rheinische ART
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rheinische ART 11/2024

MUSEUM MORSBROICH
Gegen den Himmel

 

Wie lässt sich Leere malerisch darstellen? Die Ausstellung »gegen den Himmel. contre le ciel« im Museum Morsbroich widmet sich dem vermeintlich Einfachen und bringt die monochromen Malereien des belgischen Künstlers und ZERO-Mitgliedes Jef Verheyen mit den zeitgenössischen, medienübergreifenden Arbeiten von Johanna von Monkiewitsch zusammen.

 

Jef Verheyen, seine Arbeit „Le vide“ gegen den Himmel haltend, ca. 1965. © Foto Gerald Dauphin / Collection Fotomuseum Antwerpen

 

Aus unterschiedlichen Gründen beschäftigen sich beide künstlerischen Ansätze mit Fragen nach der Darstellbarkeit von Flüchtigkeit, Immaterialität und Raum. Durch ihre radikale wie konsequente Reduktion auf das Wesentliche unterlaufen sie dabei das allgemein gängige Verständnis von Fortschritt im Sinne von „mehr“.
     Was braucht es und was kann weggelassen werden? Wie bringt man mit möglichst wenigen Mitteln, das Wesentliche („Essentielle“) zum Vorschein? Kann man dem Flüchtigen und Ungreifbaren eine Form verleihen? Und wie lässt sich die Leere malerisch darstellen?

 

Jef Verheyen Urbino – Espace idéal, 1978. Axel und May Vervoordt Foundation, Foto Jan Liégeois ©VG Bild-Kunst Bonn 2024


Anlass der Präsentation ist der 90. Geburtstag von Jef Verheyen (1932 – 1984), der zu den bedeutendsten belgischen Malern nach 1945 und zu einem Pionier der monochromen Malerei zählt. In seinen reduzierten Farbmalereien setzte sich Verheyen seit Ende der 1950er-Jahren konsequent mit Licht, Farbe, Raum und deren Wirkung auf die Betrachtenden auseinander.
     Mit der Ausstellung knüpft das Museum Morsbroich zugleich an seine eigene Ausstellungsgeschichte an. 1960 wurden ebendort im Rahmen der legendären Gruppenausstellung Monochrome Malerei erstmals Werke von Verheyen in Deutschland präsentiert. Ein Jahr später erhielten Verheyens Malereien mit der Dreierausstellung Ad Reinhardt, New York – Francesco Lo Savio, Rom – Jef Verheyen, Antwerpen (1961) eine erneute Präsenz im Museum Morsbroich, verbunden mit dem Erwerb zweier bedeutender Malereien Verheyens für die Museumssammlung.


Beide Ausstellungen hatten entscheidenden Einfluss auf Verheyens späteres Netzwerk, insbesondere zu der vom Rheinland ausgehenden internationalen ZERO-Bewegung um Heinz Mack, Otto Piene, Günther Uecker, Lucio Fontana, Yves Klein, Piero Manzoni, Hermann Goepfert und anderen. 2010 fand eine bemerkenswerte Ausstellung in der Langen Foundation in Neuss zu Verheyens Oeuvre statt. Initiator war kein geringerer als Günther Uecker. Sie gab der großen Bedeutung Jef Verheyens für seine Künstlerkollegen Ausdruck (mehr).

 

Johanna von Monkiewitsch Sotoportego de la Furatola, Venice, 2016, Video, Courtesy the artist, Berthold Pott Galery Cologne © Johanna von Monkiewitsch


Die Ausstellung in Leverkusen verfolgt allerdings keinen historischen Ansatz, sondern stellt das Werk Verheyens im Dialog mit den zeitgenössischen Arbeiten von Johanna von Monkiewitsch in einen aktuellen Kontext und fragt nach seiner Aktualität. In ihrer reduzierten und kontemplativen Wirkung stellen die monochromen Malereien Verheyens ein absolutes Gegenbild zur Hektik und Reizüberflutung unseres heutigen Alltags dar und verlangen nach einer bewussten und aufmerksamen Betrachtung. Erst nach und nach offenbaren sich so die feinen Farb- und Lichtnuancen und die pulsierende Energie eines unendlichen Farbraums, der die Grenzen der Leinwand überwindet und uns spüren lässt, wie die Konzentration auf das Wesentliche einen ungeahnten Freiraum eröffnen kann.

 

Johanna von Monkiewitsch Tel Aviv, 2017, Pigmentdruck auf Papier, Courtesy the artist, Berthold Pott Galery Cologne © Johanna von Monkiewitsch

 

Auch die medienübergreifenden und häufig ortsspezifischen Lichtarbeiten von Johanna von Monkiewitsch (*1979 in Rom, lebt und arbeitet in Köln) spielen mit dem Zwischenbereich von Realität und Illusion, von Vertrautem und Unerwartetem, von Ephemerem und fest Gesetztem. Sie sind als Versuche zu verstehen, dem Flüchtigen und Ungreifbaren eine Form zu verleihen.
     Die sich bei schneller Betrachtung ihrer Werke vorschnell einstellende Erkenntnis entpuppt sich dabei häufig als überraschendes Spiel von Realität und Abbild und entlarvt den Drang, die Welt und die Kunst mit einem allzu eiligen und eindimensionalen Blick zu betrachten.
rART/ruwoi

 

Die Ausstellung »gegen den Himmel. contre le ciel« ist bis zum 23. Februar 2025 zu sehen.
Museum Morsbroich
Gustav-Heinemann-Str. 80
51377 Leverkusen
Tel. 0214 / 4 06 45 00
Öffnungszeiten
DI - SO 11 – 17 Uhr

 

Die Ausstellung »gegen den Himmel. contre le ciel« entstand in Kooperation mit dem Königlichen Museum für Schöne Künste Antwerpen (KMSKA) und dem Museum für zeitgenössische Kunst Antwerpen (M HKA). Sie folgt als »Spin-Off«-Show auf die Ausstellung Jef Verheyen. Window on Infinity (23.03.−18.08.2024) im KMSKA zusammen mit dem M HKA und in Kooperation mit dem Jef Verheyen Archiv, kuratiert von Annelien De Troij und Adriaan Gonnissen.

 

 Mit der zeitglich im Von der Heydt-Museum Wuppertal gezeigten Schau zum Werk von Lucio Fontana (Lucio Fontana: Erwartungen mehr) ergibt sich eine Synergie in der regionalen Nachbarschaft. Eine Gemeinschaftsarbeit von Jef Verheyen und Lucio Fontana ist in der Ausstellung »gegen den Himmel. contre le ciel« zu sehen.