rheinische ART
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rheinische ART 12/2016

Archiv 2016

PRÄMIERTES AUS JAPAN

Design im Zeichen des Kreises


Es gibt eine grundlegende geometrische Figur, die als perfekte Form gilt. Jedenfalls in Japan. Es ist der Kreis. Er gilt dort als nationales Zeichen, symbolisiert die aufgehende Sonne und ziert auch das Zentrum der japanischen Flagge.

 

Blick in die Ausstellung Stuhldesign made in Japan: Origami-Stuhl (rot) und Twing 4 Stuhl (rechts) Chair by Alias Design: Nendo (Oki Sato) Foto © Red Dot Design Museum Essen 2016

 

Der Kreis, so sieht es die fernöstliche Philosophie, hat weder Anfang noch Ende und steht als Symbol für die Einheit. Dieses Leitmotiv spiegelt sich auch in einer Ausstellung wider, die derzeit im Red Dot Design Museum in Essen zu sehen ist.

     Es handelt sich um eine japanische Produktschau, die erkennen lässt, wie Designer und Hersteller von der fernöstlichen Inselgruppe unterschiedliche Ansätze miteinander verbinden: es werden traditionelles Kunsthandwerk mit Spitzentechnologien kombiniert und das japanische Prinzip der Harmonie mit westlichen Gestaltungseinflüssen in Einklang gebracht.

     Sämtliche Produkte, Kommunikationsarbeiten und Designkonzepte, die das Red Dot Design Museum aktuell auf dem Welterbe Zollverein in Essen präsentiert, überzeugen und wurden von internationalen Experten mit dem bekannten Red Dot-Siegel für Gestaltung ausgezeichnet.

 

Musikwerkzeug Elektronisches Schlagzeug von Yamaha Foto © Red Dot Museum Design Essen 2016

 

Die Schau läuft unter dem Titel „Design im Zeichen des Kreises“ und reicht vom elektronischen Schlagzeug über ausgefallene Verpackungen bis hin zum Origami-Stuhl. Rund 100 Exponate laden zum Entdecken japanischer Formen und Farben ein. Und das Besondere, was nur in Museen der Kategorie Eventhaus zu haben ist: Die Besucher dürfen sich von der Haptik überzeugen und zahlreiche Objekte anfassen und ausprobieren.

 

Von der Faltkunst “Origami” inspiriert: IN-EI Leuchtenserie Luminaire range by Artemide Design: Issey Miyake + Reality Lab. Red Dot: Best of the Best 2013 Foto © Red Dot Design Museum Essen 2016

Eines der Spitzenprodukte in der Ausstellung ist die von der Faltkunst „Origami“ inspirierte Leuchtenserie „IN-EI“ des Tokioter Stardesigners Issey Miyake (*1938). Der studierte Grafikdesigner arbeitete 1964 zunächst als Designassistent beim Modemacher Guy Laroche, später bei Givenchy.

     1970 gründete Miyake sein eigenes Designstudio. Berühmt wurde er mit der japanischen Modedesign-Bewegung ab Mitte der 1980er Jahre.

     In einem völlig anderen Metier bewegt sich die Agentur Bullet aus Tokio. Sie verblüfft damit, wie man japanischen Reiswein eindrucksvoll verpackt. Die Bullet-Kreativen entwarfen ein Packaging Design, das von der Erscheinung des Koi-Karpfens, dem berühmtestens Zierfisch Japans, inspiriert wurde.

 

KOI Japanese Sake Getränkeverpackung Beverage packaging by Imayotsukasa Sake Brewery Design: Bullet, Foto © Red Dot Design Museum Essen 2016

 

Da der Fokus der Essener Exposition auf technologischen Innovationen liegt, für die Japan bekannt ist, können Besucher unter anderem formschöne Kameras und Smartphones entdecken. Neben zahlreichen aktuellen Entwürfen dient der Sony-Walkman, der – wohlgemerkt – schon vor 30 Jahren in Essen bereits ausgezeichnet wurde, als ein historisches Beispiel, das in „Design im Zeichen des Kreises“ zu sehen ist.

 

Invisible Table Tisch Table by Kartell Design: Tokujin Yoshioka, Red Dot: Best of the Best 2013 Foto © Red Dot Design Museum Essen 2016

 

 

Yutanpo Wärmflasche Hot-water bottle by Masahiro Minami Design Foto © Red Dot Design Museum Essen  2016

 

Coolpix S6900 digitale Kompaktkamera Digital compact camera by Nikon In-house design (Toshiko Odashima, Kenichi Soejima) Foto © Red Dot Design Museum Essen 2015

 

Die Schau lässt erkennen,dass sich das zeitgenössische japanische Design einerseits an westlichen Stilrichtungen wie Bauhaus (mehr) und Funktionalismus orientiert. Andererseits aber auch aus der Tradition ihrer formbetonten Kultur schöpft, sei es aus dem Drang nach Reduktion oder einer nach Harmonie strebenden Proportionslehre.

 

Historisches Mit der Gründung der Japan Design Association unter Mataichi Fukuchi (1862-1909), dem ersten Professor für Gestaltung an der School of Fine Arts in Tokio, setzte ab 1901 der gezielte Transfer japanischer und westlicher Gestaltunglehre ein. Wesentliche Impulse kamen von der Pariser Weltausstellung ein Jahr zuvor, auf der erstmals hochqualitative Werke und Objekte von Künstlern der Inselgruppe zu sehen waren (mehr).

     Die danach einsetzende „moderne Ära“ des Kulturtransfers war geprägt von Männern wie dem US-Architekten Frank Lloyd Wright, der 1905 die japanischen Gestaltungsprinzipien im Westen bekannt machte und selbst seine Konstruktionen dem Grundsatz „Elimination des Unwesentlichen“ unterstellte.

     Im Gegenzug übten Institutionen wie der Deutsche Werkbund (mehrund das Bauhaus großen Einfluss auf das junge Japan aus. Meilensteine in der Designentwicklung für Japan waren etwa 1924 die Gründung der Siebenergruppe „Shichininsha“ für grafische Kunst und 1928 der Arbeitskreis für Form „Keiji Kobo“, eine Gruppierung, die das Ziel verfolgte, Möbel, Lampen und Haushaltswaren mit durchdachtem Industriedesign günstig zu produzieren.

 

Bruno Taut Letztlich war es auch ein Deutscher, der japanische Gestalter und Architekten nachhaltig beeinflusste. Der Königsberger Baumeister und Stadtplaner Bruno Taut (1880-1938) kam 1933 als Exilant nach Japan und bestärkte während seines dreijährigen Aufenthalts dort die heimischen Künstler und Architekten, sich auf ihre Qualitäten im Handwerk und auf ihre Originalität zu konzentrieren.

     Aus diesem geistigen Grundstock gründete sich 1936 die Japanese Association of Design and Industries. Anfang der Neunziger Jahre veröffentlichte das japanische MITI (Ministry of International Trade and Industry) eine manifestähnliche Verlautbarung, in dem das Industriedesign Japans auf die Ebene eines zu vererbenden kulturellen Wertes erhoben wurde.

     Im Industriedesign ist das „Land der aufgehenden Sonne“ bis heute weltweit Spitzenklasse. An japanische Hersteller und Designer verlieh das Red Dot Museum Essen allein im Jahr 2016 116 Auszeichnungen.

Klaus M Martinetz


Die Ausstellung „Design im Zeichen des Kreises“ wird bis zum 19. März gezeigt.
Red Dot Design Museum Essen
Gelsenkirchener Str. 181
45309 Essen
Tel 0201 30104-60
Öffnungszeiten
DI-SO 11-18 Uhr

 

 

 

 

 

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