rheinische ART
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rheinische ART 08/2014

Archiv 2014

KÖLNER STIPPVISITE
SAM – One Objekt Show

 

Ein eleganter Altbau in der Südstadt (ver)birgt einen selbst für Kölner Verhältnisse ungewöhnlichen Kunst-Ort. Man steht vor dem Klingelschild und fragt sich: Was ist es?

 

(w)hole von Heather Sheehan bei SAM Selected Art Models ©Foto Alistair Overbruck

 

Eine Galerie? Ein privates Museum? Nichts von alledem. Die offizielle Website erklärt SAM (Selected Art Models) wie folgt: „SAM ist ein privater Raum … darauf spezialisiert, nur eine Wandarbeit einer/s Künstlers/In zu zeigen. SAM ist keine Galerie (hier kann Kunst weder erworben noch verkauft werden). SAM ist ein Raum für Kunst ... um Kunst zu sehen, über Kunst zu sprechen ... ‚for the sake of it’.” So mancher von Kunsteventen verwöhnte Rheinländer wird die Treppen in den dritten Stock vielleicht mit Skepsis ersteigen, wo derzeit Heather Sheehan ausstellt und bereits - der Ankunft des Gastes kundig - mit der Zubereitung eines Matcha-Tees zugange ist.

 

Nein, ihre Wohnung sei das nicht, beteuert die Künstlerin - kaum zu glauben, dass sie das vollkommen neidlos sagt. Denn besser kann man in der Kölner Südstadt eigentlich gar nicht residieren. Sofort entsteht ein Bild des Bewohners im Kopf. Establishment, ja, aber raffiniert und unverkennbar weiblich. Kunstbücher türmen sich im frei zugänglichen Arbeitszimmer und die offene Küche macht nicht den Eindruck, als ob sie zu häufig benutzt würde. Obwohl sich keinerlei weitere Rückschlüsse auf den Eigentümer ziehen lassen überkommt einen das Gefühl, ungewollt in eine Privatsphäre zu dringen - bis man schließlich den hellen Raum betritt, der sonst vielleicht ein Wohnzimmer gewesen wäre. Weiße Wände, Parkettboden, russische Beleuchtung. Augenfälliges Möbelstück: Ein opulentes Sofa im Stile Eileen Grays - offenbar ein Selbstentwurf. Und an der Wand eine gewaltige Graphitzeichnung.

 

(w)hole (Ausschnitt) von Heather Sheehan bei SAM Selected Art Models ©Foto Alistair Overbruck

 

Der Eigentümer lege großen Wert darauf, sich nicht zu erkennen zu geben, erklärt Heather Sheehan. Er sei ohnehin gerade verreist. „Er“? Doch wohl eher „sie“, doch Namen tun hier nichts zur Sache, denn in diesem Raum geht es einzig und allein um die Kunst. Jedes Jahr wird an dieser Wand, in diesem Raum, ein neues Kunstwerk gezeigt. Ein einziges nur, wohlgemerkt. Seit 2002 wird das so gehandhabt und viele bekannte Namen wie Mary Bauermeister und Goran Petercol haben auf dieser mysteriösen Wand bereits gemalt, gezeichnet, installiert ...

     Nun also Heather Sheehan. Die gebürtige New Yorkerin wohnt seit über 20 Jahren in Köln. Bekannt geworden ist sie hierzulande vor allem mit surreal anmutenden Plastiken und Zeichnungen, doch bereits in ihrer New Yorker Zeit hat sie mit verschiedenen Performances, etwa 1988 am New York Public Theater, Aufmerksamkeit erlangt. Ein Besuch des damaligen Kurators des Rheinischen Landesmuseums in Bonn, Klaus Honnef, im Atelier der Künstlerin führte 1993 zu ihrer ersten Ausstellung in Deutschland. Ein Glücksfall, wie sich herausstellen sollte. Das Wilhelm-Lehmbruck Museum in Duisburg zeigte ihre Arbeiten mehrmals und das Bonner Kunstmuseum nahm eine Videoarbeit in die Sammlung auf.

 

(w)hole Die aus ungezählten feinen Graphitstrichen bestehende Zeichnung nimmt die gesamte Wand ein und spart lediglich ein zentrales, etwa türgroßes Rechteck aus. Achtet man genau auf den Verlauf der Linien, so wird offensichtlich, dass diese über die Raumecken auf die nächstgelegene Wand verlaufen und dort ausfransen. Es sind diese Details, welche die Arbeit lebendig wirken lassen. Die scheinbar unentwirrbaren Linien zeigen sich greifbar, stoffartig. Der imaginäre Durchgang vergrößert den Raum merklich. Auf einmal wirkt der in seiner Leere ohnehin beeindruckende Raum merkwürdig abgeschieden in seinem eigenen architektonischen Umfeld.

 

(w)hole von Heather Sheehan bei SAM Selected Art Models ©Foto Alistair Overbruck


Mit einem Mal flutet Sonnenlicht die Räumlichkeit. Diese unvorhersehbare Launenhaftigkeit der Natur schärft den Blick und bringt die Erkenntnis: (w)hole ist nicht allein die Wandarbeit, sondern ist eine Installation. Eine kleine weiße Figur steht am Fenster; ein Text liegt lesebereit auf einer schmalen Bank, postiert gegenüber der vorgestellten Türöffnung.

 

Öffentlich / privat Es ist ruhig, der Betrachter hat das Werk für sich. Und Zeit. Die Stille verdeutlicht: Es ist kein Museum, keine Galerie und es wäre falsch, diesen „Raum für Kunst“ trotz seiner Zugänglichkeit einen „öffentlichen“ zu nennen. Es ist ein zutiefst privater Ort und - wahrhaft gastfreundlich. Genau so wie die Vernissagen und Finissagen, die jeweils den Beginn und das Ende einer Werkperiode markieren und die sich als alljährliches örtliches Ereignis bereits fest etabliert haben. Ob man bei dieser Gelegenheit mit etwas Glück auch auf den Hausherrn treffen könnte?
RMW

 

SAM - Selected Art Models
Besichtigung auf Anfrage
www.selectedartmodels.wg.am


 

 

 

 

 

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