Archiv 2011: aus "Kunst erleben"
Female Pop-Art
Evelyne Axell
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Ein Leben auf der Überholspur
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DAS Mönchengladbacher Museum Abteiberg greift mit „Axelleration“ die feministische Seite der Pop-Art auf und zeigt die hierzulande kaum bekannten Werke von Evelyne Axell aus den 1960er und frühen 1970er Jahren. Die Präsentation ist die erste umfassende Retrospektive außerhalb ihres Heimatlandes.
Mit dieser Ausstellung liegen die Mönchengladbacher im Trend, denn mehrere Künstlerinnen dieser Kunstrichtung sind dabei, wieder entdeckt und neu interpretiert zu werden. Jüngst gezeigte Schauen in New York und Wien verdeutlichten: Pop-Art ist auch weiblich.
Nur acht produktive Jahre
Axells Vita ist ungewöhnlich und spannend. Erst mit 29 Jahren begann die attraktive Schauspielerin, TV-Programmansagerin und Filmemacherin mit der Malerei. In der kurzen Zeitspanne von nur acht Jahren produzierte sie ihr gesamtes künstlerisches Œuvre.
Sie experimentierte mit zeitgenössischen Materialien wie Plexiglas, Emaille, Folien und Kunststoffen jeglicher Art, mit knalligen Farben und reduzierten Formen. Axell etablierte sich im Kunstbetrieb und wurde zu einer im frankophonen Raum stark beachteten Vertreterin der Frauenpower-Bewegung. Ein Leben in hohem Tempo, rasant, experimentell, kompromisslos, wie der Geist jener Zeit.
Evelyne Axell wurde als Evelyne Devaux in Namur geboren. Bei der Wahl ihres Künstlernamens machte sie sich bewusst eine Wortbedeutung zunutze - das Künstlerpseudonym Axell ist in Anlehnung an Accéleration = Beschleunigung zu verstehen.
Im Rückblick erscheint ihr kurzer kreativer Auftritt wie der ungestüme Ritt auf einem wilden Pferd. Mit ihren Bildern tritt sie aus dem Schatten der vermeintlichen Männer-Domäne Pop-Art heraus. Denn die namhaftesten Künstler der damals neuen Stilrichtung waren ausschließlich männlich. Zu ihnen zählten vor allem David Hockney, Allen Jones, Richard Hamilton, Roy Lichtenstein (mehr), Robert Indiana und Andy Warhol.
Provokante Motive
Stilistisch verbinden sich bei Axell die surrealen Malverfahren und die artifizielle Pop-Ästhetik zu einer hochgradig „erotisch und psychedelisch geladenen Bildsprache“, so das Museum Abteiberg in seiner Ausstellungsbeschreibung.
Die Künstlerin arbeitete mit starken intensiven Farben und einer virtuosen, siebdruckartig stilisierten Darstellung von menschlichen Körpern. Im Laufe der Zeit wandelte sich das Material. Der ursprüngliche Bildträger Leinwand musste anderen Werkstoffen wie Plexiglas und Kunststoff weichen, die konventionelle Malfarbe wurde durch Emaillelack ersetzt.
Als Hauptwerk gilt ihr großes altarartiges Triptychon „Joli mois de mai“ (Schöner Monat Mai), das sich auf die studentischen Mai-Unruhen 1968 bezieht und die Demonstranten, die Kiffer- und Hippiekultur der sog. 1968er-Generation karikaturhaft überzeichnet darstellt. Es entstand 1970
Axells Hauptfiguren sind überwiegend Frauen, oft nackt und in aufreizenden Posen; nicht selten sind es Selbstporträts. Deutlich wird dies in dem eigenen Aktporträt „Le Peintre (Autoportrait)“ von 1970, das sie selbst als nackte Malerin mit hoch gehaltenem Pinsel zeigt. Vor dem Hintergrund des seinerzeitigen Moralverständnisses mussten Axells erotische, auch pornografisch zu nennenden Werke mit der offen demonstrierten Nacktheit wie ein Tabubruch wirken.
Evelyne Axell hat es noch zu Lebzeiten verstanden, ihre künstlerische Position zu stabilisieren; sie war mit zahlreichen Intellektuellen und Protagonisten der belgischen Kunstszene befreundet. Ihr künstlerisches Schaffen wird über die Grenzen Belgiens hinaus jedoch nur wenig bekannt.
K2M
► 1969 erhielt Evelyne Axell den renommierten Prix de la jeune peinture belge, den anerkanntesten Kunstpreis in Belgien. 1970 nahm sie an einer Ausstellung von Kunststoff- und zeitgenössischer Kunst im Grand Palais de la Porte des Versailles in Paris teil und 1971 zeigte der Palais des Beaux Arts in Brüssel ihre zweite Einzelausstellung.
► Zeitgleich zur Schau in Mönchengladbach finden zwei weitere Retrospektiven zur „Female Pop-Art“ statt: “Power Up. Female Pop Art”; Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen (vom 23. Juli bis 9. Oktober 2011), vorher in der Kunsthalle Wien und “Niki de Saint Phalle. Spiel mit mir”; Kunsthalle Würth, Schwäbisch Hall (bis 16. Oktober 2011)
Die Ausstellung „Axelleration“ Evelyne Axell 1964 – 1972 ist bis zum 3. Oktober 2011 zu sehen.
Städtisches Museum Abteiberg
Abteistraße 27
41061 Mönchengladbach
Tel. 02161 / 252637
Öffnungszeiten:
DI bis SO 11- 18 Uhr
Bilder (3): Museum Abteiberg Mönchengladbach, ©VG Bild-Kunst
©rheinische-art.de