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rheinische ART 05/2017

Archiv 2017

ZWISCHEN WASSER UND WÜSTE
Pretiosen aus Iran


Das aktuelle politische Umfeld ist höchst spannungsgeladen. Kulturaustausche, Kooperationen bei Ausstellungen und Ausleihzusagen sind längst nicht selbstverständlich. Dennoch: In Bonn werden derzeit einzigartige archäologische Exponate aus Iran präsentiert. Die Schau in der Bundeskunsthalle darf durchaus mit dem Prädikat „begeisternd“ versehen werden.

 

Die Ziqqurat von Tschogha Zanbil, mittel-elamisch 13. Jh. v. Chr., Provinz Khuzestan, Südwestiran. Foto © Barbara Helwing. Die Stufenpyramide ist ein Tempelturm, auch „Himmelshügel“ genannt. Sie wurde noch vor der Entstehung des altpersischen Reiches erbaut und war Teil des Palastbezirks der Residenzstadt Tschogha Zanbil (Choga Zanbil). Die Anlage ist heute UNESCO-Weltkulturerbe.

 

Denn die über 400 Schaustücke stammen aus den Kulturen der Frühzeit vom siebten bis zum ersten Jahrtausend vor Christus. Viele Objekte werden überhaupt zum ersten Mal außerhalb des Iran gezeigt, und selbst in ihrem Mutterland waren sie nicht in Gänze zugänglich.

 

 

Widder mit beweglichen Goldhörnern Hasanlu, Schicht IVB um 800 v. Chr. Stein, Gold, 4,5 x 4,5 x 3,5 cm, Teheran, National Museum of Iran. © The National Museum of Iran/Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH Foto: Neda Hossein Tehrani, Nima Mohammadi Fakhoorzadeh. 

 

Schmuckplatte Dschubadschi, Prinzessinnengrab, neuelamisch 1. Hälfte 6. Jh. v. Chr., Gold, Einlagen, Steine Ø 7,6 cm, Teheran, National Museum of Iran. © The National Museum of Iran/Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH Foto: Neda Hossein Tehrani, Nima Mohammadi Fakhoorzadeh.

 

Neolithische Frauenfigurine, Tappe Sarab, gebrannter Ton, 7000 – 6100 v.Chr., © The National Museum of Iran/Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH Foto rheinische ART 2017

 

Die Exponate der Ausstellung Iran. Frühe Kulturen zwischen Wasser und Wüste haben von ihrer Aura bis heute nichts verloren. Auch eröffnen sie Perspektiven auf eine in Europa wenig bekannte Bildwelt. Für Intendant Rein Wolfs erlaubt die Schau eine Sicht auf früheste Formen von Zivilisation und Kultur im Gebiet des heutigen Iran. „Neueste Forschungsergebnisse und Grabungsfunde lassen staunen über den Reichtum kultureller Zeugnisse und die Komplexität gesellschaftlicher Strukturen in der vorpersischen Zeit“, so Wolfs.

 

Politik Dass diese archäologischen Raritäten heute in der Bundeskunsthalle zu erleben sind, ist keinesfalls selbstverständlich. Denn der Iran, bis zum Jahre 1935 Persien genannt, ist ein seit mehreren Jahrzehnten eher verschlossenes Land. Dass das Iranische Nationalmuseum in Teheran und diverse Provinz-Museen nunmehr Leihgaben aus ihren Beständen für die Schau zur Verfügung stellen, ist überraschend, aber auch den über drei Jahre dauernden, beharrlichen Vorarbeiten und Planungen der hiesigen Kunstspezialisten zu danken.

     Schließlich sei daran erinnert, dass derartige Projekte auch völlig anders laufen können. Erst im letzten Dezember musste die als große „Teheran-Sammlung“ avisierte Schau zeitgenössischer Kunst aus dem Besitz der Schah-Witwe und ehemaligen Kaiserin Farah Diba in Berlin abgesagt werden, da die Behörden in Iran keine Ausfuhrgenehmigung erteilten.


Man kann daher Kulturstaatsministerin Monika Grüters gut verstehen. Es sein ein Glückfall, so Grüters, „dass es der Bundeskunsthalle in Bonn gemeinsam mit den Partnereinrichtungen in Iran gelungen ist, diese über mehrere Jahre vorbereitete Ausstellung in vorbildlicher Weise zu realisieren." Grüters sieht in der ungewöhnlichen und reichhaltigen Schau einen Meilenstein in den „deutsch-iranischen Kulturbeziehungen, gerade in schwierigen weltpolitischen Zeiten.“

 

Paneel mit Elfenbeineinlagen Teil eines Möbelstücks, Tschogha Zanbil, Palast, Hypogaeum 13. Jh. v. Chr., Elfenbein 53,7 x 35,7 cm, Teheran, National Museum of Iran. © The National Museum of Iran/Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH Foto: Neda Hossein Tehrani, Nima Mohammadi Fakhoorzadeh. 

 

„Dschiroft“ Spielbrett in Form eines Adlers 3. Jt. v. Chr., Chlorit, Teheran, National Museum of Iran. © The National Museum of Iran/Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH Foto: Neda Hossein Tehrani, Nima Mohammadi Fakhoorzadeh.

 

„Dschiroft“ Dose mit Deckel, auf einer Seite mit Bild: zwei Löwen zerreißen ein doppelköpfiges Fabelwesen 3. Jt. v. Chr., Chlorit, Teheran, National Museum of Iran, © The National Museum of Iran/Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH Foto: Neda Hossein Tehrani, Nima Mohammadi Fakhoorzadeh.

 

Der Erhalt dieser heute unschätzbaren frühen Kulturzeugnisse basiert unter anderem auf einigen topografischen Gegebenheiten.

     Da ist zum einen die Abgeschiedenheit der iranischen Gebirgstäler, die für die örtlichen Kulturen zugleich ihr bester Schutz waren. Die Bergvölker behaupteten sich gegen Übergriffe aus dem mesopotamischen Tiefland und konnten sich so langfristig immer wieder den Versuchen einer Fremdkontrolle entziehen.

     Zum anderen entwickelten sich im Schatten der Berge viele regionale Gruppierungen, die jedoch einen ähnlichen Zugang zu Natur und Mythenwelt verband. Die hinter den Gebirgskämmen verborgenen iranischen Völker behielten daher ihren eigenen kulturellen Charakter und entwickelten eine originelle Bildsprache: Seit der Frühzeit zeugen Motive aus der Tierwelt von genauer Naturbeobachtung. Bewegte Kampfszenen zwischen Tieren und Fabelwesen, Schlangen und Geiern auf den prachtvoll verzierten Steingefäßen aus dem Fundkomplex von Dschiroft - so etwa die ausgestellte Dose mit Deckel - überliefern einen gemeinsamen Mythenschatz, den die iranischen Kulturen über Jahrtausende bewahrten.

     Diese kulturelle Tradition war stark genug, auch jene neuen Elemente zu integrieren, die über die 2000 v. Chr. sich konsolidierenden Seidenstraßen nach Iran gelangten. Zugleich fanden Anregungen aus den Nachbarregionen auch immer ihren Weg in das Motiv-Repertoir der iranischen Völker.

 

Ausstellungsansicht Alle Objekte sind Leihgaben des National Museum of Iran, Teheran. © The National Museum of Iran/Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH Foto rheinische ART 2017

 

Spitzenwerke der Ausstellung sind unter anderem die Beigaben aus dem Grab zweier elamischer Prinzessinnen aus Dschubadschi; ein Neufund, der das Geltungsbedürfnis und das Prestige der Führungsschichten spiegelt. Andere Objekte, wie etwa der berühmte große Goldbecher aus Hasanlu, präsentieren Szenen aus dem Krieg und aus der Götterwelt und vereinen zentral- und westasiatische Motive. Schließlich entstand aus der fortwährenden fruchtbaren Synthese iranischer und fremder Elemente im 1. Jahrtausend v. Chr. die persische Kultur, die im 6. Jahrhundert v. Chr. mit dem Aufstieg des Achämenidenreiches ihren vorchristlichen Höhepunkt fand.

cpw/ruwoi


Zeitgleich präsentiert die Bundeskunsthalle auf dem Museumsplatz mit Der Persische Garten - Die Erfindung des Paradieses eine Art Oase für die Sinne, zum Verweilen und Genießen. Diese parallele „Garten-Schau“ verdeutlicht, dass die in Persien während der Antike entwickelte Kunst des Gartenbaus bis heute unsere Vorstellung von einem idealtypischen Garten prägt - sei es im morgen- oder im abendländischen Kulturraum. Und nicht von ungefähr ist das Wort „Paradies“ ebenfalls ein Vermächtnis aus dem alten Persien. Die „Garten-Schau“ läuft bis zum 15. Oktober 2017.


Die Ausstellung "Iran. Frühe Kulturen zwischen Wasser und Wüste" wird bis zum 20. August 2017 gezeigt.

Kunst- und Ausstellungshalle
der Bundesrepublik Deutschland GmbH

Museumsmeile Bonn
Friedrich-Ebert-Allee 4
53113 Bonn
Tel. 0228 / 9171–200
Öffnungszeiten
DI, MI 10 - 21 Uhr
DO - SO 10 - 19 Uhr

 

 

 

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