rheinische ART
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rheinische ART 02/2016

Archiv 2016

FRIEDRICH SCHRÖDER-SONNENSTERN
„Weckt mich, wenn ich tot bin!“

 

„Nach vier Jahrzehnten“, schreibt Hartmut Kraft, „ist die Zeit reif für eine Neubewertung“ und meint das künstlerische Werk des Einzelgängers und Outsider-Künstlers Friedrich Schröder-Sonnenstern.

 

Friedrich Schröder-Sonnenstern Die Flucht vor dem Weibe (1960), Buntstifte auf Karton, 49 x 71cm, © VG BILD-KUNST Bonn, 2015

 

Hartmut Kraft ist Kurator einer kleinen Retrospektive von Friedrich Schröder-Sonnenstern (1892 – 1982) im Kunstmuseum Villa Zanders. Als Psychoanalytiker hat Kraft einen eigenen Zugang zum Werk des in Ostpreußen geborenen Künstlers, dem geistige Ausnahmezustände nicht fremd waren und der durch Lebensintensität beeindruckte.

 

Friedrich Schröder-Sonnenstern Der mondmoralische Eseltreiber (1965), Farbstiftzeichnung auf Karton, 72 x 51cm © VG BILD-KUNST Bonn, 2015

 

Friedensreich Hundertwasser  Hommage à Schröder-Sonnenstern (1972), Mehrfarbiger Siebdruck mit Metallprägungen von Hundertwasser auf der Grundlage eines Bildmotivs von Schröder Sonnenstern („Die Lebenszauberungselevin“). 100 x 70cm, Auflage 4200 Exemplare, hier Ex. 2219/4200, unsigniert, nur gedruckte Signaturen. Foto© Villa Zanders

 

Ein abenteuerliches Leben als Handaufleger, Wahrsager und Heiratsschwindler, aber auch als „Schrippenfürst von Schöneberg“, war dem späten Beginn als Künstler, der sich den Beinamen „Sonnenstern“ gab und in Berlin lebte, vorausgegangen. Von den 1950er bis zu den 1970er Jahren gehörten die phantasievollen, oft alptraumhaften Zeichnungen zu den spektakulären Ereignissen der deutschen Nachkriegskunst, erklärt das Haus.

 

Sammler und Kunstkritik, aber auch Künstler wie Hans Bellmer, Jean Dubuffet und Friedensreich Hundertwasser (mehr) waren von seinem Werk begeistert. Dann aber kam nach dem Tod der Lebensgefährtin „Tante Martha“ 1964 das schrittweise Abgleiten in Alkoholmissbrauch, Verwahrlosung und in eine unkontrollierte Vervielfältigung seiner brillanten Bildideen durch Helfer, dann auch – für jedes künstlerische Œuvre ein Desaster - durch Fälscher.


Bald schon nach der letzten Retrospektive 1973 in der renommierten Kestner-Gesellschaft in Hannover brach der Markt für die Zeichnungen des Künstlers zusammen. Niemand wusste zu entscheiden, was noch von der Hand des Meisters stammte, zumal dieser einer Konfusion durch falsche Echtheitszertifikate, die er, dem Markt ein „Schnippchen schlagen wollend“ aber töricht genug, großzügig verteilte, immer neue Nahrung gab.

 

„Ich habe die Geldgier und Dummheit meiner Zeitgenossen entlarvt. Sie sammeln Namen als Kapitalanlage ...“ Friedrich Schröder-Sonnenstern

 

Ein Neubeginn in der Bewertung seines Werkes kündigte sich erst 2011 mit Ausstellungen in der Galerie Michael Werner in New York und Köln (mehr) an, der eine Präsentation zahlreicher Zeichnungen auf der 55. Biennale in Venedig 2013 folgte. Der „dreifache Weltmeister aller Künste“ ist wieder zurück in der Diskussion um sein eigenwilliges und bis heute unangepasstes, oft sogar noch verstörendes Werk.

 

Friedrich Schröder-Sonnenstern Der Kampf mit dem Moralismusirrtum (1960), Buntstifte auf Karton, 51 x 72cm © VG BILD-KUNST Bonn, 2015


Phänomen Das Museum bringt mit den 70 ausgestellten Arbeiten einen Querschnitt durch sein Werk und trägt der Frage nach Original, Kopie oder Fälschung in besonderer Weise Rechnung. Eigenhändige Zeichnungen stehen neben solchen, an denen Schröder-Sonnenstern Helfer beteiligte. Dem Konzept der Ausstellung entsprechend reicht das Spektrum der gezeigten Arbeiten dann aber auch zu Zeichnungen, an denen nur noch die Unterschrift des Künstlers von diesem selbst stammt. Auf diese Weise hat der Kurator Kraft das „Phänomen Schröder-Sonnenstern“ in all seinen Facetten für die Besucher der Ausstellung aufgefächert.

 

Friedrich Schröder-Sonnenstern (1892 – 1982)

 

Eindrucksvoll sind dabei die gezeigten Variationen ein und desselben Bildthemas wie zum Beispiel Der Eseltreiber oder Der Zauberfrosch will Lichtblick haben. Das Begleitheft zur Ausstellung hilft den Betrachtern, Zugang zu Leben, Werk und Rezeptionsgeschichte von 'Friedrich, dem Einzigen' zu finden. Der Künstler, der sich in Reden und Texten ausführlich zu seinen Bildern und seinen Ideen geäußert hat, sagte einmal: „Weckt mich, wenn ich tot bin!“ Sein Werk jedenfalls wirkt quicklebendig.
bra

 

Die Ausstellung „Friedrich Schröder-Sonnenstern – Der 'dreifache Weltmeister aller Künste' und seine Werkstatt“ ist bis zum 13.03.2016 zu sehen.
Kunstmuseum Villa Zanders
Konrad-Adenauer-Platz 8
51465 Bergisch Gladbach
Tel. 02202 / 142334
Öffnungszeiten
DI + MI + FR + SA 14 – 18 Uhr
DO 14 – 20 Uhr
SO 11 – 18 Uhr

 

  Der Kurator Hartmut Kraft ist Psychoanalytiker, Kunstsammler und Autor (mehr). 

 

 

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