rheinische ART
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rheinische ART 11/2015

Archiv 2015

AGNES MARTIN IM K20
Ein Hauch von Kunst

 

Reingehen, hinsetzen, gucken lautet die Empfehlung des Hauses und auch der Künstlerin selbst. Die gab den Rat sinngemäß bereits vor einem halben Jahrhundert. 

 

Blick in die Ausstellung. An der Seitenwand: Agnes Martin The Islands I-XII (Die Inseln I-XII, 1979), Acryl und Grafit auf Leinwand, 182,9 x 182,9 cm. Der zwölfteilige Zyklus, ein Höhepunkt der K20-Schau,  wirkt monumental und zurückhaltend zugleich. Die Aufmerksamkeit des Betrachters ist besonders gefordert, da die Künstlerin mit reduzierten Mitteln jedes Gemälde individuell ausprägte. Whitney Museum of American Art, New York. Foto © rART 2015

 

DAS BILD WURDE AUS 

©GRÜNDEN ENTFERNT.

 

 

Agnes Martin Untitled #5, 1998, Acryl und Grafit auf Leinwand, 152,4 x 152,4 cm © 2015 Agnes Martin/Artists Rights Society (ARS), New York, VG Bild-Kunst, Bonn 2015, Foto Ellen Page Wilson, Courtesy Pace Gallery © Kunstsammlung NRW

 

DAS BILD WURDE AUS 

©GRÜNDEN ENTFERNT.

 

 

Agnes Martin The Islands, c.1961, Acryl und Grafit auf Leinwand, 182,9 x 182,9 cm, Privatsammlung, New York, © VG Bild-Kunst 2014 Foto: Courtesy Pace Gallery © Kunstsammlung NRW

 

Nichts Gegenständliches, sondern horizontale und vertikale Linien und zarte, transparente Grau- und Farbtöne auf großformatigen Leinwänden bestimmen im Wesentlichen Agnes Martins Kunst. Das will verarbeitet werden, das braucht Zeit. Unsere Empfehlung: Die Zeit sollte man sich nehmen! 

     Es sind Bilder, deren Farben wirken, als spiegelten sie das diffuse Licht und die frühherbstlich-nebeligen, weichen Momente eines Sonnenaufgangs. Martins fast durchscheinende, feine Gemälde und Zeichnungen schärfen, so die Ausstellungsmacher, bei genauerer Betrachtung die Sehgewohnheiten.
 
Wiederentdeckung Die Arbeiten der gebürtigen Kanadierin Agnes Martin (1912-2004) hängen in wenigen bekannten Museen, sind aber millionenschwer. Die Künstlerin ist eine der bemerkenswertesten Malerinnen des 20. Jahrhunderts und dennoch stand sie, die großartige Vertreterin des Abstrakten Expressionismus (mehr), in der Kunstgeschichte nie in der ersten Reihe.
     Ihre männlichen Kunstkollegen - man denke da etwa an Robert Rauschenberg oder Mark Rothko - aus dem legendären New Yorker Hafenmilieu verstanden sich wirksamer auf "Kunstmarketing", waren präsenter, manchmal besser, vielleicht auch aufregender - und raubten ihr so die Aufmerksamkeit. Jetzt gilt die zurückhaltende Malerin - wie auch ihre Kollegin Joan Mitchell (1925-1992), die ein ähnliches Schicksal erlitt und derzeit im Kölner Museum Ludwig präsentiert wird - als Wiederentdeckung!
     

Lichtheit 1995 kommentierte Martin, wohlwissend um die Wirkung ihrer Malerei, offen: „Meine Gemälde sind sicherlich ungegenständlich. Sie bestehen nur aus horizontalen Linien. Da gibt es keinerlei Andeutung von Natur." Drei Jahrzehnte vorher formulierte sie über ihre Bilder: "Sie sind Licht, Lichtheit, sie handeln vom Verschmelzen, von Formlosigkeit, vom Auflösen der Form.“ Die besondere, lichte Ausstrahlung der Werke beruht vor allem darauf, dass die Malerin mit extrem verdünnter Acrylfarbe auf weißem Gipsgrund arbeitete.


Rückschau In dieser ersten Retrospektive elf Jahre nach ihrem Tod wird ihr außergewöhnliches Schaffen in allen seinen Facetten ausgebreitet. Mit etwa 130 Gemälden, Zeichnungen und druckgrafischen Arbeiten aus sechs Jahrzehnten bildet das K20 Martins gesamten künstlerischen Weg ab: von ihren frühen Bildern über die in New York entstandenen, experimentellen Werke und Assemblagen der 1950er-Jahre bis hin zum reifen Spätwerk.

 

Agnes Martin in ihrem Atelier, Galisteo, New Mexico 1992. Foto Charles R. Rushton © Kunstsammlung NRW

 

Steifen- und Gitterbilder Es ist ein der Abstraktion verpflichtetes Werk der leisen Töne, das sich im Umfeld des amerikanischen abstrakten Expressionismus und der minimalistischen Tendenzen entwickelte, bemerkte Kuratorin Maria Müller-Schareck. Seit den frühen 1960er Jahren konzentrierte Agnes Martin ihr künstlerisches Vokabular auf horizontale und vertikale Linien, die die Fläche gitterartig strukturieren oder in Streifen gliedern. Auf ihren matten, fast ausnahmslos quadratischen Leinwänden und Papieren spielt das Zusammenwirken der Linien des Grafit- oder Farbstifts und der reduzierten Palette zarter Farbtöne eine wesentliche Rolle.

     Auf der Basis dieser Konzentration und Reduktion entwickelte Martin ein bildnerisches Universum von überwältigendem Reichtum, das dem geduldigen Auge faszinierende (Seh-) Erlebnisse zu schenken vermag, wie es im Museum heißt.

 

Blick in die Ausstellung: li.: Agnes Martin, Untitled um 1957, Öl auf Leinwand, 86,4 x 86,4 cm; re.: Agnes Martin Hommage to Life 2003, Acryl und Grafit auf Leinwand, 152,4 x 152,4 cm. Foto ©rART 2015 

 

Einzelgängerin Im Jahr 1940, mit 28 Jahren, nahm Agnes Martin die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an. Schon zu Beginn ihrer künstlerischen Laufbahn gewann Martin, die ausgebildete Pädagogin war, die Anerkennung der männlich dominierten Kunstszene New Yorks. Nachhaltig beeindruckte sie, die die meiste Zeit ihres Lebens in der Einsamkeit der kleinen Präriegemeinde Galisteo im Bundesstaat New Mexico verbrachte, die Künstler ihrer eigenen wie auch nachfolgender Generationen. Martin galt als schwierige Persönlichkeit und litt unter Schizophrenie. Sie hatte sich ab 1967 vorübergehend gänzlich aus dem Ostküsten-Kunstbetrieb zurückgezogen, lebte und arbeitete für Jahre als kreative Einzelgängerin in der Ödnis.

     Dass ihr Werk heute vielen weitgehend unbekannt ist, resultiert nicht zuletzt aus der Tatsache, dass man ihm weder in Ausstellungen noch in Museumssammlungen häufig begegnet, betonte Kunstsammlung-Direktorin Marion Ackermann. Die Kunstsammlung NRW konnte 2011 ein Gemälde erwerben, das seither im Umfeld von Martins Zeitgenossen – Jackson Pollock, Ellsworth Kelly, Franz Kline, Ad Reinhardt und Mark Rothko – im sogenannten "Amerikaner-Saal" (Robert Rademacher Galerie) präsentiert wird. Die NRW-Landesgalerie gehöre damit, so Marion Ackermann weiter, zu den wenigen europäischen Museen, die ein Martin-Werk besitzen. 

rART/bra

 
 Vier internationale Museen in den USA und Europa ehren mit dieser Retrospektive die Malerin, deren Rolle und Bedeutung für die Kunst des 20. Jahrhunderts noch nicht ausreichend geschätzt wird und die es neu zu bewerten gilt. Die Ausstellung ist organisiert von Tate Modern London in Kooperation mit der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, dem Los Angeles County Museum of Art (LACMA) und dem Solomon R. Guggenheim Museum, New York.


 Die Exposition wird gefördert durch die Art Mentor Foundation Lucerne und die Terra Foundation for American Art (mehr)


Die Ausstellung Agnes Martin ist bis zum 6. März 2016 zu sehen.

K20 Grabbeplatz

Grabbeplatz 5

40213 Düsseldorf

Tel 0211-83 81-204

Öffnungszeiten

DI-FR 10-18 Uhr

SA, SO 11-18 Uhr