rheinische ART
Start | | Über uns | Anzeigen | Impressum | Kontakt | Datenschutz

rheinische ART 10/2017

Archiv 2017

CAMILLE COROT
Hinein in die Natur

 

Er bediente das Publikum mit schlichter Naturschönheit und idyllischen Motiven – ganz pragmatisch. Jean-Baptiste Camille Corot zählt zu den bedeutendsten französischen Landschaftsmalern.

 

Camille Corot Wäscherin am Ufer, Öl auf Leinwand, zwischen 1860 und 1870, © Reims, Musée des Beaux-arts, Foto: C. Devleeschauwer

 

Im Kaminraum des Aachener Suermondt-Ludwig-Museum sind derzeit 13 seiner Gemälde unter dem Titel „Ein Poet der Landschaft“ zu Gast. Anlass der Werk-Ausleihen aus dem Reimser Musée des Beaux-Arts sind die Feiern zur fünfzigjährigen Städtepartnerschaft Aachen – Reims.

 

Camille Corot Kathedrale von Nantes (am Morgen) Öl auf Holz, um 1865, © Reims, Musée des Beaux-arts, Foto: C. Devleeschauwer

 

Der Künstler Camille Corot (1796-1875), Sohn eines Tuchhändlers aus Paris, verspürte schon früh den Drang, seine Gedanken in Bilder statt in Worte zu fassen und folgte schließlich, 26 Jahre alt, seinem Bestreben, Maler zu werden – und er wurde ein Vorreiter der modernen Freilichtmalerei.

     Um Landschaften unmittelbar erleben zu können, folgte Corot der Devise: „Hinein in die Natur mit offenen Augen, wachem Herzen und möglichst wenig Gepäck“.

     Auf Italienreisen, wo ihn das spezielle Licht faszinierte, vervollkommnete er seine Malerei, die sich durch realistische Naturdarstellungen im Gegensatz zu klassisch-idealistischen Landschaftskompositionen auszeichnet.

     Das war es wohl, was ihn schon zu Lebzeiten zu einem gefragten Meister seines Genres machte. Hochproduktiv und mit einem ausgeklügelten Vertriebskonzept brachte er seine Werke auf den Markt – und hatte durchschlagenden Erfolgt. Seine Landschaften hingen in Bürger- wie Bauernhäusern und wurden nicht selten als künstlerische „Delikatessen“ tituliert.

 

Camille Corot Frühling in den Weiden, Öl auf Leinwand, 19. Jh., © Reims, Musée des Beaux-arts, Foto: C. Devleeschauwer

 

Aber die Beliebtheit war nicht grenzenlos. Der Schriftsteller Émile Zola ätzte, wenn der Maler Corot die Nymphen, „mit denen er seine Wälder bevölkert“, ein für alle Mal töten und sie durch Bäuerinnen ersetzen würde, dann „…würde ich ihn über die Maßen lieben“.

     Der ersetzte natürlich nichts, lud seine Landschaftsbilder den Zeitgeschmack bedienend weiter ordentlich stimmungsvoll auf und lies vermuten, dies sei Ausdruck seiner Empfindungen. Mit einem lockeren, flüssig-zarten Pinselstrich und dicken, matt schimmernden kühlen, monochromen Farbaufträgen brachte er eine neue plastische Qualität in seine Bilder. Und auf denen verschwammen einzelne Dinge wie etwa Blätter zu einer großen Masse.

 

Jean Baptiste Camille Corot, Fotografie um 1863, Fotograf Nadar (Gaspard-Félix Tournachon), Paris

 

Wohltäter Der enorme ökonomische Erfolg des kinderlosen Junggesellen war die eine Seite. Die andere war sein großes Herz und sein soziales Engagement. Corot spendete und förderte großzügig, bedachte seine Umwelt oder seine verarmten Künstlerkollegen generös.

     Dem berühmten französischen Karikaturisten Honoré Daumier (mehr), der mittellos und fast blind seine Pressearbeit aufgeben musste, kaufte Corot sieben Jahre vor dessen Tod ein Haus als Altersitz. Der Mäzen Corot verschenkte und vererbte Bilder, lies Kopisten arbeiten, führte kein Verzeichnis und nahm es mit seinen Signaturen nicht genau.

     Die Folge dieses überaus eigenwilligen wie fahrlässigen Verhaltens: Kunstbetrug war damit Tür und Tor geöffnet. Schon zu Lebzeiten soll Corot über sich selbst gespottet haben: „Von 1500 Bildern, die ich gemalt habe, befinden sich 3000 in Amerika.“ Die Zahl der Corot-Falsifikate ist völlig unbekannt.

     Auch der Kubist Fernand Léger (1881-1955) soll nach Angaben des Kunstkritikers Niklas Maak, Feuilletonchef der FAZ, die Popularität seines großen Landsmannes auf kriminelle Weise ausgenutzt haben. Um sich aus Geldnot zu befreien, habe der Maler in den Fünfzigerjahren gestanden, „fünfundzwanzig falsche Corots“ gefertigt zu haben.

     Der große Wohltäter Camille Corot gehört zu den am häufigsten kopierten Künstlern. Immer wieder wird darauf verwiesen, es existierten mehr Corot-Fälschungen als Originale. Da hat der sensible Maler etwas mit dem Surrealisten Dali gemein. Eine unbekannte Zahl dessen im Umlauf befindlichen Lithographien gilt als gefälscht. Salvador Dali wird daher längst als der meistgefälschte „Graphiker der Moderne“ angesehen.

 

Camille Corot Der Windstoß, Öl auf Leinwand, um 1865-1870, © Reims, Musée des Beaux-arts, Foto: C. Devleeschauwer


Barbizon Camille Corot gehörte der Schule von Barbizon an, in der sich Künstlerkollegen wie Théodore Rousseau, Charles-François Daubigny und Jean-François Millet gegen den damals vorherrschenden Kanon, der historische, religiöse oder mythologische Bildsujets forderte, auflehnte.

     Die Gruppe traf sich im französischen Dorf Barbizon, wo sie sich auf die Spuren der Natur in den umliegenden Wäldern begaben, um diese mit neuen Augen zu studieren und direkt zu malen. Begünstigt wurde diese neue Art der Freilichtmalerei durch eine technische Innovation, die Konservierung der Farben in Tuben, was ein Mischen der Farben „plein air“ nicht mehr erforderte. Bis heute gelten die Künstler von Barbizon als Wegbereiter der impressionistischen Freilichtmalerei.

rART/ cpw

 

Die Ausstellung „Jean-Baptiste Camille Corot. Ein Poet der Landschaft“ wird bis zum 30. Dezember 2017 gezeigt.
Suermondt-Ludwig-Museum
Wilhelmstraße 18,
52070 Aachen
Tel 0241 47980
Öffnungszeiten
DI – SO 10 – 17 Uhr

 

 

 

 

Die 
rheinische ART.
empfiehlt:

Mit GOOGLE ins Museum.


Das Google Arts & Culture Projekt zeigt Meisterwerke aus den Museen und Sammlungen dieser Welt.

► 
mehr

Und geht der Frage nach: Was ist Contemporary Art?

mehr