rheinische ART
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rheinische ART 06/2017

Archiv 2017

NATURSCHAUSPIELE IN DER MALEREI
Donnerwetter!


Das Publikum war von den barocken Himmelsbildern immer wieder fasziniert. Das war sozusagen „großes Kino“. Und die Maler bedienten das Volk mit diesen Motiven gerne und reichlich. Das Kölner Wallraf widmet sich mit „Heiter bis wolkig“ diesem Sujet.

 

Ludolf Backhuyzen (Emden 1630–1708 Amsterdam) Boote auf der Zuidersee vor Naarden, 1660-63, Eichenholz, WRM 2566 Foto © Wallraf-Richartz-Museum/Fondation Corboud 2017

 

Der Wind peitscht Wellen über das Meer, zerrt an den Segeln eines Schiffes und die Seeleute trotzen den Gewalten, während sich am Himmel riesige Wolken übereinander türmen. Ludolf Backhuyzen (1630-1708), der populärste holländische Marinemaler, hielt diese dramatische Szene vor mehr als 350 Jahren in Öl auf einer Holztafel fest.

 

Allaert van Everdingen (Alkmaar 1621–1675 Amsterdam) Waldlandschaft mit Wassermühle, um 1655, Leinwand, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corbourd.  Foto © Wallraf-Richartz-Museum/Fondation Corboud 2017

 

Imposante Naturphänomene wie Wetterleuchten, Wolkenwirbel, Sonnenglut, Unwetter und zuckende Blitze standen im Rampenlicht und wurden zu bewunderten Hauptdarstellern einer neuen Kunstrichtung, die das Publikum begeisterte und für einen wahren Boom der „Himmelsbilder“ sorgte.
Gleichzeitig hatten die Künstler einen neuen Weg gefunden, ihre Gebirgs-, Wald- oder Flusslandschaften in unterschiedliche Stimmungen zu versetzen. Dabei beobachteten sie die jeweiligen Wetterphänomene ganz genau - und zwar schon lange, bevor sich die Wissenschaft professionell mit diesen beschäftigte.

 

Dirck Stoop (Utrecht 1615/21–nach 1681 Utrecht) Mittelmeerhafen, 1660er Jahre, Öl auf Leinwand, WRM 1508. Foto © Wallraf-Richartz-Museum/Fondation Corboud 2017


In der Schau
vereint das Kölner Haus ausgesuchte Werke von Meistern wie den Dordrechter Aelbert Cuyp, den Radierer und Landschaftsmaler Jacob van Ruisdael aus Haarlem oder den berühmten Leidener tonalen Landschaftsmaler Jan van Goyen ("Blick auf Emmerich", 1645). Allesamt exzellente Beispiele für die bedeutende und vielfältige Rolle, die Himmel und Wetter in der niederländischen Landschaftsmalerei des Barock spielten.

 

Aelbert Cuyp (Dordrecht 1620–1691 Dordrecht) Gewitter über Dordrecht, um 1645, Eichenholz, Stiftung Sammlung E.G. Bührle Zürich, Inv.Nr. 149. Foto © Wallraf-Richartz-Museum/Fondation Corboud 2017

 

Besonderen Charme gewinnt die Ausstellung durch eine profunde meteorologische Betrachtung der Kunstwerke. Sie stammt vom Wetterfachmann Franz Molé vom Deutschen Wetterdienst in Essen. Der Physiker der Atmosphäre: „Wetter und Wolken wurden von den Griechen ursprünglich auch den Meteoren zugeschrieben, also eher als himmlische Schöpfung angesehen, ebenso wie die Kunst.“

     Seine fachmännische Betrachtung der Exponate zeigt Erstaunliches, denn die alten Meister hätten die Wetterlagen verblüffend präzise festgehalten. Eine ausgewachsene Gewitterwolke, so der Meteorologe, wie man sie in Aelbert Cuyps Meisterwerk „Gewitter über Dordrecht“ sehen kann, werde in Fachkreisen als „Cumulonimbus capillatus incus“ bezeichnet.

     Wegen der Form der Wolken und Blitze beim Dordrecht-Gemälde sei anzunehmen, dass die Gewitter von links nach rechts ziehen, was im Rheinland typischerweise von Südwest nach Nordost bedeuten würde. Molé in seinen Erläuterungen: „Die Ruhe vor dem Sturm wird hier durch Kühe dargestellt, die dem Spektakel in aller Seelenruhe beiwohnen. Dies mutet vielleicht etwas unrealistisch an. Das Gesamtbild aber fasst die meteorologischen Abläufe bei der Wetterlage sehr gut zusammen.“


 Meteorologisch inspirierte Kunst spielt bis heute eine durchaus bemerkenswerte Rolle. Dass es etwa im sogenannten „Elendsjahr“ 1816 keinen Sommer, sondern nur Dauerregen, Überschwemmungen, Hagel, Düsternis, Kälte und Frost gab, hatte bemerkenswerte gesellschaftliche, technische und kulturelle Folgen. Denn das Jahr ohne Sommer hat Maler wie Literaten gleichermaßen inspiriert und künstlerische Prozesse eingeleitet. Bestes Beispiel für den Einfluss von Schauerwetter auf Schauergeschichten ist die englische Schriftstellerin Mary Shelley (mehr).

K2M

 

Die Ausstellung „Heiter bis wolkig - Naturschauspiele in der niederländischen Malerei“ kann bis zum 4. Februar 2018 besucht werden.
Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud
Obenmarspforten 40,
Am Kölner Rathaus
50667 Köln
Tel. 0221 / 221 - 211 19
Öffnungszeiten
DI – SO 10 – 18 Uh
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