aktualisierten Fassung zusammenführt, ist durchaus sinnvoll. Damit passt sich Deutschland der internationalen Rechtslage an, und dies auf der Grundlage einer entsprechenden UNESCO-Konvention von 1970.
     Doch ein wichtiger Aspekt darf bei der ganzen Debatte nicht vernachlässigt werden: Kunst und Kultur dürfen nicht ausschließlich unter merkantilen Gesichtspunkten wahrgenommen und verhandelt werden. Dies hat die Enquete-Kommission »Kultur in Deutschland« des Bundestages in ihrem Schlussbericht 2007 deutlich formuliert, und die Künstlerverbände BBK und Deutscher Künstlerbund haben seit jeher auf die Notwendigkeit eines Diskurses über Kunst außerhalb marktorientierter Interessen verwiesen.

     Wenn die aufgeregte Diskussion über das geplante Kulturgutschutzgesetz auch dazu führt, die Diskussion über den Wert von Kunst für eine Gesellschaft neu zu beleben, wäre dies ein Sekundäreffekt, den wir Künstlerinnen und Künstler außerordentlich begrüßen würden. Denn wenn Kunstwerke zu reinen Spekulationsobjekten werden, wird Kultur als identitätsstiftende Größe grundsätzlich in Frage gestellt. Dies kann nicht im Interesse einer Kulturnation sein, und dies kann auch nicht im Interesse all derer liegen, die mit der Herstellung und Verbreitung von Kunst befasst sind.

 

Werner Schaub
Bundesvorsitzender und Sprecher des Bundesvorstandes
Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler (BBK)

 

Frank Michael Zeidler
Erster Vorsitzender
Deutscher Künstlerbund

 

 

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