Archiv 2016
KUNSTMUSEUM BONN
Bildkritik
Die gebürtige Darmstädterin Susanne Paesler schuf mit präzisem Pinselstrich ab Ende der 1990er Jahre ein malerisches Werk, das mit klassischen Mitteln die zeitgenössische Bildwelt kommentiert. In Bonn erfährt nun die Kunst der 2006 verstorbenen Künstlerin ihre erste größere Würdigung.
Susanne Paesler Ohne Titel, ca. 2006, Lack und Papier auf Aluminium, 200 x 200 cm, Museum Ludwig Köln, Foto (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2015 |
Eine zentrale Frage in Susanne Paeslers (1963 – 2006) Werk lautet: Was kann die Malerei heute noch leisten? Sie löst diese Frage auf ihre eigene Weise, indem sie nicht die Aufgabe stellt, sich als Künstlerin eine eigene Handschrift zuzulegen oder gar einen neuen „Stil“ zu entwickeln.
Denn Paesler diskutiert in ihren Tafelbildern den Stellenwert des Kunstwerkes in einer Welt bereits existierender – gegenwärtiger - Bilder und reproduzierbarer ästhetischer Strukturen. Ihre frühen Werke tarnen sich als reine Formstudien konstruktivistischen Zuschnittes, bis deutlich wird: Drei vertikale weiße Streifen auf blauem Grund tragen im Bildtitel den Namen eines bekannten deutschen Sportschuhherstellers. Auch das populäre Burlington-Muster bannt sie ins Großformat.
Susanne Paesler Ohne Titel, 1995, Lack auf Aluminium,120 x 180 cm, Nachlass Susanne Paesler, Foto (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2015 |
Muster Häufig bezieht Paesler, insbesondere in dieser frühen Werkphase Anfang der 1990er, ihre Anregungen aus der Welt der Hochglanz- und Modemagazine. Dabei beherrscht sie den Balanceakt, ihre Arbeiten nie wie eine versteckte Konsum- oder Kapitalismuskritik wirken zu lassen. Ihre Malerei moralisiert in keinem Fall. Die dargestellten Muster, so bekannt sie auch sein mögen, stehen als Bild stets für sich. Sie verweisen ausschließlich durch ihre allgemeine Bekanntheit auf ihre Herkunft.
Susanne Paesler Ohne Titel (Pollock), ca. 1999, Lack auf Aluminium, 150 x 150 cm, Privatbesitz, Foto (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2015 |
Die Thematisierung bestehender Bildsprachen in ihren Arbeiten charakterisiert auch Paeslers zweite größere Schaffensphase seit Ende der 1990er. Die Künstlerin entfernt sich von den Mustern ihrer Umwelt und geht dazu über, sich die Handschriften ikonischer Künstler wie Willi Baumeister oder Jackson Pollock anzueignen. Die Bildsprache dieser Künstler wird nun, wie vorher die textilen Muster, selbst als epochemachendes Bildmaterial verstanden, als erlernbare visuelle Handschrift. Ihr Signal lautet: Alles ist reproduzierbar, selbst der scheinbar individuelle malerische Ausdruck.
Dem entspricht, dass sie wie eine unparteiische Kommentatorin die Spuren ihres eigenen malerischen Gestus minimiert. Sie vermeidet pastosen Farbauftrag und das Durchscheinen des Bildträgers, indem sie verschwindend dünne Lackschichten auf glatten Aluminiumgrund aufträgt. Dieser reduzierten Wahl der Mittel bleibt sie durchgehend treu.
Susanne Paesler Ohne Titel (gepixelte Geste 2), ca. 2003, Lack auf Aluminium,180 x 180 cm, Privatbesitz, Foto (c) VG Bild-Kunst, Bonn 2015 |
Zu einem Höhepunkt gelangt Paesler in der Arbeit „gepixelte Gesten“ von 2003, die eine Verdichtung ihres künstlerischen Anliegens darstellt. In der Arbeit wird eine stark vergrößerte Linie minutiös auf den Bildträger gebannt. Die Linie ist digitalisiert, ihre einzelnen Pixel sind in den Graustufen erkennbar. So wird eine dreifache Wandlung sichtbar gemacht: Etwas ursprünglich durch Menschenhand Geformtes wird in das reproduzierbare Stadium des Digitalen versetzt und aus diesem erneut in Malerei übertragen. Was, so will die Arbeit fragen, ist in diesem Fall noch authentisch?
Man könnte zu dem Schluss kommen, dass Authentizität hier als reine Einbildung enttarnt wird. Und dennoch: Bei genauer Betrachtung werden die kleinen, fast unsichtbaren Malspuren deutlich, die dem Werk seinen Unikatcharakter zurückgeben. Diese leise Hintergründigkeit, die von der sorgfältigen Ausarbeitung der Arbeiten Paeslers unterstrichen wird, trägt zum besonderen Reiz dieser Kunst bei.
RMW
Die Ausstellung „Susanne Paesler“ ist bis zum 05. Juni 2016 zu sehen.
Kunstmuseum Bonn
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Friedrich-Ebert-Allee 2
53113 Bonn
Tel. 0228 / 77-6260
Öffnungszeiten
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MI 11 - 21 Uhr