rheinische ART
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rheinische ART 07/2013

ARCHIV 2013

Zweites Impressionisten-Festival in der Normandie

 

Ein Sommer am Wasser

 

Der Kritiker war nach der ersten Ausstellung so spöttisch wie gnadenlos. Im Gegensatz zu dem Gemälde Impression soleil levant sei eine Tapete im Urzustand ausgearbeiteter. Der Hohn des Journalisten und Kunstkritikers Louis Leroy ergoss sich 1874 in Paris über eine skizzenhafte Momentaufnahme, einen flüchtigen Augenblick, eine Impression – über Claude Monets schemenhaften, nebeligen „Sonnenaufgang“ im normannischen Hafen Le Havre, gemalt zwei Jahre zuvor. Was von Leroy als „Impressionismus“ betitelt mit Spott und Schimpf seinen Anfang nahm, begründete eine der wichtigsten Kunstrichtungen des Jahrhunderts und gab einer ganzen Künstlergeneration den Namen.

 

Gustave Caillebotte, Canotier ramenant sa périssoire, 1878,Huile sur toile ; 73 x 93 cm, Richmond, Virginia Museum of Fine Arts © Virginia Museum of Fine Arts / Foto Katherine Wetzel (in der Ausstellung Rouen)

 

DREI JAHRE nach dem ersten großartigen Impressionisten-Festival, das über eine Million Besucher anzog, feiert die normannische Kulturwelt ihr künstlerisches Erbe mit einer Zweitausgabe. Noch größer, noch teurer, noch länger und offenbar auch noch schöner. Fünf Monate lang, nämlich bis in den September hinein, können Besucher in dem Landstrich an der Kanalküste, der als Wiege des Impressionismus gilt, zwischen rund 600 Veranstaltungen wählen. Die Organisatoren lassen sich die Festivitäten gut 5,5 Millionen Euro kosten.

   Der kulturelle Rundumschlag - neben Ausstellungen auch Konzerte, Filmaufführungen und Kolloquien - steht unter dem Leitmotiv „Impressionisten und Wasser“. Ein zweifellos treffendes Motiv, denn neben Licht und Himmel waren alle impressionistischen Maler stets vom Wasser fasziniert: von seinen Spiegelungen, flirrenden und schillernden Reflexionen und wechselnden Farbnuancen.

   Das „Festival Normandie Impressioniste“ gilt als ein herausragendes Kunstereignis in Frankreich. Es werden mehrere große Sonderausstellungen geboten. In ihnen sind in diesem Jahr bedeutende Werke des Impressionismus zusammengestellt worden, die teils zum ersten Mal als Serie zu sehen sind. Naturgemäß konzentriert sich das Geschehen auf die großen und renommierten Museen in den Großstädten der Region.

 

Kunstmuseum Rouen

 

Das Museum der Schönen Künste (Musée des Beaux-Arts de Rouen) in der Seinestadt besitzt eine bedeutende Impressionisten-Sammlung. Im Rahmen des Festivals hat das Haus mit „Die gespiegelte Farbe“ die Leitausstellung übernommen, die rund 100 Meisterwerke impressionistischer Schwergewicht wie Pissarro, Monet, Van Gogh, Renoir und Sisley (mehr) umfasst und sich dem Thema „Wasser und schillernde Reflexionen“ (Éblouissants Reflets) widmet.

   Zeitgleich legt das Museum zudem ein Augenmerk auf Claude Monet (1840-1926) und zeigt 41 Arbeiten des Franzosen, zusammengetragen aus aller Herren Länder. Bemerkenswert ist hierbei die Präsentation von Monets Klippen-Gemälden unter dem Titel „Die Felsen von Monet, die anderen Kathedralen“. Die beeindruckenden Kreidefels-Formationen malte Monet 1881 u.a. im Normandie-Fischereihafen Fécamp als Serie. Die Arbeiten gelten eher als weniger bekannte Teile seines Œuvres, zählen jedoch zu den schönsten mit Meeresmotiven aus seiner Hand. Insgesamt stellt das Kunstmuseum Rouen mit 180 Werken, teils aus den eigenen Beständen, eine bemerkenswert breite und sehenswerte Übersicht impressionistischer Meisterwerke.

 

MuMa Le Havre

 

„Pissarro in den Häfen“ (Pissarro dans les Ports) heißt die große Ausstellung im „Musée d´Art Moderne André Malraux“, kurz MuMa, in Le Havre. Das dicht am Wasser liegende Ausstellungshaus hat 120 Werke kuratiert, die sich mit dem impressionistischen Blick verschiedener Maler auf die normannischen Häfen Le Havre, Rouen und Dieppe befassen. Camille Pissarro (1830-1903) war ihr Hauptvertreter. Er nutzte etwa 20 Jahre seines Lebens, um ganze Serien von Wasser-, Hafen- und Schiffsmotiven in und um Le Havre und anderen maritimen Plätzen wie zum Beispiel Dieppe oder Le Treport zu fertigen. Hafenbecken, Docks, Segel- und Dampfschiffe, Lagerhallen und der unumkehrbare Strukturwandel zu schnellen und hektischen Industriehäfen sind wiederkehrende Motive bei Pissarro und seinen Impressionisten-Kollegen, wie etwa Eugène Boudin, Raoul Dufy, Othon Friesz oder Albert Marquet. So gesehen könnten die derzeit im MuMa präsentierten Pissarro-Bilder, darunter jene Gemälde, die er 1903 vom Fenster des Hotel Continental in Le Havre aus malte, kaum einen treffenderen Platz zugewiesen bekommen.

   Von den zwischen 1883 und 1903 von Pissarro geschaffenen Hafen-Impressionen werden erstmals 30 Gemälde in einer neuen Kombination gezeigt, sowie 15 Drucke und Zeichnungen des Künstlers. Komplettiert wird der beeindruckende Hafenzyklus durch eine Reihe von sehenswerten Fotografien desselben Sujets, die zu Pissarros Zeit entstanden, als die Fotografie als neues Medium ihre ersten durchschlagenden Erfolge verzeichnete. Das Museum beherbergt die zweitgrößte Impressionisten Sammlung Frankreichs, nach dem Musee d´Orsay in Paris.
 

Pierre Bonnard, Sur le yacht, 1906, Huile sur bois ; 37,4 x 46,5 cm, Musées de Poitiers © Adagp, Paris 2013 © Hugo Maertens / Musées de Poitiers

  

Giverny und Caen

 

Wie Claude Monet so fand auch Paul Signac unablässig neue Inspirationen durch das Betrachten von Wasser und dessen Farben, ob am Meer, an Seen oder Flüssen. In Giverny zeigt das Impressionismus-Museum unter dem Titel „Signac – Die Farben des Wassers“ rund 120 thematisch und chronologisch gehängte Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen des Malers, die an der normannischen Küste entstanden, ergänzt durch zahlreiche Dokumente wie Fotografien, Korrespondenzen und Zeitungsartikel. Eine weitere große Ausstellung veranstaltet das Museum der Schönen Künste in Caen. Wasser und Freizeit bilden hier den Themenkern. „Ein Sommer am Wasser – Freizeit und Impressionismus“, so der Expositionstitel, bietet anhand von 80 Gemälden bedeutender französischer und internationaler Maler wie Manet, Degas, Renoir, Cézanne, zum Teil in Großformat, einen kurzweiligen Blick auf die Freizeit-Beschäftigungen am Wasser, wie sie um die Jahrhundertwende typisch waren.

Klaus M. Martinetz

 

 

Rouen: 29.04. bis 30.09.2013
Schillernde Reflexionen (Éblouissants Reflets)
und
Die Felsen von Monet, die anderen Kathedralen
Musée des Beaux-Arts de Rouen
Esplanade Marcel Duchamp
F-76000 Rouen
Tel.: 0033 (2) 35 71 28 40
Öffnungszeiten
MO - SO 10 -18 Uhr
DI geschlossen

 

 

 

 

 

Le Havre: 27.04. bis 29.09.2013
Pissarro in den Häfen; Rouen, Dieppe, Le Havre
(Pissarro dans les Ports)
MuMa Le Havre
Musée d´Art moderne André Malraux
2 ,Boulevard Clemenceau
F-76600 Le Havre
Tel.: 0033 (0) 2 35 19 62 62
Öffnungszeiten
MO - FR 11 -18 Uhr
SA, SO 11 -19 Uhr


 

 

 

 

Giverny: 29.03 bis 02.07.2013
Signac – Die Farben des Wassers (Signac – les couleurs de l´eau)
Musée des Impressionnismes Giverny
99, rue Claude Monet
F-27620 Giverny
Tel. 0033 (0) 2 32 51 94 65
Öffnungszeiten
MO - SO 10 – 18 Uhr


Caen: 27.04. bis 29.09.2013
Ein Sommer am Wasser – Freizeit und Impressionismus
(Un été au bord de l´eau)
Musée des Beaux-Arts de Caen
Chateau de Caen, Allée du Chat Qui Veille
F-14000 Caen
Tel. 0033 (0) 31 86 85 84
Öffnungszeiten
MO, MI, DO, FR 9.30-18 Uhr
DI 9 -14.30 Uhr
SA, SO geschlossen

 

 

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