rheinische ART
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rheinische ART 07/2020

Archiv 2020

ERINNA KÖNIG
Nonchalant

 

Sie zeigt pure Ästhetik, kommt ohne konkrete Botschaft aus, weckt spontan Ideen und macht Freude: die Ausstellung „Erinna König“ in der Skulpturenhalle der Thomas Schütte-Stiftung.

 

Erinna König Kreuzstich, 1984, Bemalte Gerüstbretter, 253 x 225 x 4,5 cm, Foto: Dejan Sarić

 

Der Name ist Programm und die Künstlerin keine Unbekannte. Die in Düsseldorf lebende und arbeitende Erinna König (*1947) wird gerne im „Rheinischen Postminimalismus“ verortet. Sie selbst quittiert diese Charakterisierung mit einem Augenzwinkern und befreit sich mit ihrer jetzigen Ausstellung ein Stück weit von dieser stereotypen Zuschreibung, indem sie zeitgenössischen Momenten immer wieder überraschend neu Raum gibt.

Minimalistisch sind sie in der Tat, die Arbeiten von Erinna König, die sich bevorzugt mit Gegenständen aus dem täglichen Umfeld künstlerisch auseinandersetzt. Die Schülerin von Joseph Beuys und Dieter Roth kann ihre Meister nicht leugnen. Pure Ästhetik schwingt im gefühlt bedeutungsschwerem wie -leerem Raum, denn Königs Werke entheben sich jeder allgemeinen Interpretation.

 

Erinna König Brettersäule, 2019, Lackfarbe auf Holz, Aquarell hinter Acrylglas, 260 x 61 x 61 cm, Foto: Dejan Sarić


Es sind blassorange Kreuzstiche, gemalt auf an der Wand lehnenden mannshohen Gerüstbrettern, ein grünes konisches Dreieck auf weißem Grund in einem sogenannten „Palästinensertuch“ hoch oben an der Wand verortet oder eine in leuchtendem Magenta erstrahlende feinste Kalligraphie als Objekt von der Decke hängend, die die Blicke zuvörderst auf sich lenken.
     Ein bodennah platzierter Steg, betitelt mit „Der Weg“ weist nach draußen, und zwar in das zur Zeit blühende Margaritenfeld. Die „Schatten“ an der Wand lassen nicht auf die ursprünglichen schattenwerfenden Objekte schließen und die Präsenz des „Machtpeter“, eine schwarze maskenähnlichen Skulptur mit Sicherheitsglas im schmalen Visier, lässt respektvoll Abstand nehmen.

 

Erinna König Nacht, 2020, Gefärbter Edelstahl, Acrylfarbe auf Holztafel, Holzleiste, Gardine, 280 x 180 x 8 cm, Foto: Dejan Sarić

 

Das Handelsblatt* beschrieb ihre Arbeiten als „Objekte voller Magie“ und tatsächlich zeigen sie dem Besucher auf, dass das, was er sieht, nicht das ist, was er erkennt. König ist eine kraftvolle Animateurin, sie provoziert Assoziationen und so entsteht ein unerwarteter Bilderreichtum, gespeist aus Erkenntnis und persönlicher Erinnerung, der sich vor dem inneren Auge des Besuchers öffnet.

 

Zwanglos Die Künstlerin appelliert an die Sehgewohnheit, wenn sie ein geschopptes Frotteehandtuch wie zufällig in einen ehrwürdigen Rahmen fasst, in welchem andere ein Antlitz zu erkennen glauben, oder einen alten Autoreifen aufschneidet und als Blume in einem goldenen Rahmen präsentiert. Es sind die alltäglichen Dinge des Lebens, die, ihres bekannten Kontextes enthoben, von der Künstlerin mit Nonchalance in eine neue Selbständigkeit gebracht werden.

 

Erinna König A Blume, 1986, Gummireifen, Holzrahmen mit Goldauflage, Samt, 89 x 74,5 x 11,3 cm, Foto: Dejan Sarić

 

Kunstgeschichtliche Einordnung In einem Essay schreibt der Kurator Dieter Schwarz im Katalog zur Ausstellung: „Nun haben Gegenstände in der Kunst des 20. Jahrhunderts eine wichtige Rolle gespielt, und man könnte sich überlegen, wie sich Königs Umgang damit von den Verfahren unterscheidet, die seit der klassischen Moderne gebräuchlich geworden sind ... Da gibt es den Gegenstand in der kubistischen Collage und Assemblage, der die Funktion erhält, den illusionistischen Raum zu durchbrechen und auf den Betrachter hin zu öffnen. Aufgrund seiner Farbigkeit und Form tritt der Gegenstand als Element in die Komposition ein. Da gibt es wenig später Marcel Duchamps Readymade und damit die Verschiebung des Gegenstands aus einem realen in den Kunstkontext … Diese Begeisterung für den Gegenstand setzte sich in der Nachkriegszeit fort, und sie erhielt in den 1960er Jahren durch die Wiederentdeckung von Dada und Surrealismus neue Nahrung.“

 

Erinna König, die 1967 ihr Studium begann, sagt über ihre Zeit an der Düsseldorfer Kunstakademie: „Ich habe die Atmosphäre, das Denken an der Kunstakademie inhaliert.“ Und zu ihren Arbeiten: „Spekulation und Assoziation, das ist das Brot, von dem sie sich ernähren.“
Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

Die Ausstellung „Erinna König“ ist bis zum 16.08.2020 zu sehen.
Skulpturenhalle Thomas Schütte-Stiftung
Lindenweg, Ecke Berger Weg
(Nähe Raketenstation)
41472 Neuss/Holzheim
Tel. 02182 / 829 85 20
Öffnungszeiten
FR – SO 10 – 18 Uhr

 

Zitat* Handelsblatt vom 18.06.2020

 

 

 

 

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