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rheinische ART 06/2022

Archiv 2022

KULTURGESCHICHTE
Ein Lorbeer fürs Leben

 

In London feierte Queen Elizabeth II. „Platinum Jubilee“, ihr 70-jähriges Thronjubiläum. Auch eine andere urbritische Ikone hat Grund zum Feiern und zelebriert ihr 70-jähriges Markenbestehen!

 

Fred Perry, britischer Tennisstar der Dreißigerjahre. Nach großen Erfolgen bei internationalen Turnieren wurde er Berufsspieler und später Modeunternehmer. Foto © Fred Perry / The Design Museum London

 

Das Londoner Design Museum würdigt mit einer Ausstellung ein Polohemd, das einen kulturellen Einfluss ohne Beispiel hatte und sich bis heute einer globalen Anziehungskraft erfreut.

 

 

Fred Perry (Aufnahme um 1934–1936) gewann neben Wimbledon den Davis-Cup sowie die French, US und Australian Open. Foto © Wikipedia commens gemeinfrei

 

Fred Perry (1909–1995), einst Tischtennisweltmeister und danach im Tennis dreifacher Wimbledonsieger, brachte es 1952 auf den Markt, und alle wollten es haben. Nicht nur Freizeitsportler, Tennisstars und -sternchen.

     Unzählige subkulturelle Gruppen, Musik- und Filmgrößen, Fußballfans, später auch die eine oder andere unpopuläre politische Gruppierung, sie waren fasziniert vom feinen und langlebigen Lorbeerkranz-Hemd.
     „Das Fred Perry Polohemd hat die britische Design- und Kulturgeschichte seit seiner Einführung in den 1950er Jahren maßgeblich beeinflusst“, heißt es im Museum. Die Schau verdeutliche, „wie die Marke – und insbesondere das Fred-Perry-Hemd – die Identität in der Mode verkörpert“.

     Anhand von Archivmaterial und den ersten textilen Prototypen, der Entwicklung von Typografie und Lorbeerkranz-Logo sowie abgelegten Promi-Stücken werden die Anfänge des Unternehmens in Großbritannien und sein gesellschaftlicher Einfluss ausgebreitet.

 

Das Fred-Perry-Polohemd hat britische Wirtschaftsgeschichte geschrieben und gilt als eine der langlebigsten Sportbekleidungsmarken. Frühes Modell aus den Fünfzigerjahren, Exponat in der Ausstellung. Foto © Fred Perry / The Design Museum London

 

Dabei wollte der stilsichere Sportsmann, der sich in den kargen Nachkriegsjahren an den grünen Army-Hemden auf den heimischen Tennis-Courts stieß, einfach nur gute, weiße und smarte Tennisshirts dort sehen. Ab 1947 stattete er Wimbledon-Spieler damit aus und 1952 gründete er schließlich ein eigenes Bekleidungsunternehmen. Erfunden hatte er jedoch das Polohemd nicht.


Abgesehen von der Tatsache, dass das leichte Hemd aus Baumwollpikee mit Feinripp-Kragen in Form und Funktion eh aus dem Polo-Reitsport des kolonialen und subtropischen Indien stammte, war es der erfolgreiche französische Tennisspieler und spätere Modemacher René Lacoste (1904–1996), der schon 1927 Polohemden für den Eigenbedarf und ab 1933 in Massenproduktion fertigen ließ.

     Die US-Presse hatte Lacoste, der mehrfacher French-Open-, Wimbledon- und US-Open-Sieger war, den Spitznamen Alligator („Le corcodile“) verpasst, um seine konkurrenzlose Zähigkeit auf dem Platz zu verdeutlichen.

     Werbewirksam versah er fortan sein populäres Polohemd – Modellname Jersey Petit Piqué – auf der Herzseite mit dem grün-roten Krokodil-Logo, und das bis heute. Es war, wie die Sage geht, das erste Kleidungsstück mit einem sichtbaren Markenzeichen.

 

Katalogauszüge der Fred Perry Sportswear Ltd., London. Foto © Fred Perry / The Design Museum London

 
Fred Perry
hatte also ein gutes Vorbild. Seine Hemden erhielten als Markensymbol einen gestickten Lorbeerkranz, eine Reminiszenz an seine Turniersiege. Dazu zählten vor allem der glorreiche Davis-Cup-Sieg gegen Frankreich 1933 und seine drei Mal hintereinander gewonnenen Wimbledon-Turniere zwischen 1934 und 1936. Für die klassenbewussten Sportler in der Upper-Class-Domäne Tennis waren die Erfolge von Perry, einem Mann aus der Arbeiterklasse, ungeheure Vorgänge und eine unvorstellbare Karriere.

     Für kommerziellen Erfolg der praktischen Perry-Hemden sorgten allerdings andere Kreise. Die britische Jugendbewegung der „Modernists“, kurz Mods genannt, entdeckte die Textile für sich. Sie wurde „in“ in der Londoner Musikszene wie Modern-Jazz, Reggae, Beat und in weiteren Subkulturen der Sechziger- und Siebzigerjahre, von Rude-Boys bis zu Skinheads sowie bei Fußballhooligens.

     Letztlich bemächtigte sich das rechtspolitische Milieu des Lorbeerkranzes, ein Tiefpunkt in der Markengeschichte von Perry. 1994 ging das Unternehmen an einen japanischen Unternehmer und arbeitete sich wieder hoch.

     In der Mode- und Gesellschaftsströmung „Cool Bitannia“ nahm es als Label erneut eine Spitzenposition ein und ist längst wieder chic und fein, ein Klassiker in hippen Läden wie bei gediegenen Herren- und Damenausstattern. Es lebe der Lorbeer!
rART/cpw


Die Ausstellung Fred Perry, A British Icon ist bis zum 19. Juni 2022 zu sehen.
Huth Gallery
The Design Museum

224-238 Kensington High Street
London W8 6AG
Der Besuch der Ausstellung ist kostenlos.

 

 

 

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