rheinische ART
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rheinische ART 08/2021

Archiv 2021

BUNDESKUNSTHALLE
Dress Code

 

Die Bundeskunsthalle hat das Spiel mit der Mode neu entdeckt und widmet sich der Bekleidung als Spiegel von Gesellschaft und Individuum. Ein Fazit dieser in Japan mitentwickelten internationalen Schau: Mode hat gefühlt mit be-kleiden genau so viel zu tun wie mit ver-kleiden.

 

Vetements/Demna Gvasalia Show Video, Autumn/Winter 2017 © Courtesy of Vetements

 

Die Frage „Wer bist du?“ geht auf Augenhöhe einher mit „Wer willst du sein?“. Die Mode gibt Antworten darauf und schnell wird klar: Das „real“, also das „Wahre“, geht eine heimliche Symbiose mit dem „fake“ ein. Unheilig muss dieses Spiel nicht sein, bedienen doch beide Zustände das Individuum im Menschen. 

     Im 21. Jahrhundert ist die Zeit des Modediktats endgültig vorbei. Weit, eng, lang, kurz – alles ist erlaubt. Allerdings ist das nicht unbedingt ein himmlischer Zustand, denn es stellt den Einzelnen vor die große Herausforderung, den eigenen Stil und damit sich selbst zu definieren.

 

Comme des Garçons Homme Plus/Rei Kawakubo, Suit, Autumn/Winter 2009, C Collection of The Kyoto Costume Institute, Foto Takashi Hatakeyama

 

Hier helfen sie, die Dress Codes der Gesellschaft. Das ausstellende Haus schreibt dazu: „… Ob Designer-Kleid oder Jeans, Anzug oder Jogginghose, Pullover oder Uniform – jede Kultur, Gesellschaft und Gruppe hat ihre eigenen Dresscodes. Sie geben den Rahmen vor, aber die Ausgestaltung bestimmt jede*r ganz individuell. In einigen Fällen wählen wir danach aus, wie wir uns fühlen. Oder wir entscheiden aufgrund bestimmter Anlässe oder je nachdem, mit wem wir uns treffen und wie wir uns präsentieren möchten. Außerdem soll unser Kleidungsstil bestenfalls unserer Persönlichkeit Ausdruck verleihen, ja uns sogar eine ganz eigene Identität geben. Mit dem, was wir tragen, können wir uns in der Gesellschaft verorten, mit jedem neuen Outfit können wir in immer neue Rollen schlüpfen. Denn Mode ist nicht nur ein Akt des Tragens von Kleidung – sie ist auch ein Akt des Sehens und Gesehenwerdens, der heute mit Vorliebe über die sozialen Netzwerke verbreitet wird.“

 

Installation in "Dress Code" in der Bundeskunsthalle. Film-Still: Eine Rolltreppe als Ort des "Gesehenwerdens". Foto © rheinische ART. 2021

 

Die bemerkenswerte Präsentation titelt „Dress Code“ und widmet sich den multiplen Identitäten des Einzelnen. Somit ist es die häufige, fast tägliche Verwandlung des „Ich“, vollzogen durch das Outfit, der sich diese Schau fast schon philosophisch widmet. Und tatsächlich gelingt es ihr, die Soziologie der Mode und ihre Qualität als Kommunikationsmittel treffend aufzuzeigen.

 

Comme des Garçons/Rei Kawakubo Dress, Spring/Summer 2018, C Collection of The Kyoto Costume Institute, Foto Takashi Hatakeyama

 

Als Besucher kann man sich dem überbordenden Einfallsreichtum der Designer wie auch dem Schwelgen in Farben nun einfach hingeben und seinen Spaß haben, man kann aber auch ganz genau hinsehen und seinen Gefallen darin finden, sie zu erkennen, die großen und kleinen Zeichen der Zeit und der Individualität, die sich als Extravaganzen wie Markierungen an den ausgestellten Outfits festmachen. Besonders gut lässt sich das an dem Aufmarsch des Herrenanzugs – dem konformistischen Kleidungsstück schlechthin – betrachten. Von wegen, dunkler Anzug…

 

Installationsansicht "Dress Code" in der Bundeskunsthalle. Foto © rheinische ART. 2021


Und siehe da, es ist doch eine Kunst, die Zeichen der Unterscheidung zu händeln. Und das Gelingen setzt immer noch eine gewisse Portion Geschmack und Stil voraus! Die Pluralität hat ihre Tücken und das Diktat - zum „Code“ mutiert - irgendwie auch etwas Gutes.

 

Cindy Sherman Untitled # 471, 2008, Color photograph, Edition 3/6 © Cindy Sherman, Courtesy Hauser & Wirth und Sammlung Goetz, München

 

Gezeigt werden wichtige internationale Standards der Streetwear bis hin zur heutigen stilistischen Pluralität. Die Ausstellung präsentiert einen weltumspannenden Überblick zeitgenössischer Mode von insgesamt 60 Designern wie Giorgio Armani, Chanel, COMME des GARÇONS, Issey Miyake, Burberry oder Louis Vuitton, die darüber hinaus mit zeitgenössischer Kunst, unter anderem von Satoru Aoyama, Chelfitsch, Hans Eijkelboom, Keizo Motoda, Cindy Sherman oder Juergen Teller in einen Dialog gebracht wird.
Irmgard Ruhs-Woitschützke

 

 Ergänzend zur Ausstellung bietet die Bundeskunsthalle ein Fashion Lab, das die Themen der Ausstellung vertieft und zahlreiche partizipative Elemente anbietet, die den Facettenreichtum von Mode erfahrbar machen. Insbesondere die Selbstinszenierung der Besucher und die Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper als Projektionsfläche von Identität sind zentrale Gestaltungsmerkmale des Fashion Labs.


 Eine Ausstellung des National Museum of Modern Art, Kyoto, und des Kyoto Costume Institute in Kooperation mit der Bundeskunsthalle. Bonn ist die exklusive europäische Station dieser Schau. Sie war zuvor im National Museum of Modern Art, Kyoto, dem Contemporary Art Museum, Kumamoto, und der Tokyo Opera City Art Gallery zu sehen.

 

Die Ausstellung „Dress Code – Das Spiel mit der Mode“ kann bis zum 12. September 2021 besucht werden.
Bundeskunsthalle
Kunst- und Ausstellungshalle der
Bundesrepublik Deutschland
Helmut-Kohl-Allee 4
53113 Bonn
Tel. 0228 / 9171-0
Öffnungszeiten
DI + MI 10 – 21 Uhr
DO – SO 10 – 19 Uhr

 

 

 

 

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