Archiv 2011: aus "Kunst erleben"
In Anlehnung an den Konstruktivismus
Der us-amerikanische Künstler Joel Shapiro Foto rArt |
Ein Spiel mit der
Wahrnehmung
Der Fotograf ging mit der Kamera in der Hand auf und ab. Kritisch prüfte er seinen Standort, indem er durch den Sucher der Kamera blickte, am Objektiv drehte. Dann ging er, ohne auf den Auslöser gedrückt zu haben, umherblickend weiter. „Du kannst sie nicht auf einmal erfassen“, half ihm Joel Shapiro.
„Sie“, das ist die Installation, die der us-amerikanische Bildhauer für den Oberlichtsaal im Museum Ludwig in Köln geschaffen hat. Plattenförmige und plankengleiche Elemente aus unterschiedlichem Holz sind in verschiedenen Winkeln hängend im Raum verteilt. Ein Oben und Unten auszumachen fällt schwer und ist eigentlich nicht von Bedeutung. Von der Galerie aus kommend taucht der Betrachter mit jeder Treppenstufe, die ihn in den Saal hinabführt, mehr in „sie“ hinein. Die farbigen Elemente schweben wie Satelliten gleich in immer neuer Konstellation um ihn herum. Gleichwohl starr, scheinen sie sich aber zu bewegen.
So oder so ähnlich muss der Eindruck im Orbit sein, ist ein unwillkürlicher Gedanke. Und ein anderer: Leicht sieht alles aus, sehr leicht.
Die Raumerfahrung ist eine ganz besondere und wer den Film "2001: Odyssee im Weltraum" von Stanley Kubrik kennt, kann sich so manchesmal daran erinnert fühlen.
Die Bretter und Holztafeln mit ihren geometrische Formen sind in diesem offenen Raum nur gefühlt wahllos arrangiert, ohne erkennbare Ordnung und ohne Zentrum oder Mitte. Joel Shapiro hat sich in der Aufbausituation nicht vom Zufall oder einer Eingebung leiten lassen. Seine Installation ist mathematisch exakt berechnet und geplant.
Gefertigt wurden die Holzteile, die sich in Pink, Himmelblau, Waldgrün oder Sonnengelb präsentieren, bereits in Amerika. Sie sind mithilfe dünner schwarzer oder durchsichtiger Schnüre, die unterschiedlich schwere Lasten fixieren können, in der Wand, der Decke oder im Boden verankert. Die Planken sind bis zu sechs Meter lang, eine Tafel ist so groß und breit wie eine Haustüre.
Irmgard Ruhs-Woitschützke
► Joel Shapiro wurde 1941 in New York geboren und studierte von 1964 bis 1969 Bildende Kunst an der New York University. Er vertrat die Vereinigten Staaten 1976 auf der 37. und 1980 auf der 39. Biennale von Venedig. Seine Arbeiten waren auf der documenta 6 und der documenta 7 zu sehen. Shapiro lebt und arbeitet in New York.
Die Installation von Joel Shapiro ist bis zum 25. September 2011 zu sehen.
Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz
50667 Köln
Tel. 0221 / 221-26165
Öffnungszeiten
DI – SO 10 – 18 Uhr
jeden ersten Donnerstag im Monat 10 – 22 Uhr