ARCHIV 2012
Ian McKeever: Flecken, Linien, Schlieren
Abstrakte englische Natur
Alles begann in einer Künstlerkolonie in den Londoner Docklands um 1970. Da malte der 24-jährige Brite Ian McKeever, der soeben ein Literaturstudium abgeschlossen hatte, seine ersten Landschaftsbilder. Ein reinrassiger Autodidakt, der intuitiv und abstrakt arbeitete und bewusst die gegenständliche Bildsprache mied. Er war ein eigenwilliger kreativer Solist - und ist es bis heute geblieben. In Großbritannien zählt Ian McKeever zu den wichtigsten Vertretern der abstrakten Malerei und zu den bedeutendsten Malern seiner Generation.
Blick in die Ausstellung „Ian McKeever. Hartgrove. Malerei und Fotografie“ des Josef Albers Museum © Ian McKeever / Foto: Werner J. Hannappel |
DER KÜNSTLER ist in seiner Heimat, im skandinavischen Raum und in den Vereinigten Staaten in vielen namhaften Sammlungen vertreten und wurde oft in Ausstellungen gezeigt. Zuletzt bot im Jahr 2010 die Londoner Royal Academy of Arts eine Übersicht seines Schaffens. An diesem renommierten Institut auszustellen kommt einem Ritterschlag gleich. In Deutschland hatte Ian McKeever seinen ersten öffentlichen Auftritt bereits 1971 im damaligen West-Berlin. Dennoch blieb er hierzulande in der Breite mehr oder weniger unbekannt. Lediglich das Münchener Kunstforum der Städtischen Galerie im Lenbachhaus präsentierte 1989 aus seiner Werkgruppe A History of Rocks 40 Bilder in einer eigenen Schau.
Malerei und Fotografie
Das Josef Albers Museum/ Quadrat Bottrop widmet dem Maler erstmals seit München wieder eine Einzelausstellung in Deutschland. Es ist keine Retrospektive, vielmehr werden drei Werkgruppen mit zumeist großformatigen Gemälden gezeigt, die vor allem aus der Reihe Hartgrove Paintings stammen, sowie schwarz/weiß Fotografien, die im englischen Wohnhaus des Künstlers entstanden.
McKeevers Acryl-Malerei zeigt die fremde Natur als große Szenerie, geschaffen im Weiler Hartgrove in der Parklandschaft des südwestlichen Dorset, dem Wohnsitz des Malers. Die Werke lassen die Natur wie eine verschleierte Erinnerung erscheinen, unregelmäßig und einfach in den Formen. Dünne Farblasuren, überwiegend in schwarz, weiß und grau bilden Flecken, Linien und Schlieren, die sich in Schichten überlagern. Die Überlagerungen bilden Strukturen mit unterschiedlichen Prägungen, die transparente und lichte Einrücke hervorrufen. Natur – fremd und dennoch nicht abweisend wie das Museum betont.
McKeevers Fotografien hingegen wenden sich nicht der Natur zu sondern dem Inneren seines Wohnhauses, dessen Interieur und der Sphäre der dort lebenden Menschen. Gemeinsam präsentiert erzeugen die Medien interessante Eindrücke, ganz dem teilweise harten Kontrast von Licht und Schatten unterworfen und nicht selten auch kaum zu deuten. Traumhaft, flüchtig, gebannte Sekunden in schwarz und weiß bleibt das Geschaute der Phantasie des Betrachters überlassen.
Der Künstler
Ian McKeever wurde 1946 im Küstenort Withernsea/ Yorkshire geboren. Nach dem Literaturstudium arbeitete er ab 1970 in seinem ersten Atelier in SPACE, Katharinen-Dock, London, in einer Künstlerkolonie. Seiner ersten Ausstellung in Cardiff 1971 (Cardiff Arts Centre) folgte zwei Jahre später eine wichtige Einzelschau im Londoner Institute of Contemporary Arts (ICA).
Ab 1974 präsentierte McKeever Installationen mit Gemälden im Freien. Bis 2011 war er Professor für Zeichnen an der Royal Academy School of Arts, London. Der Künstler hat an zahlreichen Gruppenausstellungen teilgenommen, darunter in führenden Museen in Stockholm, Madrid, Sofia, Barcelona, Peking und Shanghai. In der Londoner Tate Britain war er 2011 zu sehen. Bis Anfang August ist er mit Werken in der Sammelausstellung „Prism“ im norwegischen Nationalmuseum vertreten.
1989 erhielt McKeever ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und lebte und arbeitet ein Jahr in Berlin. Die Zeit in Berlin gilt heute als eine der wichtigsten kreativen Phasen des Künstlers. Im Studio 134 des Künstlerhauses Bethanien in Berlin-Kreuzberg, einem ehemaligen Diakonissenkrankenhaus, vervollständige McKeever einen auf 20 großformatige Diptychen angelegten Bilder-Zyklus.
► Die Ausstellung im Quadrat Bottrop gehört zu der langfristig angelegten Reihe „Albers im Kontext“, mit der das Museum Positionen der zeitgenössischen Malerei von dem Hintergrund seiner Josef Albers-Sammlung vorstellt.
Klaus M. Martinetz
Die Ausstellung „Ian McKeever. Hartgrove. Malerei und Fotografie“ wird bis zum 2. September 2012 gezeigt.
Josef Albers Museum. Quadrat Bottrop
Im Stadtgarten 20
46236 Bottrop
Tel. 02041 / 29716
Öffnungszeiten:
DI – SA 11 - 17 Uhr
SO und Feiertage 10 - 17 Uhr
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