Archiv 2011: aus "Stiftungen"
Stiftungs-Kultur: Die Montag-Stiftungen in Bonn
Mut zu Neuem! lautet die Devise
Die Arbeiten von Stiftungen mit ihrem bürgerlichen Engagement sind in unserer Gesellschaft tragende Säulen. Viele von ihnen fördern Kunst und Kultur wie die Montag Stiftung Kunst und Kultur. Diese hat mit „faktor kunst“ 2011 Neuland betreten. Die Auslobung ist in ihrer Art einzigartig und hatte mit mehr als 800 Einreichungen aus den Bereichen Bildende Kunst, Musik, Tanz, Theater und spartenübergreifenden Projekten eine überwältigende Resonanz. Prämiert wurden Projekte aus Berlin, Bochum, Hamburg, Moers, Wien und der Städtegruppe Duisburg, Mülheim/Ruhr und Dortmund.
Gruppenbild mit den Preisträgern
Die Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft hat 2011 sechs Kunstprojekte ausgezeichnet. Alle Preisträger hatten den geforderten „Mut zu Neuem!“ und gingen ungewöhnliche Wege. Die Stiftung hatte mit der Auslobung „faktor kunst“ in Deutschland, Österreich und der Schweiz nach partizipatorischen Kunstprojekten gesucht.
Drei Beispiele, wie Kunst und Gesellschaft zusammen wirken können:
Über das Leben lernen…
war das Ziel der Projektreihe „überGehen – Lebensgrenzen, Todesbilder und Abschiedskultur“ des Schloßtheaters Moers. Aus Interview-Texten mit schwer kranken Kindern und Jugendlichen entwickelte die Regisseurin Barbara Wachendorff mit Schauspielern des Theaters eine Aufführung, bei der kranke oder von schwerer Krankheit genesene Kinder und Jugendliche mit den Profiakteuren gemeinsam auf der Bühne stehen oder medial einbezogen werden. Das Projekt arbeitet an der Grenze zwischen Theater und sozialer Wirklichkeit, seine künstlerische Konzeption vermeidet Naturalismus. Die entstehenden Texte werden als Hörbuch eingesprochen, es gibt eine Ausstellung, Diskussionen und Lesungen.
Das Ziel
„Wir wollten Projekte finden, die gesellschaftliches Engagement zeigen, das Potential haben, zu verändern, zu verbessern, zu begeistern und viele Menschen mit einzubeziehen“, erklärt Ingrid Raschke-Stuwe, Vorstand der Montag Stiftung Kunst und Kultur. Insgesamt wurden sechs Projekte ausgezeichnet und mit jeweils 10.000 Euro dotiert. |
Großes Kino für alle…
wird mit dem Projekt „Hustadt Filmpavillon“ in Bochum angestrebt. Im Bochumer Stadtquartier Hustadt, einem Wohnort mit Menschen aus 56 Nationen, soll unter Mitwirkung der Bewohner ein selbstverwaltetes, nicht kommerzielles Kino mit einem vielsprachigen Filmprogramm entstehen, das die Wünsche und Bedürfnisse der Bewohner aufnimmt und sie über kulturelle Grenzen hinweg miteinander ins Gespräch bringt. Das Projekt steht unter der Regie der Architektin und Künstlerin Apolonija Šušteršič und der Kuratorin Katrin Mundt.
Hinter jeder Wand leben kreative Menschen…
so die Überzeugung des Projektinitiators Jochen Gerz. 78 Menschen aus aller Welt bezogen ein Jahr lang mietfreie Wohnungen in Duisburg, Mülheim an der Ruhr und Dortmund. Sie waren Teilnehmer des Projektes „2-3 Straßen – eine Ausstellung in den Städten des Ruhrgebietes“, ein Projekt der Ruhr2010. Es ging um Veränderung – in den Straßen, für und mit den neuen und alten Bewohnern. Gemeinsam wurden Initiativen gestartet, offene Türen geboten, Nachbarn, Passanten und Ausstellungsbesucher wurden zu Gästen. Alle zusammen schrieben ein Buch. 887 Autoren, 3000 Seiten über den Alltag, über das Leben. „Das Buch ist Text, ist soziale Skulptur, ist Kunst als Beitrag von allen. Wer täglich schreibt, verändert sich. Menschen, die sich verändern, verändern die Welt“, heißt es auf der Webseite zum Buch. Die Ausstellung ist zu Ende, doch etwa die Hälfte der Teilnehmer kehrte 2011 nicht in ihre alten Heimatstädte zurück. Die wegweisenden, partizipatorischen Konzepte, die Jochen Gerz seinen Kunstprojekten zugrunde gelegt hat, wurden von der Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft mit einer Sonderauszeichnung gewürdigt.
Klaus M. Martinetz
► Die sogenannten Montag Stiftungen (Stifter ist der Bauunternehmer Carl Richard Montag (*1929) bestehen aus drei gemeinnützigen, operativen Stiftungen, die in unterschiedlichen Bereichen wirken. Übergeordnetes Ziel aller drei Einrichtungen ist das Handeln und Gestalten in sozialer Verantwortung. Die heutige Montag Stiftung Kunst und Kultur wurde 1992 zunächst als „Elisabeth Montag Stiftung“ gegründet. Sie war benannt nach der verstorbenen ersten Ehefrau des Stifters. Im Jahr 1997 folgte die Gründung der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, deren Ausrichtung maßgeblich von ihrem Gründungsvorstand, dem Reformpädagogen Theo Eckmann, geprägt ist. Carl Richard Montags großes Interesse an der Entwicklung zeitgemäßer Baukultur veranlasste ihn 2005 zur Gründung der Montag Stiftung Urbane Räume. Die Verwaltung der drei operativen Förderorganisationen wird von der ebenfalls 2005 installierten Montag Förderstiftung durchgeführt.