Archiv 2023
KÜNSTLER FÜR KÜNSTLER
DIE GROSSE
Für die diesjährige Ausstellung im Düsseldorfer Kunstpalast haben sich insgesamt 1.137 Künstler zur Teilnahme beworben. Die siebenköpfige Jury hat sich für 153 Künstler entschieden, davon sind 73 Künstlerinnen, 76 Künstler und als divers bezeichnen sich vier Künstler*innen. Insgesamt werden über 300 Arbeiten präsentiert, was ein Kompliment für die Künstler und ein Großaufgebot an Werken in der Schau DIE GROSSE ist.
Blick in die Ausstellung DIE GROSSE 2023 Foto © Morgaine Prinz |
Die jüngste Teilnehmerin, so die Ausstellungsmacher, ist die 1996 geborene - und zudem Preisträgerin des diesjährigen Förderpreises – Malerin Lara Kaiser. Der älteste (und treuer) Teilnehmer der GROSSEN ist der Fotograf Walter Vogel mit 91 Jahren. Ihm stehen Georg Meissner mit 89 Jahren, Fritz Josef Haubner mit 86 Jahren und Beatrix Sassen (frühere Preisträgerin des Kunstpreises der Künstler) mit 78 Jahren kaum nach.
Aufbau "Das kleine Format" in DIE GROSSE Foto © E. Koukouwitakis
|
Wer im Rheinland lebt und sich der Kunstszene verschrieben hat, ist auch immer mit der internationalen Künstlerschaft verbunden. So sind auch in diesem Jahr Kunstschaffende aus Ländern wie Niederlande, Italien, Frankreich und der Schweiz vertreten, die alle einen Bezug zu NRW haben.
Der Verein zur Veranstaltung von Kunstaustellungen e.V. zeichnet für DIE GROSSE, ist seit über 120 Jahren aktiv und wird von vornehmlich Düsseldorfer Künstlern getragen. Er zeugt von der Bedeutung und Tradition der Künstlerschaft für die Region und die Landeshauptstadt.
Jedes Jahr verleiht DIE GROSSE den Kunstpreis der Künstler. In der Kunstszene hat dieser Preis eine ganz besondere Bedeutung, so die Organisatoren, denn anders als vergleichbare Auszeichnungen, die meist von einer Jury aus Kritikern und/oder aus Museumsfachleuten besteht, wird der Preisträger oder die Preisträgerin für den Kunstpreis der Künstler vom Vorstand des veranstaltenden Vereins gewählt, also von Künstlerinnen und Künstlern. Die Ehrung sei also „…Ausdruck der Anerkennung und Wertschätzung von Kolleginnen und Kollegen.“
Der diesjährige Preisträger ist der Maler Jan Kolata.
„Wenn man mit über 70 Jahren einen Kunstpreis verliehen erhält, dann steht im Raum, dass der Preis für das Lebenswerk gedacht ist.“ Gefreut hat sich Jan Kolata trotzdem, wie er sagt: „schockartig“. Kolata zeigt bei der diesjährigen Kunstausstellung Werke aus den letzten zwanzig Jahren.
Jan Kolata in seinem Atelier. Foto © Ulrich Baatz |
Emmanuel Mir über Jan Kolata: „Nach einer längeren Beschäftigung mit der Tradition der Gegenständlichkeit fokussiert sich Kolata seit etlichen Jahren auf die Abstraktion. Sein Werk kann als Kompendium der Möglichkeiten der abstrakten Malerei gesehen werden, als ein Repertoire in ständiger Weiterentwicklung der Verfahren, Gesetzmäßigkeiten und Werkzeuge, die Malerinnen und Malern zur Verfügung stehen.
Kolatas große Formate entstehen auf dem Boden seines Lierenfelder Ateliers. Mithilfe von großen Pinseln, Boden- und Fensterwischern bearbeitet er in mehreren Schichten seine Bilder, die zwar komplex, jedoch nie unübersichtlich wirken. Der Künstler legt nämlich seine malerischen Mittel offen und dekonstruiert so sein Metier. Er isoliert dabei einzelne Effekte und technische Gesten, ob das beispielsweise die Wirkung von übereinandergelegten, lasierenden Farben, die Oberflächenstruktur und die Spuren seiner Werkzeuge sind, oder, allgemeiner, kompositorische Prinzipien, die eine Spannung zwischen Vordergrund und Hintergrund erzeugen. Mal ist der Duktus deutlich sichtbar und mäandert nervös auf der Leinwand, mal verschwindet die expressive Bewegung hinter einer monochromen Fläche. Eine Konstante dieser vielschichtigen Praxis bildet die Aufmerksamkeit des Künstlers für die Kraft der Farbe, die im Laufe der Zeit immer eklatanter wird, und für das Spiel mit den Kontrasten, die seine Kompositionen lebhaft und kräftig erscheinen lassen.
Aufbau DIE GROSSE Foto © Morgaine Prinz
|
Auf der Suche nach dem Gleichgewicht zwischen Systematik und Inspiration, Analyse und Emotion, Kalkül und Zufall, entwickelt Jan Kolata ein Œuvre, das die Vielfalt der Abstraktion offenbart und als Hommage an sein Medium aufgefasst werden kann.“
Kolata mag den Perspektivwechsel. Er lernte die Enge des Raums kennen, als er bei der Bundeswehr den Dienst an der Waffe verweigerte und in eine Arrestzelle gesteckt wurde. Die Welt von oben lernte er als Dachdecker kennen. Er absolvierte ein Kunsterzieherexamen, gab Kurse in der Erwachsenenbildung und unterrichtete an der Schule. „Aber dann habe ich mich doch für das Leben als freier Künstler entschieden und das niemals bereut“, so Kolata. Von 2006 bis 2016 war er Professor für Malerei an der TU Dortmund. Ausgestellt werden seine Bilder in Galerien in Düsseldorf, Paris und Toronto.
Blick in die Ausstellung DIE GROSSE 2023 Foto © Morgaine Prinz |
Die Förderpreisträgerin Lara Kaiser
Für Lara Kaiser war es eine Premiere. Die Malerin schaffte es nicht nur in die Endrunde zur Teilnahme, sondern setzte sich auch bei der Wahl des Förderpreises unter 19 Kandidaten durch. „Dass ich dann auch noch den Förderpreis bekomme, damit habe ich wirklich nicht gerechnet“, freut sich die Wahl-Düsseldorferin.
Lara Kaiser Zu verschenken Foto © Jana Mengu
|
„Wir wollten in diesem Jahr den künstlerischen Nachwuchs unter 35 Jahren fördern, der gerade von der Uni kommt“, erklärt Ausstellungsleiter Michael Kortländer die Juryentscheidung.
Für Lara Kaiser ist der Förderpreis die Bestätigung, beruflich auf dem richtigen Weg zu sein. „Es bringt nicht viel, Fünfjahrespläne aufzustellen. Ich glaube lieber an die Möglichkeiten, die kommen“, beschreibt sie ihre Lebensphilosophie. Und die scheint aufzugehen: Denn „Die Grosse“ hat das Preisgeld für den Förderpreis für junge Künstler auf 7.500 Euro erhöht.
Kaiser beschäftigt sich mit gegenständlicher und abstrakter Malerei und fragt danach, was Malerei bedeutet. Sie beginnt komplexe Raumsituationen in Öl zu malen, Arbeitsräume in der Kunstakademie, Dachböden und Stillleben. „Ich mag die Zwischenräume der Existenz, die Dinge, die in der alltäglichen Wahrnehmung verschwinden.“ Dabei haben die Farben am Ende nur wenig mit denen zu tun, die sie gesehen hat. „Ich frage mich immer, was das Bild braucht, wo muss ich etwas übermalen. Im besten Fall bekommt das Bild eine Eigendynamik.“
In ihren neueren Arbeiten gewinnen die naturalistischen Situationen abstrakte Elemente. Kaiser favorisiert kleine Formate. So malte sie eine Sofa-Reihe mit dem Titel „Zu verschenken“. Mit ihren drei kleinsten Bildern hat sie sich bei der Kunstschau beworben.
Ein Jahr lang aquarellierte die Malerin verlassene und verwaiste Betten, denen man ansieht, dass eben noch jemand dort geschlafen hat. „Die Abwesenheit des Menschen ist eines meiner Werkzeuge“, erklärt Kaiser dazu.
► „Die Grosse“ heißt so, weil sie die größte von Künstlerinnen und Künstlern organisierte Ausstellung in Deutschland ist. Über 15.000 Besucher besuchten die Ausstellung zum 120-jährigen Jubiläum im letzten Jahr. Als eine der wenigen Kunstausstellungen weltweit können Besucher Kunstwerke in einem Museum käuflich erwerben. Alleine das „Kleine Format“ spielte über 65.000 Euro ein. Die Ausstellung ist weit über NRW hinaus bekannt. Rund 1200 Bewerbungen – auch aus den Niederlanden, Italien und der Schweiz – wurden bei der Jury eingereicht. 151 Künstlerinnen und Künstler sind mit über 300 Kunstwerken im Kunstpalast Düsseldorf, im NRW-Forum und im Ehrenhof vertreten. Gezeigt werden Werke der Malerei, Fotografie, Grafik, Bildhauerei, Installation und Videos. Begleitet wird die Ausstellung von sonntäglichen Matinées und Künstler-Gesprächen.
rART
Die Ausstellung „DIE GROSSE“ ist bis zum 09.07.2023 zu sehen.
Kunstpalast
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
NRW-Forum
Ehrenhof 2
40479 Düsseldorf
ÖFFNUNGSZEITEN
DI – SO 11-18 Uhr
DO 11-21 Uhr