Archiv 2018
ARP MUSEUM
Monet, Meiji und Mangas
Wie bringt man das alles unter einen Hut? Mit einer Ausstellung über den Einfluss japanischer Kultur auf die Kunstszene Europas – vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute.
Magical Girl Seven © Pummelpanda Arp Museum Rolandseck 2018 |
Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck hat sich dieser anspruchsvollen Übung unterzogen. Unter dem Titel „Im Japanfieber“ spannt das Haus einen weiten Bogen und beleuchtet sowohl die Impulse des Japonismus auf den westlichen Impressionismus als auch die modernen Ausprägungen im Rahmen der aktuellen Alltags- und Populärkultur.
Claude Monet Die Felspyramiden von Port-Coton, 1886 © Arp Museum Bahnhof Rolandseck/ Sammlung Rau für UNICEF, Foto: Peter Schälchli, Zürich
Paul Signac Frisierszene. Opus 227 (Dekorationsentwurf für einen Waschraum), 1892, Privatsammlung © All Right reserved
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Nichts Neues, alles bekannt, könnte man einwenden. Schließlich haben zahlreiche mehr oder weniger detailreiche Schauen im Rheinland in jüngster Zeit der historischen wie neuzeitlichen Kultur des Inselreiches ihre Referenzen erwiesen. Doch es besteht kein Zweifel: Das Interesse an fernöstlicher Kultur ist ungebrochen und der Japonismus kein Relikt vergangener Jahrhunderte.
Das Besondere an dieser Ausstellung: Es ist eine Kooperation des Arp-Museums mit dem berühmten „Musée des Impressionismes Giverny“, dessen einzigartige Bestände erstmals in größerem Umfang außerhalb Frankreichs zu sehen sind. Zudem wird die Schau in einer interessanten thematischen Zweiteilung präsentiert.
Es sei daran erinnert, dass die normannische Kleinstadt Giverny seit 2009 neben dem Impressionisten-Museum ferner die Stiftung Claude Monet beherbergt. Der Maler hatte bekanntlich über 40 Jahre in dem Örtchen am rechten Seineufer gewohnt und es mit seinen Gemälden weltberühmt gemacht. Heute sind die Einrichtungen mit ihren Kunstbeständen ein regelrechter Pilgerort für Impressionisten-Freunde.
Paul Signac Saint-Briac. La Garde-Guérin. Opus 211, 1890, Arp Museum Bahnhof Rolandseck 7 Sammlung Rau für UNICEF, Foto: Horst Bernhard
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Teil eins der Ausstellung widmet sich Claude Monet und den Impressionisten. Schließlich war es Monet, der sich als einer der ersten Sammler für die japanischen Farbholzschnitte begeisterte. Seine bedeutende „Japan-Kollektion“ bildet den Ausgangspunkt der Präsentation im Bahnhof Rolandseck.
Hinzu kommen Meisterwerke der Sammlung Rau für UNICEF sowie hochkarätige Leihgaben internationaler Museen. Insgesamt zeigt die Exposition in einem großartigen Überblick herausragende Beispiele japonistisch-impressionistischer Malerei mit Gemälden von Monet, Signac über Seurat bis van Gogh.
Der Titel „Im Japanfieber“ ist trefflich gewählt, denn die japanische Kulturspritze erhitzte vor rund 150 Jahren die Künstlerateliers in Europa mit fernöstlichen Requisiten und Porträts von sinnlichen Geisha-Modellen im Kimono. Am nachhaltigsten aber revolutionierte der Einfluss Japans den Blick auf die Natur. Gewagte Bildausschnitte, ungewohnte Flächigkeit, hohe Horizonte und eine leuchtende Farbigkeit erneuerten die europäische Landschaftsmalerei. Claude Monet stellte einst fest: „Die Leute haben uns gelehrt, anders zu komponieren, daran kann kein Zweifel sein.“
Utagawa Hiroshige Ansicht der Küste von Futamigaura, 1847–1852. © Fondation Claude Monet, Giverny |
Die Schau ist gleichzeitig eine Erinnerung an die sogenannte „Meiji-Restauration“ (1868–1912), jener revolutionären Phase des lange isolierten Inselreiches, mit der eine Öffnung wirtschaftlicher und kultureller Art gegenüber dem „Westen“ einsetzte. In Europa trat daraufhin ein, was man heute im weiteren Sinne als frühen Kulturschock umschreiben kann: Die Begegnung mit den größtenteils unbekannten japanischen Kunstgegenständen löste eine ästhetische Neuorientierung vor allem in der westlichen Malerei aus und ebnete damit den Weg in die Moderne.
Jules Chéret (1836–1932), Plakat für eine Japanausstellung, um 1890, Lithographie, © Musée Carnavalet, Histoire de Paris AFF364
Kitagawa Utamaro Junge Frau vor dem Spiegel, um 1796, Alte Sammlung Claude Monet © Giverny, Fondation Claude Monet. Utamaros Farbholzschnitte mit Geisha-Motiven wurden ab 1891 in Frankreich populär, allgemein wurde mit ihnen exotische Sinnlichkeit assoziiert und ein neues Ideal von Weiblichkeit hervorgerufen. Zahlreiche Impressionisten schufen nach japanischem Vorbild Fächer und Wandschirme für ihre Mütter, Frauen oder Geliebte.
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Der europäische Kunstmarkt wurde mit einer nie gekannten Fülle japanischer Kunstgegenstände regelrecht geflutet. Auf den großen Weltausstellungen in Wien (1873) und Paris (1878) zeigte das fernöstliche Tenno-Reich seine Kultur und allein in Paris flanierten über 16 Millionen Besucher durch die japanischen Pavillons. Zahlreiche Ausstellungen zur japanischen Grafik heizten in den Folgejahren den Boom an.
Teil zwei War dies ein singulärer Vorgang oder gibt es auch heute noch wirkungsmächtige japanische Einflüsse? Wie zeigt sich der Japonismus in unserer aktuellen Alltags- und Populärkultur?
Diesen Fragen geht ein zweiter, interaktiver Ausstellungsteil im Bahnhof Rolandseck nach. Er zeigt, wie Motivtraditionen und Entwicklungslinien vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart fortgeführt werden.
In einer Lese-Lounge bereitgestellte Comics, die berühmten Mangas, die in der Tradition der landesüblichen Holzschnitte stehen, sind dabei ebenso vielfältig vertreten wie die typischen Zeichentrickfilme, die Anime. Beispiele dieser Filmkunst sind die seit den 1970er Jahren hoch erfolgreichen Steifen „Biene Maja“ oder „Heidi“, die im Sturm die westlichen Kinderzimmer eroberten.
Magical Girl Nana 2018 © Pummelpanda Arp Museum Rolandseck 2018
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Das Phänomen des Cosplay (costume-play) schließlich, bei dem beliebte Manga- und Animecharaktere zum Leben erweckt werden, wird in Interviews mit Cosplayern nachvollziehbar. In zwei aufwendigen Settings haben Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, sich mit Kostümen für ein Foto zu inszenieren. Auch das keine Alltäglichkeit im Reigen der Japan-Inszenierungen in heimischen Museen.
Mit einem raffinierten Parcours-Kniff verbinden die Kuratoren die beiden Ausstellungsteile. Den Besucher begleitet auf seinem Gang durch den Tunnel zwischen Alt- zum Neubau eine fantastische Verfolgungsjagd mit dem Magical Girl Seven, die von der Zeichnerin Christina S. Zhu, alias Pummelpanda, als Bildergeschichte die Tunnelwand ziert. Und vor dem Museum lädt der vom international renommierten Gartendesigner Peter Berg gestaltete Felsengarten zu durchaus inspirierenden Spaziergängen auf den Spuren der fernöstlichen Gartenbaukunst ein. Es bleibt also so gut wie kein Wunsch offen – Japan total.
rART
Die Ausstellung „Im Japanfieber - Von Monet bis Manga“ wird bis zum 20. Januar 2019 gezeigt.
Arp Museum
Bahnhof Rolandseck
Hans-Arp-Allee 1
53424 Remagen
Tel. 02228 / 9425-0
Öffnungszeiten
DI – SO 11 – 18 Uhr