rheinische ART
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rheinische ART 09/2015

Archiv 2015

HANN TRIER ZUM 100. GEBURTSTAG
Himmel auf Erden

 

In der jungen Bundesrepublik war er einer der Maler der ersten Stunde. Der Informel-Künstler Hann Trier schuf neben wichtigen Werken im Stil der abstrakten Moderne großartige Wand- und Deckengemälde. Darunter die ebenso berühmte wie heftig umstrittene Kölner Rathaus-Wolke. Gleich drei Ausstellungen im Rheinland erinnern an seinen 100. Geburtstag.

 

Hann Trier Stricken IV , 1955, Eitempera auf Leinwand, 65 x 80 cm. Das Gemälde wurde von Trier in der ungewöhnlichen beidhändigen Technik gemalt. Dies gelang ihm, weil die Feinmotorik seiner rechten und linken Hand gleich stark und sicher ausgeprägt war, wie es in einer Rede anlässlich einer Ausstellungseröffnung in Ahlen 2010 hieß. Foto © Kunststiftung Hann Trier, Bonn 2015

 

Als Mitbegründer der Alfterer Donnerstag-Gesellschaft war Hann Trier im Rheinland einer der Protagonisten des künstlerischen Aufbruchs in der Nachkriegszeit. Die kleine Gemeinde Alfter bei Bonn war nämlich von 1947 an für einige Zeit ein Zentrum der modernen Kunst, in der sich die Vertreter der deutschen abstrakten Malerei ein Stelldichein gaben.

     Und wie jeder Künstler hatte auch Hann Trier (1915-1999) so seine Eigenheiten. Dies war zum einen die verblüffende Fertigkeit, mit beiden Händen gleichermaßen geschickt und gekonnt die Malerpinsel zu führen. Und das fast unablässig. Seine Frau, die Soziologin Renate Mayntz-Trier, erinnert sich anlässlich der aktuellen Ausstellung im Bonner KunstMuseum: „Er musste immer malen.“ Der Künstler hatte zu Lebzeiten ähnlich klare Vorstellungen. „Ein Maler“, so erklärte der 82-Jährige 1997 mit hintergründigem Humor, „ ist einer, der immer malt.“

 

Hann Trier Prestidigitation 1, 1951, Aquarell Foto © Kunststiftung Hann Trier, Bonn 2015

 

Hann Trier in seinem Atelier um 1955, Foto © Hubs Flöter, Kunststiftung Hann Trier 2015

 

Hann Trier Cocktailkleid, (gestaltet), Kunststiftung Hann Trier, Bonn Foto: J. Vogel, LVR-LandesMuseum Bonn 2015

 

Zum anderen hatte der gebürtige Düsseldorfer, trotz seines Status als einflussreicher Informel-Künstler neben K.O.Götz (mehr) und weiteren Nachkriegsprotagonisten, ein Faible für Barockes. Seine Entwürfe für großformatige, trotz informeller Spontaneität genau geplanten Deckengemälde spiegeln diese Vorliebe.

     1980 realisierte Trier den Baldachin, die sogenannte "Wolke" - ein freihängendes Deckenbild in der Piazzetta des Historischen Rathauses - in Köln. Für das Treppenhaus des Museum Ludwig schuf er ein großformatiges Wandbild.

     Und es gab neben dem abstrakten Maler noch einen anderen Künstler Trier. Nämlich den Maler von Aquarellen, den Grafiker, den Zeichner und einen, der allerlei Kunstfertigkeiten der Sonderklasse beherrschte. Einen vielseitigen, ja fast praktischen Hann Trier, der Kleider für festliche Anlässe zu bemalen verstand oder Gardinenstoffe, auch mal eine Krawatte, und der Werbung für Mineralwasser machen konnte. Zu sehen sind diese selten präsentierten Arbeiten in der Ausstellung „Der unbekannt Trier“ in Bonn.

 

Hann Trier, am 1. August 1915 in Kaiserswerth bei Düsseldorf als Hans Gerd Franz Trier geboren, wuchs in Köln auf und studierte Malerei in Düsseldorf und Berlin. Im Zweiten Weltkrieg diente er als Soldat; zeitweilig wurde er auch als technischer Zeichner in Berlin eingesetzt.

      Ein Aufenthalt in Kolumbien von 1952 bis 1955 und Reisen durch Südamerika und die USA befruchteten seine künstlerische Entwicklung. Dies fand vor allem Ausdruck in der von ihm entwickelten Bildform „Vibrationen“, in der er die beidhändige Maltechnik anwandte. Zu den bedeutenden Arbeiten dieser Phase gehört das Gemälde „Stricken IV“ von 1955.

     Trier übte eine Gastdozentur in Hamburg aus und war danach von 1957 bis 1980 Professor an der Hochschule für bildende Künste Berlin, wo unter anderen die Maler Georg Baselitz, Peter Klasen und der deutsch-syrische Künstler Marwan Kassab-Bacchi bei ihm studierten.

 

Hann Trier Primavera, 1964, Eitempera auf Leinwand, 146 x 130 cm. Foto © Kunststiftung Hann Trier, Bonn 2015

 

In über drei Jahrzehnten schuf Hann Trier Werke, die sich vor allem durch differenzierte Linienspiele und einen netzartigen Bildaufbau vor bewegten Farbhintergründen auszeichnen.

     Trier erhielt zahlreiche Kunstpreise, darunter aus Darmstadt, Berlin, Köln und dem Land Nordrhein-Westfalen. Seit 1962 mit Renate Mayntz verheiratet, arbeitete er ab 1967 auch in einem Atelier in der Toskana; 1972 bezog das Ehepaar ein Atelierhaus in der Eifel.

     Zu seinem Freundeskreis gehörten namhafte Literaten und andere Kreative wie Gabriel Maria Marqués, Max Frisch, Uwe Johnson und Bernhard Minetti. Hann Trier hat über 850 Leinwandbilder und zahlreiche Aquarelle geschaffen. Sein druckgraphisches Werk umfasst über 150 Blätter.

 

DAS BILD WURDE AUS 

©GRÜNDEN ENTFERNT.

 

 

Hann Trier Entwurf zum Deckengemälde im Schloss Charlottenburg, Berlin, 1966-1971, ausgeführt 1972. Das abstrakte Werk ersetzte die kriegszerstörten spätbarocken Fresken von Antoine Pesne von 1744. Kunststiftung Hann Trier, Bonn, LVR-LandesMuseum Bonn, Foto J. Vogel 2015, © VG Bild-Kunst Bonn

 

Herausragend unter seinen Werken sind die zwischen 1970 und 1990 geschaffenen großen Wand- und Deckengemälde, die so wirken, als hätte der Meister den Himmel auf die Erde geholt. Sie finden sich im "Weißen Saal" im Berliner Schloss Charlottenburg, in der Bibliothek der Universität Heidelberg, in der Rathaushalle von Köln und in der Residenz der deutschen Botschaft beim Vatikan in Rom. 1999 starb Hann Trier in seinem Haus in der Toskana.

K2M

In Alfter fand am 20. Juli 1947 der erste „Tag der Abstrakten Kunst“ im Nachkriegs-Deutschland statt; eine Veranstaltung, die mehrere Künste integrierte. Organisiert wurde sie von einer Künstlerrunde mit Hann Trier, Joseph Fassbender, Hubert Berke und anderen. Die Bewegung wurde schnell bekannt und zog von nah und fern Dichter, Theaterkritiker, Kunstkenner und Musiker, aber auch Politiker aus Bonn, an. Die Alfterer Donnerstag-Gesellschaft bot Interessierten die Möglichkeit, sich kritisch mit Fragen von Kultur, Kunst, Politik und Gesellschaft nach Jahren des Denkverbots und der Nazi-Verfolgung auseinander zu setzen.

 

Die drei rheinischen Ausstellungen beleuchten das Œuvre des Künstlers unter verschiedenen Gesichtspunkten:


"Der unbekannte Trier. Hann Trier zum 100. Geburtstag"  (bis 4. Oktober 2015)
LVR-LandesMuseum Bonn
Colmantstr. 14-16
53115 Bonn
Tel. 0228 – 2070-0
Öffnungszeiten
DI-FR, SO 11-18 Uhr
SA 13-18 Uhr


„Der Junge und Unbekannte. Hann Trier zum 100. Geburtstag“  (bis 1. November 2015) 
Museum Ratingen
Peter-Brüning-Platz 1
Grabenstraße 21 (Eingang)
40878 Ratingen
Tel 2102 550-4181
Öffnungszeiten
DI-FR 13-18 Uhr
SA,SO 11-18 Uhr

 

"Hann Trier – ‚Ich tanze mit den Pinseln‘. Aquarelle und Zeichnungen der 50er + 60er Jahre". (bis 29. November 2015)
Käthe-Kollwitz-Museum
Neumarkt 18-24
50667 Köln
Tel 0221 2272899
Öffnungszeiten
DI-FR 10-18 Uhr
SA, SO 13-18 Uhr

 

 

 

 

 

 

 

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