ARCHIV 2013
Ein großartiger Saul Steinberg
Amerikanischer Alltag
Es ist ihr erster Auftritt in Gänze seit ihrer Entstehung zur Weltausstellung in Brüssel 1958: die Wandarbeit The Americans von Saul Steinberg, eine 70 Meter lange und aus acht Tafeln bestehende Collage. Präsentiert wurde sie damals im amerikanischen Pavillon. Am Ende der EXPO wurde sie in 84 Teile zerschnitten, um Transport und Lagerung zu erleichtern. Das Werk gelangte in die Sammlung des Musées Royaux des Beaux-Arts in Brüssel, wurde jedoch aufgrund des immensen Umfangs nur teilweise ausgestellt. Jetzt zeigt das Museum Ludwig in Köln erstmals wieder die komplette Arbeit.
DER rumänische Zeichner und Karikaturist Steinberg (1914-1999) war in den frühen 1940er Jahren in die USA emigriert. Für die Expo 1958 – es war die erste große Weltausstellung nach dem Zweiten Weltkrieg und die Politik geprägt von der Rivalität zwischen den West- und Ostmächten - gestaltete er diese großformatige Collagearbeit. Sie ist ein humorvoll-kritisches Panorama des amerikanischen Alltags zwischen großstädtischer Hektik und scheinbar ländlicher Idylle.
Steinbergs künstlerischer Blick auf Amerika und dessen charakteristische Eigenheiten ist von zuneigender Art, verschweigt jedoch nicht so manche Schattenseite des „American Way of Life“. Er schaut mit den wachen Augen eines Immigranten auf die Vereinigten Staaten und registriert in unverwechselbarem Stil Phänomene wie Automobilisierung und städtebauliche Veränderung, aber auch Anonymität, Maskenhaftigkeit und Entfremdung. Faszination und Skepsis gehen dabei stets Hand in Hand.
DAS BILD WURDE AUS ©GRÜNDEN ENTFERNT.
The Americans. Drugstore - Small Town, 1958 Collage aus ausgeschnittenem oder -gerissenem Packpapier und aus Tapete, Wachskreide, Pastell, Öl auf doppelt-dicker bemalter Triplex-Platte (8 Tafeln je 300 x 90 cm, 1 Tafel 300 x 83 cm) Musées royaux des Beaux-Arts de Belgique, Bruxelles © The Saul Steinberg Foundation / VG Bild-Kunst 2013 |
Fotografisch reproduzierte Zeichnungen bilden die Hintergrundfolie für Auftritte zahlreicher collagierter Figuren, die - mal vereinzelt, mal in dichter Reihung - die Bildvordergründe dominieren. Sie zeugen von Steinbergs vielfältiger Verarbeitung künstlerischer Einflüsse ebenso wie von seiner Verwendung unterschiedlicher Medien, wie beispielsweise Zeichnung, Fotografie, Tapetenmuster, ausgerissenes Packpapier und Comicfetzen.
Frühe Pop-Art
The Americans bezeugt auf eindrucksvolle Weise Steinbergs zentrale Stellung in der amerikanischen Kunst der fünfziger Jahre. Vorläufer für seine „primitiven" Figuren finden sich unter anderem bei Paul Klee und Jean Dubuffet, die ausfransenden, gigantischen Pappfiguren scheinen aber auch Claes Oldenburgs The Street vorwegzunehmen.
Das Einfügen von Comics aus den Sonntagszeitungen in seine Collagen hat ganz offensichtlich Ähnlichkeit mit dem, was später Pop Art genannt werden sollte. So wird auch im Medium der Collage oftmals populäres Material verarbeitet und auf spielerische Weise die Grenze zwischen „High and Low“ durchbrochen. Dies gefiel Steinberg, der einmal bekannte: „Die Kunstwelt weiß nicht, wo sie mich hinstecken soll".
► Flankiert wird die Ausstellung The Americans von zahlreichen Arbeiten des Künstlers aus seiner mittleren Schaffensphase: Zeichnungen und Collagen, die motivische Parallelen zum Brüsseler Projekt aufweisen, aber auch kombinierte Foto- und Zeichnungsarbeiten, wie die berühmten Papiertüten-Masken - ein fantasievolles Projekt, das er ein Jahr nach den Tafeln für die Expo begann, und in dem er die Gesichter der Figuren aus The Americans wieder aufgriff.
bra
Die Ausstellung „Saul Steinberg: The Americans“ ist bis zum 23. Juni 2013 zu sehen.
Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz
50667 Köln
Telefon 0221 / 221-26165
Öffnungszeiten:
DI – SO 10 – 18 Uhr
jeden ersten DO 10 – 22 Uhr