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rheinische ART 07/2023

Archiv 2023

GELESEN
Düsseldorf delinquent


Mörder, Zocker, Terroristen – die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen war in den vergangenen Jahrzehnten Schauplatz hochkarätiger Politaffären und Dramen.

 

Publikation, Cover Georg Bönisch „Düsseldorf kriminell. Mörder, Zocker, Terroristen“ Foto © Greven Verlag Köln 2023

 

Wahre Kriminalgeschichten, sogenannte True Crimes, erfreuen sich, im Fahrwasser der ebenso geschätzten Regional- oder Lokalkrimis – ob aus der Eifel, vom Rhein, von der Nordsee oder sonst wo – allgemein großer Beliebtheit.

     Nun einmal also Düsseldorf, das man getrost nicht gerade zum Chicago des Westens rechnen konnte, im Gegensatz zu Köln.

     Das im Greven Verlag erschienene Buch „Düsseldorf kriminell“ widmet sich wahren Verbrechensgeschichten von 1945 bis heute. Ein nicht nur spannendes und umfassendes Werk aus profunder Hand. Es ist gleichzeitig ein historischer Rückblick auf die Stadtgeschichte und die Gesellschaftssituation.

 

Der Autor heißt Georg Bönisch und ist Lesern des Nachrichtenmagazins SPIEGEL hinlänglich vertraut, war er doch über 30 Jahre lang Korrespondent des Hamburger Magazins in der NRW-Landeshauptstadt. Er hat die Archive durchforstet und die spektakulärsten Fälle neu aufgerollt. Auch unpolitische Storys, die durchaus das Zeug zu Erfolgsromanen hätten, kommen nicht zu kurz.

     Immerhin ist die Thematik so interessant, dass sich NRW-Innenminister Herbert Reul jüngst in der renommierten Buchhandlung Müller & Böhm im „Heine Haus“ in der Düsseldorfer Bolkerstraße zur Vorstellung des Buches einfand.

 

Buchvorstellung von "Düsseldorf kriminell" am 23. Juni 2023 im Heine Haus / Literaturhaus mit Innenminister Herbert Reul (Mitte mit Buch). Foto © Greven Verlag Köln 2023


Bönisch liefert Blicke auf politische Widerständler und auf Politaffären, die für eine Erschütterung in der gesamten Bundesrepublik Deutschland sorgten. Den Auftakt der Kriminalsammlung bildet vor der Kulisse des in Schutt und Asche liegenden Düsseldorfs im Frühjahr 1945 die Exekution des Schutzpolizeichefs Franz Jürgens.

 

Franz Jürgens (1885-1945), Chef der Düsseldorfer Schutzpolizei. Bildquelle © Stadtarchiv Düsseldorf, XXIII 1929, E 142

 

Der Beamte hatte sich an einer Bürgeraktion beteiligt, die die Stadt kampflos an die vorrückenden amerikanischen Streitkräfte übergeben wollte. Wenige Stunden vor der Befreiung Düsseldorfs wurde er dafür zum Tod verurteilt und im Hof der Berufsschule an der Färberstraße hingerichtet.

     Das Landgericht Düsseldorf erklärte noch vier Jahre später das Standgerichtsverfahren trotz gravierender Formfehler für rechtens. Erst 1999 wurden die Standgerichtsurteile gegen Jürgens und andere beteiligten Bürger auf der Grundlage des 1998 beschlossenen „Gesetzes zur Aufhebung nationalsozialistischer Unrechtsurteile in der Strafrechtspflege“ aufgehoben.

     Das Buch erinnert ferner an Kriminalfälle, die die Öffentlichkeit jahrzehntelang beschäftigten und an spannende Storys, die eingebettet sind im jeweiligen Zeitgeist.

 

14. Dezember 1959: Werner Boost wird zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt und verbirgt sein Gesicht mit einem Taschentuch. Er war wegen fünffachen Mordes angeklagt, wurde in dem Indizienprozess aber nur für eine Tat verurteilt. Die übrigen Morde konnten ihm nicht nachgewiesen werden. Bildquelle © AP Bildquelle: Düsseldorf kriminell.

 

Dies gilt namentlich für die ungeklärten Morde an zwei Liebespaaren. Im November 1955 barg die Polizei zwei Leichen aus einem Baggersee im Ortsteil Kalkum. Im Februar des Folgejahres wurden die verkohlten Leichen zweier Menschen am Rande des Dorfes Ilverich nahe Meerbusch gefunden.

     Vier junge Menschen, „ermordet innerhalb von gut zehn Wochen. Zwei Paare, wohl beobachtet beim Liebesspiel“, wie der Autor schreibt. Die vier Morde blieben ungesühnt, ein Tatverdächtiger wurde mangels Beweisen für diese Taten freigesprochen. Für einen anderen Mord erhielt derselbe Mann hingegen lebenslänglich. Die Gerichtsverhandlung wurde als „erregendster Prozess der deutschen Kriminalgeschichte“ tituliert.

 

Weitere Kriminalfälle aus der Landeshautpstadt: Ein RAF-Kommando erschoss den Treuhandchef Detlef Karsten Rohwedder in seinem Haus an der Rheinfront in Düsseldorf-Niederkassel und der DDR-Stasi gelang es, eine wichtige Agentin im Landeskriminalamt zu platzieren.

     In Düsseldorf wurde auch ein „Sonderbotschafter“ des iranischen Staatsoberhauptes Ajatollah Khomeini mit 1,7 Kilogramm Rauchopium erwischt.

     Zu den unpolitischen Geschichten mit dem Zeug zum Erfolgsroman kann man die Abzocke zweier Düsseldorfer Altstadt-Jungs rechnen, die den Metro-Konzern um 36 Millionen DM erleichterten.

     Und 1985 sorgte der Mord an Düsseldorfs „Eis-König“ Guiseppe Palatini bundesweit für Schlagzeilen. Die Täterin: seine junge Geliebte, ihre Tatwaffe eine Armbrust!

     Eine lohnende Lektüre, nicht nur für historisch Interessierte.
rART/cpw

 

 Literaturhinweis:
Georg Bönisch Düsseldorf kriminell - Mörder, Zocker, Terroristen, 228 Seiten, Format 12 x 20 cm; 76 Abbildungen, Broschur. Greven Verlag Köln 2023, ISBN; 978-3-7743-0954-8, Preis 16,00 €

 

 

 

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