rheinische ART
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rheinische ART 06/2024

GESUNDHEIT
Kann Kunst heilen?


Das Bedürfnis nach einem gesunden und besseren Leben ist heute präsenter als je zuvor. Und dass Kunst das Wohlbefinden und die Heilung fördern kann, ist allgemein bekannt.

 

Plakatmotiv zur Ausstellung Heilende Kunst - Wege zu einem besseren Leben. Foto © LA8 Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts, Baden-Baden  2024

 

Es ist erwiesen, dass etwa Malerei in Form von Naturmotiven bei Leidenden zu einer geringeren Schmerzwahrnehmung führen kann, die Nervosität reduziert, die innere Ruhe steigert und den Heilungsprozess unterstützt.

 

Hermann Hesse Nr. 77, 1924, Aquarell, 25 x 24 cm, Privatbesitz © Martin Hesse Erben. Bildquelle © Museum LA8 Baden- Baden 2024

 

Im besten Falle wandelt der Heilsuchende durch einen naturbelassenen baum- und blumenreichen Kurpark, vorbei an Skulpturen und anderen Kunstwerken, am Arm den berühmten „Kurschatten (m/w/d)“ und erbaut sich an Menschlichem wie Liebe, Zuneigung und Zuwendung sowie eben an Künstlerischem.
     Im Museum LA8 im Kurort Baden-Baden ist das Thema derzeit Gegenstand einer Ausstellung. Heilende Kunst – Wege zu einem besseren Leben ist der Titel der Schau, die gut in die berühmte Thermalstadt passt.

 

Else Blankenhorn 200 SEIDUBLONEN, 1908-1919, Öl auf Leinwand, 21 x 27,6 cm, Inv.Nr. 1891c, © Sammlung Prinzhorn, Universitätsklinikum Heidelberg. Bildquelle © Museum LA8 Baden-Baden 2024

 

Die Ausstellung steigt tief ein in die Historie um die Fragen von Kunst und Gesundheit. Das Haus fragt: Wer waren die Heils- und Sinnsuchenden, die Aussteiger, die nach alternativen Lebensmodellen strebten und lebten? Welche Heilansätze griff die Kunst auf? Kann das Erleben von Natur heilsam sein? Bereichert die Beschäftigung mit Spiritualität unser Leben? Oder ganz einfach: Kann Kunst heilen?
     Ausgehend von der Bewegung der Lebensreform greift die Präsentation verschiedene Formen der Heilssuche in Kunst und Gesellschaft seit dem späten 19. Jahrhundert auf. Sie ergründet, woher die Sehnsucht nach einem heilsameren, gesunden Leben stammt.

 

 

Karl Wilhelm Diefenbach Du sollst nicht töten, 1902, Öl auf Leinwand, 90 x 45 cm, © Städel Museum, Frankfurt am Main. Bildquelle © Museum LA8 Baden- Baden 2024

 

Die Präsentation beginnt mit den „Propheten-Künstlern“ wie Karl Wilhelm Diefenbach (1851–1913) und Fidus (1868–1948), alias Hugo Höppener. Als Vegetarier, Nudisten und Gründer von Lebensgemeinschaften strebten die Künstler danach, das gesellschaftliche Leben zu reformieren.

     Die Schau spannt einen Bogen von diesen Lebensreformern hin zu Künstlerkolonien wie der Grötzinger Malerkolonie bei Karlsruhe, in der ab 1890 Kunstschaffende verschiedenster Form lebten. Oder dem Schweizer Alpen-Sanatorium Monte Verità in Ascona, einer der wichtigsten künstlerischen Treffpunkte vor dem Ersten Weltkrieg. Der Bergort wurde Zufluchtspunkt für Weltverbesserer, Freikörperfreunde und Außenseiter aller Art, für Künstler, Philosophen und Intellektuelle.

     Ob Hermann Hesse, Ernst Ludwig Kirchner, Else Lasker-Schüler (mehr), die freigeistige Expressionistin Marianne von Werefkin, der englische Literat D.H. Lawrence, Hans Arp (mehr) oder Hugo Ball (mehr), sie alle wollten dort Licht, Luft, Sonne, Wasser und romantisierten alles zu einem Gesamtkunstwerk.

     Hermann Hesse (1877–1962) kommentierte einmal unverblümt: „Es ist so, daß ich längst nicht mehr leben würde, wenn nicht in den schwersten Zeiten meines Lebens die ersten Malversuche mich getröstet und gerettet hätten.“

 

Luft- und Sonnenbäder, o.D., © Fondazione Monte Verità. Bildquelle © Museum LA8 Baden-Baden 2024

 

Ernst Ludwig Kirchner Farbentanz, Zeichnungsstock, 1933, Holzstock, 49.9 cm x 35.1 cm x 1.4 cm, Inv. 1957 II 1a, © Staatliche Kunsthalle Karlsruhe. Bildquelle © Museum LA8 Baden-Baden 2024

 

Derartige avantgardistische Natur- und Kunstverbundenheit gab es auch andernorts. Der Mitbegründer der Kolonie Worpswede Heinrich Vogeler (1872–1942) gestaltete etwa die Villa „Barkenhoff“ in Harmonie mit der Natur und strebte eine Synthese der Künste an.

     Als Beispiel für die Verschönerung des Alltags stehe die Villa, wie es im Museum heißt, im Dialog mit Kunstobjekten und historischen Fotografien aus dem Bereich des Ausdruckstanzes und der Eurythmie. Beide Tanzformen ermöglichten es, sich von Normen zu befreien sowie Emotionen und Gedanken auszudrücken.

     Großformatige Arbeiten von Emma Kunz, Rudolf Steiner und Joseph Beuys (mehr) werfen Fragen nach dem therapeutischen und gesellschaftsverändernden Potenzial von Spiritualität auf. Beeindruckende Werke von psychisch Kranken, etwa von Else Blankenhorn, beleuchten zusammen mit Werken von Hermann Hesse und Frida Kahlo (mehr) Heilungsprozesse und Bewältigungsstrategien von Künstlern, die Kunst als Therapiemaßnahme entdeckten.
rART/bra


 Es ist die vorletzte Ausstellungen des Hauses an der großartigen „Museumsmeile“, der Lichtentaler Allee. Dann dürfte es geschlossen werden. LA8 hatte als Spezialmuseum immer wieder für bemerkenswerte Expositionen gesorgt. Letztlich erst mit dem Thema „Kriminelle Frauen“ (mehr).


► Baden-Baden ist seit 2021 Teil des UNESCO Weltkulturerbes und gehört zu den „Great Spa Towns of Europe". Die Stadt war seither auf der Suche nach einem geeigneten Ort für ein Welterbe-Informationszentrum. Dies wird in den Räumen des Museums im Kulturhaus LA8 eingerichtet werden.

 

Die Ausstellung Heilende Kunst – Wege zu einem besseren Leben wird bis zum 12. Januar 2025 gezeigt.
LA8 Museum für Kunst und Technik
des 19. Jahrhunderts

Lichtentaler Allee 8
76530 Baden-Baden
Tel 07221 / 9954586
Öffnungszeiten
DI – SO 11 – 18 Uhr

 

 

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