Archiv 2015
EMIL ORLIK UND JAPAN
Lust an Translation
Japanische Kunst, ob historisch oder contemporär, ist nach wie vor hoch gefragt. Das Museum Moyland wirft einen Blick zurück in die Zeit um 1900 und präsentiert Arbeiten des böhmischen Grafikers und Malers Emil Orlik, der als einer der ersten europäischen Künstler traditionelle fernöstliche Techniken vor Ort erlernte.
Utagawa Hiroshige Die Tsukuda Insel in Fukagawa, Farbholzschnitt um 1840-1858. Utagawa Hiroshige (1797-1858) war einer der bedeutendsten stilbildenden Meister des japanischen Farbholzschnittes am Ende der Edo-Zeit und ein Hauptvertreter der Ukiyo-e, der „Bilder der fließenden Welt“ (mehr). Privatsammlung Krefeld Foto © Stiftung Museum Schloss Moyland/ Maurice Dorren, 2015 |
Die Ausstellung im niederrheinischen Schloss Moyland, betitelt „Emil Orlik und Japan - Aus dem Land der aufgehenden Sonne“, lässt erahnen, was Ende des 19. Jahrhunderts das kulturelle Europa an Japan faszinierte und bezauberte.
Und der Zauber ist ja nicht zu Ende. Mehrere Veranstaltungen im Rheinland, darunter vier höchst erfolgreiche und bemerkenswerte Expositionen, zeigten jüngst historische und zeitgenössische Kunst des fernöstlichen Inselreichs. Das Jahr 2014, daran sei hier zunächst erinnert, war mit diesen großen Schauen in der Region ein regelrechtes Non-Stop-Japanfestival. Teils reichten die Ausstellungen bis in das laufende Kalenderjahr.
Emil Orlik Geisha in halber Figur, 1900. Foto © Maria Thrun, Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg / Stiftung Museum Schloss Moyland 2015
Emil Orlik Japanischer Drucker, Farbholzschnitt 1900, Foto ©: Maria Thrun, Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg / Stiftung Museum Schloss Moyland 2015
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Japan-Ausstellungen Den Auftakt machte im letztjährigen Frühjahr das Käthe-Kollwitz-Museum in Köln. Es zeigte erstmals Arbeiten des reisefreudigen und exotikaffinen Emil Orlik, die sich auf dessen Verhältnis zu Japan und Amerika bezog (mehr).
Von den japanischen Bildmotiven und Stilmitteln waren im ausgehenden 19. Jahrhundert, als sich ein wahrer Japan-Hype über die bildende Kunst Europas ausbreitete, auch so große Meister wie zum Beispiel Manet, Degas, Cézanne, Gauguin oder van Gogh begeistert. Vor allem in der Hochphase der Rezeption japanischer Kunst in Europa wurden diese Maler von ihr nachhaltig beeinflusst. Dies reflekierte die große Herbst-Ausstellung "Inspiration Japan" im Essener Museum Folkwang (mehr).
Die ungewöhnliche E.ON-Winterschau in der deutschen Japan-Hochburg Düsseldorf mit dem Titel "Nippon Now – junge japanische Kunst und das Rheinland" (mehr) wählte einen anderen Weg. Sie widmete sich zum Jahresende ausschließlich zeitgenössischen Arbeiten hochrangigster japanischer Künstler, die im Rheinland leben oder lebten und die, weit entfernt von der Heimat, Deutschland zum Ausgangspunkt ihres Kunstschaffens gemacht haben.
Gleichzeitig war im Kölner Museum für Ostasiatische Kunst zu sehen, wie sehr Japanisches ein integraler Bestandteil in den Werken von Paul Klee war. Die Erkenntnis verschaffte die Schau "Vom Japonismus bis zum Zen – Paul Klee und der Ferne Osten" (mehr).
Emil Orlik Der japanische Maler Kanô Tomonobu, Farbholzschnitt 1900,
Portrait von Emil Orlik um 1920 Foto © Copyright Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Wien.
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Orliks Japan Nun also in einer Art „Nachschlag“ Schloss Moyland. Die aktuelle Ausstellung dort präsentiert mit rund 190 Arbeiten nahezu vollständig alle Holzschnitte, Lithografien und Radierungen Orliks zum Thema Japan sowie einige Skizzenbuchblätter.
Ergänzend werden mehrere japanische Farbholzschnitte von namhaften Meistern des Ukiyo-e, so etwa von Utagawa Hiroshige, als Vergleichsobjekte ausgestellt. Sehenswert sind ferner auch Orlik-Entwürfe für die Gestaltung von Büchern zu japanischen Themen.
Kuratorin Barbara Strieder betonte, dass diese Werke erstmals gezeigt werden. Sie stammen wie die meisten Orlik-Werke der Schau aus einer Hamburger Privatsammlung. Die japanischen Farbholzschnitte stellte eine Krefelder Privatsammlung bereit.
Pionier Orlik Von künstlerischer Neugierde getrieben, reiste der Maler, Zeichner und Grafiker Emil Orlik 1900 als einer der ersten europäischen Künstler für fast ein Jahr nach Japan.
Er kam als Lernender und studierte dort die faszinierende und inspirierende Technik des japanischen Farbholzschnitts in den Werkstätten bedeutender Maler, Holzschneider und Drucker. Bei seiner Rückkehr brachte er eine Fülle von Eindrücken mit und „translatierte“ die motivischen, formalen und technischen Anregungen sozusagen auf seine eigenen künstlerischen Arbeiten.
Japonismus Für den damals gerade einmal dreißigjährigen Emil Orlik (1870-1932) war die Lehrzeit in Japan maßgebend für seine weitere künstlerische Entwicklung. Er galt als einer der bekannten Japonismus-Vertreter und schuf ab 1902 brillante Farbholzschnitte im Stil des Gastlandes, wie sie kaum von einem anderen europäischen Künstler je erreicht wurden. Eine zweite Reise führte ihn 1912 nach Japan und dem Fernen Osten.
1906 nahm er einen Ruf als Professor an die Staatliche Lehranstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums an. In den Folgejahren portraitierte er in Berlin zahlreiche namhafte Persönlichkeiten aus der Kulturszene wie Ernst Barlach, Lovis Corinth, Otto Dix und Käthe Kollwitz. Für den Theaterintendanten Max Reinhardt schuf er für dessen Inszenierungen Bühnenbild- und Kostümentwürfe.
► Der gebürtige Prager Emil Orlik hatte sich mit seinen großartigen Arbeiten einen Namen als Grafiker gemacht. Für den Kölner Schokoladenfabrikanten Ludwig Stollwerk entwarf er verkaufsfördernde Sammelbilder als Beilage zur Verkaufsverpackung. Zeitweise war er als Pressezeichner tätig.
Claus P. Woitschützke
Die Ausstellung „Emil Orlik und Japan - Aus dem Land der aufgehenden Sonne“ dauert bis zum 22. November 2015.
Stiftung Museum Schloss Moyland
Am Schloss 4
47551 Bedburg-Hau
Tel. 02824 / 95100
Öffnungszeiten
DI-FR 11 – 18 Uhr
SA, SO 10 – 18 Uhr