Archiv 2020
CHRISTO
Unvergessliche Kunst
Einer der großen Gegenwartskünstler ist tot. Der „Verhüller“ Christo ist in New York mit 84 Jahren verstorben.
Die Verhüllung des Reichstags machte sie in Deutschland berühmt. Christo und seine Ehefrau Jeanne-Claude 1995 in Berlin vor dem Parlamentsgebäude. Foto © Claude Lebus 1995 Wikipedia / commons wikimedia.org |
Der US-amerikanische Aktionskünstler mit bulgarischen Wurzeln und seine Ehefrau Jeanne-Claude (1935 –2009) waren weltbekannt, vor allem für ihre „Wrapped“-Kunst.
Christo und Jeanne-Claude Verhüllter Reichstag Berlin 1993 (Ausschnitt), signierter Druck, Blattgröße 60 x 80 cm, Privatbesitz, Foto © rheinische ART 2020
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Christo begann seine künstlerische Laufbahn als Maler, bevor er zu seiner unnachahmlichen und verfremdenden „Verhüllungskunst‘“ gelangte. Zunächst in Form verpackter Alltagsobjekte steigerten sich die Arbeiten zu den atemberaubenden Verwandlungsprojekten.
Es ist eine Kunst in Form raumgreifender „Land Art“, bei der markante und bekannte Landstriche wie etwa Reisfelder in Japan oder Stadtteile von Metropolen mit Textilmaterialien dekoriert, verpackt, eingehüllt oder verhüllt wurden.
Christo starb jetzt, wie mitgeteilt wurde, eines natürlichen Todes. Er war seit dem Jahr 2009 Witwer. Zeitlebens hatten er und seine Frau Jeanne-Claude als Künstlerpaar zusammengearbeitet und zahlreiche spektakuläre Kunstprojekte realisiert.
Im Kleinen dachten beide dabei von Anfang an nicht. Mit ihren kühnen Plänen und visionären Konzepten stießen sie immer wieder auf große Skepsis und Vorbehalte. Beirren ließ sich das ungewöhnliche Duo nicht. Es hielt an seinen Vision fest und forderte die Zweifler und Kleingeister heraus, anders zu denken und Wagemutiges zu tun.
Dabei vergingen zwischen Planung und Realisierung häufig Jahre bis Jahrzehnte. Immer wieder kam es zu Verzögerungen, bedingt durch Einwände von Regierungen, Umweltschützern, Projektgegnern oder Anwohnern. „Ohne Widerstand gibt es keinen Christo-Effekt", schrieb einmal treffend der Kunstkritiker und -historiker Werner Spies.
Plakat zur Ausstellung im Brühler Max Ernst Museum 2010. Foto © rheinische ART 2020
Christo The Arc de Triumph (Project for Paris, Place de l'Etoile – Charles de Gaulle) Wrapped, Drawing 2018 30 1/2 x 26 1/4" (77.5 x 66.7 cm) Pencil, charcoal, pastel, wax crayon, enamel paint and tape on brown board Photo: André Grossmann © 2018 Christo
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Verhüllungen von historischen Gebäuden wie in Berlin der Reichstag oder in Bern die dortige Kunsthalle blieben allerdings Raritäten. Arbeiten in und mit der Natur dominierten.
Zu den bekanntesten zählen ein gewaltiger orangefarbener Talvorhang in einer Rocky Mountains-Schlucht („Valley Curtain“ 1972), in Paris 1985 die Verhüllung der Brücke Pont Neuf, farbige Stoffschirme in einer Wüste Kaliforniens und zeitgleich in der japanischen Präfektur Ibaraki („The Umbrellas“ 1991), tausende orangefarbener Tore im New Yorker Central Park („The Gates“ 2005) und die 16-tägigen „Floating Piers“ in Norditalien 2016 (mehr).
Deutschland und insbesondere dem Rheinland stand das Künstlerpaar stets nahe. Erste Ausstellungen gab es Anfang der Sechzigerjahre. Christo arbeitete damals zeitweise in Düsseldorf im Umfeld der ZERO-Gruppe (mehr).
Berühmt wurde das kreative Ehepaar hierzulande vor allem mit der legendären Reichstagsverhüllung („Wrapped Reichstag“ 1995). Vier Jahre später installierten sie in Oberhausen das Ölfässer-Projekt „The Wall“. Ebenfalls in Oberhausen im historischen Gasometer schuf Christo 2013 die 94 Meter hohe Skulptur „Big Air Package“. Das Brühler Max Ernst Museum zeigte 2010 eine große Ausstellung über die Kunst von Jeanne-Claude und Christo (mehr).
Wie anlässlich des Todes von Christo mitgeteilt wurde, soll das nächste Projekt, die Verhüllung des Pariser Arc de Triomphe im Herbst 2021, weiter vorangetrieben werden (mehr). Dies entspräche dem Wunsch des Verstorbenen, für den immer festgestanden habe, dass die Kunst von ihm und seiner Frau nach beider Tod fortgesetzt werden solle.
rART/cpw